Von „Tommi“ bis „Ich will nicht nach Berlin“: 8 Songs über Städte
Während sich einige im Getümmel des Großstadtdschungels pudelwohl fühlen, flüchten andere aus Platzangst in die Peripherie und ziehen in eine Kleinstadt – Geschmäcker zum Thema „Leben in der Stadt“ sind bekanntlich ziemlich unterschiedlich. Doch egal ob sauber, modern, dreckig oder alt – eines haben alle Städte gemein: In ihnen leben Menschen, die auf den Straßen Erfahrungen sammeln, welche sie vielleicht sogar für immer in Erinnerung behalten werden. Wir haben eine Liste mit Songs zusammengestellt, in denen sich Künstler:innen genau diesen Erfahrungen widmen.
Peter Fox – Schwarz zu Blau
„Steig‘ über Schnapsleichen, die auf meinem Weg verwesen / Ich seh die Ratten sich satt fressen im Schatten der Dönerläden / Stapf‘ durch die Kotze am Kotti, Junks sind benebelt / Atzen rotzen in die Gegend, benehmen sich daneben“, nicht gerade reizend beschreibt Peter Fox seine Heimatstadt Berlin im Song „Schwarz zu Blau“. Darin zieht er auf seinem Weg aus dem Club nach Hause durch die dreckigen Straßen Berlins und begegnet toten Tauben und einer Schlägerei. In seinen Texten zeichnet der Musiker dabei ein ziemlich realistisches Bild der Schattenseiten unserer Hauptstadt.
Irgendwann überkommt Peter Fox der Hunger. So geht er zu „Fatima der süßen Backwarenverkäuferin“ und holt sich etwas zu Essen. Auf seinem Weg dorthin stellt der Künstler fest, dass seine Heimatstadt doch gar nicht so rau ist, wie man es auf den ersten Blick vielleicht vermutet hätte. Ihm wird klar: Gerade die Ungeschliffenheit gibt der Stadt ihren ganz eigenen Charme, den auch der Sänger niemals missen möchte. So singt er im letzten Satz von „Schwarz zu Blau“: „Und ich weiß, ob ich will oder nicht / Dass ich dich zum Atmen brauch“. Peter gibt also zu, dass er ohne sein Berlin gar nicht mehr Leben kann.
Kraftklub – „Ich will nicht nach Berlin“
Eine ganz andere Sicht auf unsere Hauptstadt hat dagegen die Band Kraftklub. Im Song „Ich will nicht nach Berlin“ beschwören sie, niemals in die sonst so beliebte Großstadt zu ziehen. In ihren Texten lassen sich die Chemnitzer vor allem über den Berliner Hipster-Livestyle aus: „Ich komme aus Böblingen bei Stuttgart – uncool! / Jetzt wohn‘ ich in Berlin, seit 18 Monaten / und muss sagen ich bin echt angekomm! – Aha! / Meine Kleidung unterstreicht meinen Charakter / Meine Brille ist nicht Vintage, verdammt die ist Retro“, singt Frontsänger Felix in der ersten Strophe. Mit treibenden Gitarren und einem mitreißenden Refrain kritisieren Kraftklub in „Ich will nicht nach Berlin“ die Scheinindividualität der jüngeren Generationen. Jeder möchte mit seinem Lifestyle außergewöhnlich sein, was letzten Endes dazu führt, dass sich alle doch wieder ähneln.
Da in der Hauptstadt natürlich viele junge Menschen wohnen, die genau solch einen Lifestyle führen, nimmt die Band Berlin also eher als einen Aufhänger für ihre humorvollen Kritik. Letzten Endes ist es ja reine Geschmackssache, in welcher Stadt man gerne sein Leben verbringen würde.
