Das sind die besten heavy Alben 2024
Blood Incantation – Absolute Elsewhere
Mit ihrem vierten Album dominieren Blood Incantation zurzeit schon zahlreiche Jahresbestenlisten und das absolut zurecht. „Absolute Elsewhere“ ist ein transzendentes, kosmisches, detailversessenes Death-Prog-Album, das ein ganzes Universum zwischen Brutalität und Psychedelik erkundet. Die Band aus Denver, Colorado schafft hier wie niemand zuvor die Verschmelzung von 90s-Death-Metal und 70s-Prog, Krautrock und Ambient in der Tradition von Tangerine Dream oder etwa King Crimson. Das Ergebnis ist ein wilder, intensiver Trip, der Blood Incantation zu einer der definierenden Metalbands der Gegenwart macht.
Oranssi Pazuzu – Muuntautuja
Mit „Muuntautuja“ haben Oranssi Pazuzu quasi das Psychedelic-Black-Metal-Gegenstück zu „Absolute Elsewhere“ von Blood Incantation veröffentlicht. Das sechste Album der Finnen ist ein düsterer Sci-Fi-Horror-Fiebertraum, der uns mit seiner Intensität, Verschrobenheit und Texturvielfalt ziemlich viel abverlangt. Industrial-Beats, maximale Distortion, wabernde Synths und mechanisch entstelltes Geschrei sind nur einige der Komponenten dieses dichten Soundgebildes, das zwar an den Nerven zehrt, aber einen auch nicht mehr richtig loslässt.
Knocked Loose – You Won’t Go Before You’re Supposed To
Ein viraler Reggaeton-Breakdown, ein heiß diskutierter Aufritt bei Jimmy Kimmel und eine Grammy-Nominierung: 2024 war das Jahr für Knocked Loose. Mit ihrem dritten Album „You Won’t Go Before You’re Supposed To“ hat die Metalcore-Band den Mainstream erobert, das jedoch ganz, ohne sich dabei an irgendwen anzubiedern. Knocked Loose zeigen sich 2024 so brutal wie eh und je – wenn nicht sogar noch brutaler als zuvor, öffnen sich auf ihrem aktuellen Album jedoch auch für experimentelle Percussion, Samples oder die ein oder andere Hook. Damit setzt die Band spannende neue Impulse und schürt Hoffnung für die Zukunft des Genres.
Heriot – Devoured By The Mouth Of Hell
Sprechen wir über die Zukunft des Genres – über innovativen, definierenden Metal oder Metalcore, der das Potenzial hat, eine breite Masse junger Fans zu erreichen – dann dürfen Heriot natürlich nicht fehlen. Mit „Devoured By The Mouth Of Hell“ erschien 2024 endlich ihr Debütalbum, nachdem sie schon seit Jahren als Hoffnungsträger:innen der britischen Szene galten. Mit ihrer Vermengung von Einflüssen aus Death und Post-Metal, Doom und Industrial hat die Band ein vielseitiges, stilsicheres Dampfwalzen-Album geschaffen, das viele andere Bands der vergangenen Jahre vergeblich versucht haben zu machen.
Chelsea Wolfe – She Reaches Out To She Reaches Out To She
Es ist vielleicht eine gewagte These, aber Chelsea Wolfe kann einfach nichts falsch machen. Ihr siebtes Album „She Reaches Out To She Reaches Out To She“ ist eine musikalische Destillation ihrer 15-jährigen Karriere, die sie schon in Gefilde wie Doom, Industrial und Neo-Folk geführt hat. Das Album steht ganz im Zeichen von Wandel und Wiedergeburt und vereint verzerrte Gitarren, zaghafte Piano-Melodien, Synth-Flächen und Trip-Hop-Beats. Die verschiedenen Facetten des Albums wurden auch in den Remix- und Akustik-EPs „Unbound“ und „Undone“ weiter erkundet.
