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Kreator trifft Alligatoah: „Hate Über Alles“, Wacken, Rap und Metal

Posted in: Titelstory

DIFFUS und Metal – wie passt denn das zusammen? Berechtigte Frage, die sich bald vermutlich nicht mehr stellen wird. Denn zum einen ist es ja so: Viele Musiker:innen aus Indie und Rap haben entweder eine Metal-Sozialisation oder ein Faible für harte Musik. Zum anderen gibt es immer wieder Metal-Musiker:innen und Bands, deren Musik eben nicht nur im eigenen Genre-Spektrum funktioniert, sondern auch viele Indie-Fans erreicht. Kreator sind so eine Band. Schon in den frühen 80ern in Essen gegründet, sind sie inzwischen einer der erfolgreichsten Exporte in Sachen Thrash Metal. Ihr 2005er „Enemy Of God“ genießt geradezu Kultstatus, aber auch jüngere Alben wie „Gods Of Violence“ von 2017 wurden von Kritiker:innen und Fans gefeiert und fanden auch abseits der Metal-Schublade ein Publikum. Der Gitarrist, Sänger, Songwriter und Kopf der Band Miland „Mille“ Petrozza scheut sich außerdem nicht, politische Themen in seinen Interviews und Songs anzusprechen: Er engagierte sich gegen Homophobie im Metal, wütete in seinen Songs über religiösen Fanatismus oder die Macht totalitärer Ideologien. So auch wieder auf dem neuen Album „Hate Über Alles“, in dem Mille seine Wut ablässt über die verlernte Kommunikation zwischen den Menschen, Internet-Hate und Politik, die sich von Vorurteilen, Hass und Rassismus nährt.

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Nur auf den ersten Blick nicht der perfekte Gesprächspartner

Für unsere Titelstory haben wir Mille von einem Mann interviewen lassen, der nur auf den ersten Blick nicht der perfekte Gesprächspartner ist: Alligatoah. Obwohl er auf seinem aktuellen Album „Rotz & Wasser“ eher das Feld zwischen Rap und Pop mit großer Geste und wie immer perfekt sitzendem Witz beackert, weiß man nicht erst seit seinem Auftritt beim digitalen „Wacken World Wide“ und seinem Slipknot-Cover „Dualit“ um seine Begeisterung für die härtere musikalische Gangart. Andersherum schätzt auch Mille die Musik von Alligatoah – und besuchte schon in der Frühphase von Alligatoahs Karriere ein Konzert von ihm und erzählt: „Das war damals schon so, dass du eine Bühnenfigur gespielt hast. Ich fand es da schon auffällig, dass du da schon in so Rollen schlüpfst. Man das natürlich auch missverstehen. Ich habe dich, wie vermutlich viele mit ‚Willst du‘ kennengelernt. Das habe ich auf einer Party gehört und mir dann das Album gekauft.“ Die beiden sprechen in dem gut einstündigen Interview viel über das Rollenspiel namens Konzert – die Bühnencharaktere, die beide auf ihre Weise einnehmen. Alligatoah selbst sagt von sich: „Ich brauch das für mich. Wenn ich wieder meine Rollen spielen kann, mich als Arzt oder Schlagersänger verkleiden kann.“

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Mille: „Ich finde, die Pandemie hat das Schlechteste im Menschen hervorgebracht.“

Das neue Album „Hate Über Alles“ bietet den beiden natürlich ebenfalls Gesprächsstoff. Mille erklärt Alligatoah: „Ich versuche bei meinen Texten immer einfließen zu lassen, was mich aktuell beschäftigt, auch in der Pandemie war das so. Da gab es einige Dinge, die mich ultra-wütend gemacht haben. Gerade diese ganzen Verschwörungstheoretiker, die irgendwie so tun, als wäre die Pandemie nicht real. Und die Art, wie dann kommuniziert wurde, wo dann wirklich so gespalten wurde in den sozialen Medien. Ein Ding war, als ich meine erste Impfung bekommen habe. Da habe ich so ein Foto gepostet und dann kam ein Kommentar: ‚Jetzt verbrenn ich all meine Alben von euch!‘ Da dachte ich mir: Wie kann so was passieren? Dass jemand die Alben eines Künstlers verbrennt, weil der sich impft, um andere und sich zu schützen? Ich finde, die Pandemie hat wirklich das Schlechteste im Menschen hervorgebracht.“

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Alligatoah: „Ich würde es mich nicht alleine trauen, ein Metal-Album zu machen.“

Die Lage der Musiker:innen in der Pandemie, die ersten Konzerte, die man wieder vor Publikum spielen konnte und die Situation der Live-Branche sind weitere Themen, die Mille und Alligatoah intensiv besprechen. Denn hier sind ihre Probleme, Erfahrungen und Empfindungen gar nicht so weit auseinander wie die Musikstile, die die beiden spielen. Alligatoah erzählt außerdem von seinen Auftritten als Hochzeitsmusiker und sein Respekt vor dem Wacken Festival, auf dem auch er schon mal spielen durfte. Das Feedback des Publikums dort, sei ihm sehr wichtig, gerade weil er Metal liebt und respektiert, und viele Bands, die dort spielen, hört. Am Ende des Gesprächs fragt Mille Alligatoah dann einfach mal ganz direkt, ob er ein reines Metal-Album machen wollen würde. Und der antwortet: „Ich glaube, ich würde es mich nicht allein trauen. Metal ist natürlich ein weites Feld. Ich mit einem Ausschnitt davon groß geworden, so 90er-, Anfang-Nuller-Jahre-Sachen, die ja oft schon sowieso in den Crossover und Nu Metal Bereich gehen. Die sind mir sehr eigen, die habe ich schon verinnerlicht. Aber trotzdem könnte ich es nicht machen, ohne wirkliche, fachliche Unterstützung, sage ich mal. Ich glaube, ich würde niemals eine reine Genrekopie machen, das habe ich auch bei Rap nie gemacht.“ Er habe das mit seinem Spin verbunden und was Eigenes draus gemacht. Und so würde er das wohl auch bei Metal machen. „Auch dann würde ich meinen eigenen Take daraus ziehen, der auch gar nicht versucht, etwas sein zu wollen, was es eh nicht sein kann.“

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