Apollo Sissi schreibt keine „klassischen“ Liebeslieder
„Soeben ist mit aufgefallen, Sissi ist bisschen ausgefallen“ mit diesen Worten startet also die erste EP des österreichischen Newcomers Apollo Sissi, aber stimmt das nun wirklich? Auf dem Mini-Debüt „und das bleibt für immer“ geht es ja eigentlich sehr klassisch zu. Die Liebe zieht sich wie ein roter Faden durch die fünf Songs, doch bei Apollo Sissi geht eben jene Liebe Hand in Hand mit der Gewalt.
Er hat einen Hang zum Pathos und dem Vergleich von schmerzhaften Erfahrungen mit Schussverletzungen. Aber auch wenn die Waffen immer metaphorisch bleiben, benutzt er eben diese Rhetorik in seinen gedichtähnlichen Songs mit einer Beständigkeit, die einen bitteren Geschmack hinterlässt, wenn man die Zahlen der Femmizide und Suizide alleine in diesem noch andauernden Jahr europaweit vor Augen hat. Es spricht wahrscheinlich die Jugend aus ihm und ein frischer Trennungsschmerz, denn Liebeskummer kann bekanntermaßen Schmerzen auf einer Skala von realen physischen Verletzungen verursachen.
Apollo Sissi – Partner in Crime
Die Melancholie erkennt man auch in der musikalischen Ebene der Tracks wieder, die von Alex The Flipper (u.a. Mavi Phoenix) produziert wurden. Einzig der letzte Song der EP „Engelserscheinung“ bildet eine Ausnahme von den sonst sehr vibigen und atmosphärischen Sounds. Apollo Sissi bedient sich auf seiner EP einer sehr expliziten, lyrischen und gewaltvollen Sprache, die die Geschmäcker durchaus spalten könnte, doch was auf der EP vor allem zu hören ist sind echte Emotionen, auch wenn eben diese durchaus im Allgemeinen nicht gerne gehört werden.
So thematisiert Apollo Sissi in „Kokain“ und „von November bis April“ das Fremdgehen und das Fehlen der eigenen Courage eine Beziehung zu beenden. Tränen, egal ob die eigenen oder des Gegenübers, finden sich bei der Thematik ganz natürlich auf der EP wieder aber auch der Generationenkonflikt Berufslaufbahn wird in „Augen Rot“ zum Thema gemacht.
Apollo Sissi – Kokain
Die EP ist eine Momentaufnahme von sehr intimen Emotionen, die nun für die Ewigkeit im Internet gebunden sind. Vielleicht kam daher auch der Albumtitel zustande, denn die dargestellten Gefühle werden mit sich Sicherheit gemeinsam mit der Zeit abnehmen und sich in Richtung neuer Ufer begeben. Der Newcomer zeigt mit dem Mini-Album vor allem auch, dass er ein visueller Künstler ist, dem die Bildsprache genauso am Herzen liegt wie seine Musik und die Texte selbst. Apollo Sissi geht die Liebe nah, aber klassische Liebeslieder liegen ihm doch sehr fern und genau das macht ihm am Ende „ausgefallen“.
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