Zetra – Zetra
Durch ähnlich ätherische Sphären wie Chelsea Wolfe schweben Zetra. Das britische Hype-Duo hat nach vierjähriger Wartezeit endlich sein Debütalbum veröffentlicht, das mit seiner Rekapitulation von bittersüßer, verträumter, erotisch aufgeladener Musik über diverse Dekaden und Genres hinweg gleichermaßen futuristisch und nostalgisch klingt. Mit reverbverhangenen Gitarren und weitläufigen Synthflächen erschafft die mysteriöse Band ein ganz eigenes Universum und verführt uns dazu, ganz in seine Tiefen einzutauchen.
The Body & Dis Fig – Orchards Of A Futile Heaven
Kein Jahr ohne zumindest ein hervorragendes neues Album von The Body – I don‘t make the rules. Neben dem jüngst erschienen „The Crying Out Of Things“ hat das Duo 2024 vor allem in Kombination mit Produzentin, DJ und Sängerin Dis Fig aka Felicia Chen begeistert. Das Collab-Album „Orchards Of A Futile Heaven“ schickt uns in eine Weilt aus Schmerz, die von Distortion und Feedback beherrscht wird. Dazwischen wabern Shrieks und entrückter Gesang – imagine Trip-Hop but it’s completely different because it’s an actual nightmare.
Chat Pile – Cool World
Apropos Albtraum und Welt aus Schmerz: In Sachen Dystopie, Brutalität und Verschrobenheit konnte dieses Jahr wieder einmal kaum jemand Chat Pile das Wasser reichen. Ihr zweites Album „Cool World“ ist der hypnotische, gewaltsame, schwermütige Soundtrack zu diesem grotesken, beklemmenden B-Movie, der unser Leben ist. Die Band schafft es, ihren dissonanten, dekonstruierten Noise Rock mit Grunge- und Sludge-Einschlag catchy zu machen – und das ist vielleicht das Verstörendeste an der ganzen Sache.
Uniform – American Standard
Eins der persönlichsten Alben 2024 kam von Uniform: Auf „American Standard“ verarbeitet Sänger Michael Berdan seinen Kampf mit Bulimie. Auf lyrischer Ebene unterstützt von den Autor:innen B.R. Yeager („Negative Space“) und Maggie Siebert („Bonding“) erkundet Berdan seine Krankheit; entsprechend dringlich und komplex musikalisch übersetzt wird das nicht nur von Uniform-Gitarrist Ben Greenberg, sondern auch dem furiosen Drummer-Doppel Michael Sharp und Michael Blume sowie Interpol-Bassist Brad Truax. Angenehm ist der Industrial-Noise-Rock des Duos nie, but this hits different.
Ulcerate – Cutting The Throat Of God
In Death-Metal-Kreisen gelten Ulcerate schon länger als Qualitätsgarant, und diesem Ruf werden sie mit „Cutting The Throat Of God“ wieder einmal mehr als gerecht. Das siebte Album der Neuseeländer ist ungewöhnlich melodisch und atmosphärisch für Tech-Death-Verhältnisse und zeigt damit Einflüsse aus Doom und Black Metal. Es dominieren jedoch die Dissonanzen, die stürmischen Drumpatterns, hypnotischen Riffs und hasserfüllten Growls, die dafür sorgen, dass „Cutting The Throat Of God“ trotz einer gewissen Zugänglichkeit alles andere als ein angenehmes Hörerlebnis ist – im besten Sinne.
Hier gehts zur Hard in Here Playlist:
Christina Wenig ist Redakteurin, Journalistin und Fotografin aus Berlin. Für Magazine wie Visions und Metal Hammer schreibt sie über Metal, Hardcore und Artverwandtes; auf ihrem Instagram-Kanal teilt sie Live-Eindrücke aus verschwitzten Clubs und sinniert über Feminismus, Antifaschismus, Filme und ihren Hund.

Das neue DIFFUS Print-Magazin
Titelstory: Nina Chuba – Auf Touren.
Außerdem im Heft: Interviews mit Blumengarten, Apsilon, Symba, Levin Liam, Olivia Dean, Zartmann und Ennio. Die Geschichte der „She-Punks“, Animes und J-Pop, der erste DIFFI-Comic uvm.