„Gottlosigkeiten“ Taste Test durch die USA, Pokerface & How To Sell Drugs Online (Fast) – Was diese Woche wichtig war
Hallo zusammen!
Wir hoffen, ihr hattet auch alle die große Freude, am vergangenen Wochenende den Livestream von Lady Gagas Aufritt auf dem Coachella gesehen zu haben. Falls nicht, checkt das mal in diesem Internet aus. Vor allem das Opening hatte es in sich. Gaga eröffnete den ersten Akt ihres Sets in einem im wahrsten Wortsinn mehrstöckigen Kleid, bevor sie dann zuerst einen Teil von „Blood Mary“ sang – jenem Song, den dank „Wednesday“ inzwischen wirklich alle kennen. Dann ging es nahtlos über in zur aktuellen Sinlge „Abracadabra“, gefolgt von „Judas“ und sogar „Scheiße“ – die beiden letztgenannten hatte sie seit 2019 nicht mehr gespielt. Wer nach dem Release „Mayhem“ laut darüber nachdachte, ob Lady Gaga noch in der ersten Liga der Popwelt spielt, dürfte jetzt erstmal eine Weile den Mund halten.
Wo wir gerade bei Dingen sind, die man als Musikfan gesehen haben sollte: Gebt euch unbedingt mal die Netflix-Doku „Vom Rockstar zum Killer: Der Fall Cantat“. Darin geht es um den französischen Musiker Bertrand Cantat, ehemals Frontmann der Alternativ-Rock-Band Noir Désir. In seiner Heimat war er in den 80ern und 90ern ein Star, gab sich politisch-liberal und feministisch. Im Juli 2003 prügelte er seine damalige Freundin, Schauspielerin Marie Trintignant, zu Tode. Bei einem Aufenthalt in Vilnius kam es zum Streit und Cantat schlug dermaßen brutal auf sie ein, dass sie das Bewusstsein verlor. Statt einen Notarzt zu rufen, legte er sie aufs Bett und rief heulend Trintignants Ex-Mann an, mit dem diese noch gut befreundet war. Trintignant fiel ins Koma und sollte nie wieder erwachen. Cantat erzählte der Polizei bei einer ersten Anhörung, sie sei „gegen eine Heizung gefallen“ und es handele sich um einen tragischen Unfall. Erst bei der Obduktion kam raus, dass ihre Verletzungen niemals nur von einem Sturz stammen konnten. Die Netflix-Doku erzählt nun, wie es Cantat immer wieder geschafft hat, mit einer milden Strafe wegzukommen und sich als Opfer darzustellen. Dabei half ihm tragischerweise seine Ex-Frau, die Cantat verlassen hatte, als sie gerade von ihm schwanger war. Die Doku, an der unter anderem die Journalistin Anne-Sophie Jahn mitwirkte, zeigt mal wieder eine Geschichte, in der sich ein vermeintlich charismatischer Rockmann als Opfer der Leidenschaft inszeniert, während die vor allem von Männern dominierte Presse des Lands nur zu gerne dieses Narrativ teilt und stattdessen das Opfer attackiert, das sich nicht mehr wehren kann – eigentlich leider bis heute oft das 1:1 der Femizid-Berichterstattung. Jahre später wagte Cantat sogar ein Bühnencomeback und füllte zwar keine Arenen mehr, aber zumindest ein paar Clubs. Ein Tiefpunkt der Doku ist eine französische Talkshow, in der sich ein renommierter Kultur- und Musikjournalist während des Prozesses vor einem Millionenpublikum festlegt und behauptet, Bertrand Cantat könne kein Mörder sein. Vor allem diese Szene sollten sich alle Musikjournalist:innen mal anschauen, bevor sie das nächste Mal über unschöne Vorfälle beliebter Bands sprechen.
jaschu spielt „Vielleicht“ und „4 Uhr“ in unserer Day & Night Session
Drehen wir diesen Newsletter wieder in Richtung angenehmer Themen und guter Musik: Newcomer jaschu wirbelt die Indie-Bubble mit seiner Mischung aus einnehmendem Synthie-Sound und emotionalem Pop gerade ordentlich auf. Seine Lyrics lassen einen gedankenverloren mit dem Kopf in den Wolken schweben. Gerade erst hat jaschu seine Debüt-EP veröffentlicht, in der er kleine Geschichten zwischen Nachtschwärmerei und Tagträumen erzählt. Bei unserer Session spielt jaschu zuerst im „Day“-Part den Titelsong einer EP: „Vielleicht“. Darin singt er von Selbstfindung und -akzeptanz. Es ist der letzte Song auf der EP und der, den er für den Tag gewählt hat. Mit dem Wechsel in die Nacht erklingen dann die Töne von „4 Uhr“. Wie könnte es auch anders sein, denn hier nimmt jaschu uns mit zu einer nächtlichen Tanzstunde im Regen. Passender geht es wohl nicht.
Unsere Lieblingssongs in dieser Woche
Mit ihrer neuen Single „DUMM“ eröffnen Nebou, Melle und Emmamaelo von Bangerfabrique offiziell den Hamburger Ableger des Brat-Summer: den DUMM-Sommer! Feiern wir! Laut und dunkel wird es bei „Drunk Talk“ vom kanadischen Musiker DoFlame, der hier wieder gekonnt zwischen Hardcore und Rap rumwütet. Neue Musik von PinkPantheress ist uns immer ein Fest – das ändert sich auch nicht mit dem sweet und dancy klingenden „Tonight“. Wir finden zwar weiterhin, dass den jungen deutschsprachigen Sängern mal mehr einfallen könnte, als bloß ihren recht gewöhnlichen Vornamen zu verwenden, aber da Fredrik mit „Grösste Angst“ einen sehr gelungenen Indie-Walzer hinlegt, lassen wir ihm das noch einmal durchgehen. Nach einer Episode der Selbstfindung finden sich Neunundneunzig wieder zusammen, um den ewigen Winter zu beenden. „Eternal Winter NYE” heißt die neue Single des österreichischen Kollektivs – eine melancholische Soundskulptur irgendwo zwischen schwebendem Ambient, zersplittertem Techno und postdigitaler Lyrik. Musik wie gefrorener Schnee – der zwar ein wenig aus der Saison gefallen scheint, aber trotzdem brillant ist.
Album der Woche: Bon Iver – SABLE, fABLE

Bon Ivers Comeback „SABLE, fABLE“ beweist in zwei Akten Justin Vernons musikalische Bandbreite nach fast 20 Jahren Karriere. Das Genre-Chamäleon besinnt sich musikalisch zurück, schaut mit der Popwelt nach vorn und bleibt dabei trotzdem experimentell.
Short der Woche: Maximilian Mundt im Interview
@diffusmagazin Habt ihr schon die letzte Staffel „How To Sell Drugs Online (Fast)“ mit @Maximilian Mundt geschaut? 💊 #howtoselldrusonlinefast #netflix #serie #bingewatching #newseries #köln ♬ Originalton – DIFFUS
Letzte Woche waren wir für euch in Köln bei dem Fan Event zur neuen und letzten Staffel „How To Sell Drugs Online (Fast)“. Vor Ort haben wir uns Maximilian Mundt geschnappt und ihm ein paar Fragen zu den Insights der neuen Staffel gestellt? 💊

Das neue DIFFUS Print-Magazin
Titelstory: Mit Provinz in die Provinz
Außerdem im Heft: Interviews mit Kayla Shyx, Lisa von Blackpink, Bibiza, Ritter Lean, MCR-T, Caney 030, DJ Koze, Mustafa, Enji, Mia Morgan uvm.