AnnenMayKantereit – „Tommi“
„Tommi, ich glaub‘, ich hab’ Heimweh / Ich will mal wieder am Rhein steh’n /Einfach hineinseh’n / Zuschauen, wie Schiffe vorbeizieh’n“. Wenn man Henning May in der ersten Strophe seines Songs „Tommi“ zuhört, bekommt man fast selbst Heimweh nach Köln, auch wenn man selbst überhaupt gar nicht in der Stadt wohnt. Dabei verbreiten AnnenMayKantereit in “Tommi“ nicht nur Gänsehaut und ein Gefühl der Melancholie, sondern geben auch ganz intime Einblicke in die Beziehung zwischen den Musikern und ihrer Heimatstadt.
Lediglich mit einem Klavier begleitet, beschreibt Henning, wie er auf den Straßen Kölns groß geworden ist und wie gerne er auch seine Kinder in der Stadt aufwachsen sehen würde. Der Refrain im kölschen Dialekt gibt „Tommi“ zusätzlich einen sehr persönlichen Schliff und verleiht dem Song ein Gefühl der Verbundenheit, wie es AnnenMayKantereit zu ihrer Heimatstadt Köln verspüren. „Alle Wege führ’n nach Rom / Und irgendwann zurück nach Köln“, da sind sich die Jungs sicher.
Adele – Hometown Glory
Eine tiefe Verbindung zu ihrer Heimatstadt West Nordwood in London hat auch die Sängerin Adele. „I like it in the city when the air is so thick and opaque / I love it to see everybody in short skirts, shorts and shades / I like it in the city when two worlds collide / You get the people and the government, everybody taking different sides”. In ihrem Song „Hometown Glory“ singt die Künstlerin von den vielen Dingen, die sie an ihrem Stadtteil besonders liebt.
„Hometown Glory“ ist dabei der allererster Song, den Adele jemals geschrieben hat. Er entstand in dem Zeitraum nach Adeles Schulzeit: Als ihre Mutter die Sängerin dazu bewegen wollte, fürs Studium in eine andere Stadt zu ziehen, schrieb Adele ihr „Hometown Glory“ innerhalb von 10 Minuten. In Begleitung eines ruhigen Klaviers beschreibt sie darin die Schönheit ihrer Heimatstadt, aus der sie eigentlich gar nicht wegziehen möchte.
Heute hat Adele West Nordwood hinter sich gelassen. Zusammen mit ihrer Familie wohnt sie in Hove bei Brighton, hat ihren Zweitwohnsitz in London und eine Ferienvilla in Malibu. Ab und zu besucht sie aber bestimmt noch ihre Heimatstadt und erinnert sich an all die schönen Dinge, die sie dort erleben durfte.
Sting – „Englishman In New York“
Auf eine spannende Reise in die Stadt New York begleiten wir den britische Sänger Sting in seinem Song „Englishman in New York“. Darin erleidet der Musiker einen Kulturschock: Zwar teilen sich New York und London dieselbe Sprache, ansonsten unterscheiden sich die Städte jedoch merkbar voneinander. Kein Wunder, dass sich Sting in der so fremdartigen Stadt ein wenig wie ein Außerirdischer vorkommt. In seiner Strophe fällt ihm auf, wie sehr er sich von den gebürtigen New Yorkern unterscheidet: „I don’t drink coffee I take tea my dear / I like my toast done on one side / And you can hear it in my accent when I talk / I’m an Englishman in New York”.
Zwischen Offbeat-Gitarrensounds und jazzigen Tönen eines Saxophons, zieht er durch die Straßen von New York und beschließt, sich nicht von den komischen Blicken seiner Umgebung herunterziehen zu lassen. „Be yourself, no matter what they say”, singt er in der Bridge des Songs. Sting wird sich nicht verstellen, denn seine britische Art gehört eben zu seiner Identität.
Es scheint auf jeden Fall so, als wäre dem Künstler seine Heimastadt deutlich lieber als das große, ungewohnte New York. Ob Sting der Stadt wirklich die Chance gegeben hat, ihm zu gefallen, ist unklar. Sicher ist auf jeden Fall, dass Sting 1987 sogar mehrere Monate in New York wohnte, um intensiv an seiner Musik arbeiten zu können. Seine Erlebnisse dieser Zeit verarbeitete er später dann in „Englishman in New York“.
Alicia Keys ft. Jay-Z – „Empire State of Mind”
Dass New York für andere Menschen eher die „Stadt der Träume und Möglichkeiten“ darstellt, beweisen Alicia Keys und Jay-Z in ihrem Feature „Empire State of Mind“. In treibenden Rap-Part von Jay-Z kombiniert mit der klaren und vollen Stimme von Alicia, erklären die beiden Musiker:innen, welche Vielzahl an Möglichkeiten die Großstadt zu bieten hat. New York ist eine Stadt, in der Träume geboren und verwirklicht werden können und in der man es von ganz unten nach ganz oben schaffen kann.
„New York / Concrete jungle where dreams are made, oh / There’s nothing you can′t do / Now you’re in New York / These streets will make you feel brand new / Big lights will inspire you / Let′s hear it for New York, New York, New York”, heißt es im Refrain des Songs. Jay-Z und Alicia Keys wissen das Leben in der Großstadt New York wirklich zu schätzen, die als „Home of the hip-hop“ sicherlich auch ihren Beitrag zu dem Erfolg der Künstler:innen beigetragen hat.
OK KID – „Stadt ohne Meer“
Von New York geht es jetzt wieder ins heimische Deutschland zurück. Dort erwartet uns die Band „OK KID“, die in dem Song „Stadt ohne Meer“ ihrer Heimatstadt Gießen ein wunderschönes Liebeslied widmen. „Denn du riechst immer noch nach Gestern / Nicht gewaschen nicht poliert / Ohne Glanz und ohne Stil, doch / Ich will dich nicht verbessern / Denn niemand passt besser zu mir als du“, besingt Frontmann Jonas seine hessische Heimatstadt im Refrain des Songs.
Gießen kann zwar nicht mit glattpolierten, sauberen Straßen und einem architektonisch ausgefallenen Äußeren überzeugen, für OK KID ist die Stadt trotzdem nicht weniger liebenswert. Ganz im Gegenteil: Dass Gießen eben nicht perfekt geschliffen ist, macht die Heimatstadt von OK KID doch gerade so besonders. Die Musiker schätzen ihre Stadt sogar so sehr, dass sie Gießen mit ihrem „Stadt ohne Meer“- Festival eine Ort für Livemusik schenken und damit jährlich eine Vielzahl an Besucher:innen von dem Charme ihrer Heimatstadt überzeugen. So viel Engagement für eine Stadt bekommt man sonst nur selten zu Gesicht. We like!
Marteria – „Mein Rostock“
Eine regelrechte Liebeshymne an seine Heimat lieferte auch Rapper Marteria auf seinem Album „Zum Glück in die Zukunft II“. In seinem Song „Mein Rostock“ ist er auf dem Weg in seine Heimatstadt Rostock. Dabei beschreibt Marteria immer wieder die blendende Schönheit der Stadt am türkis-blauen Meer. „Du bist so ehrlich zu jedem / Du bist so herrlich dagegen / Ja, du hast mich groß und stark gemacht“, singt er in der Hook.
Mit nostalgischen, ruhigen Sounds erinnert sich Marteria an die alten Zeiten in seiner Heimatstadt. Er stellt fest, wie dankbar er für seine Kindheit und Jugendzeit ist und schätzt, was die Stadt aus ihm gemacht hat. Ähnlich wie in „Tommy“ ist sich Marteria sicher, die Verbundenheit mit Rostock lässt den Künstler immer wieder in seine Heimat zurückkehren: „Ich zieh‘ los und such‘ mein Glück / Doch dein Licht zieht mich zu dir zurück / Mein Rostock“.
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