Dieser eine Song: Gloomy Boyz – Keiner
„Keiner / Nein, nein, Kleiner / Keiner kommt an uns ran / Gloomy Boyz sind die Jungs / Bamm!“ – mit dieser Ansage erblickte im Dezember 2015 die Crew Gloomy Boyz, bestehend aus den Rappern Lil Creep und Lord Nakko und dem Produzenten DJ Krypt das Licht der Welt. Mit verhüllten Gesichtern und im Blaulicht eines Krankenwagens fahren die drei auf Quads in ihr Debüt. Flirrende Synths, dumpfes Hundegebell, schrilles Kreischen und ein Beat, der droht einem auf die Fresse zu schlagen, geben in „Keiner“ den Ton an. Hinzu kommen Rap-Parts, die mal mehr und mal weniger durch Autotune verzerrt werden. Cloud-Rap, wie er im Buche steht also.
Cloud-Rap !?
Das Genre, das ursprünglich in der Wiege des Traps in Atlanta entstanden ist, schwappt zu dieser Zeit mit dem schwedischen Sad Boys Camp rund um Yung Lean nach Europa und wird zu einer ganzen Ästhetik. Weiße, fast klinische Kleidung, Tech-Wear, Masken und Double Cups sind weitestgehend inspiriert durch eine Mischung aus J-Pop und Südstaaten-Style und finden auch bei den Gloomy Boyz Eingang. Als im selben Jahr mit Lgoonys „Grape Tape“ und der „Chrome EP“ von Dat Adam Cloud-Trap feierlich seinen Einzug in den deutschsprachigen Raum feiert, kommen die Gloomy Boyz also wie gerufen.
Das Musikvideo zu „Keiner“ liefert mit den eingefügten Snippets von „Duck dich“ und „Tief und langsam“ schon einen Vorgeschmack auf die EP „Aus der Gruft“, die nur wenige Tage später mit insgesamt fünf Songs erscheint.
Die Gesichter hinter den Masken
Obwohl die Gloomy Boyz mit „Keiner“ ihr Debüt geben, sind die drei alles andere als Unbekannte – das können auch die Masken und Bandanas, die sie im Video über ihren Gesichtern tragen, nicht verschleiern. Einer von ihnen, Lil Creep, stellt sich spätestens mit seiner ersten, kratzig gerappten Line als der Indie-Rapper Casper heraus. Der zweiten Part übernimmt Lord Nakko, der normalerweise als Max Mönster alias MontanaMax bekannt ist. Bei DJ Krypt handelt es sich derweil um den Produzenten Markus Ganter, der um dieselbe Zeit auch mit Casper an seinem Album „Lang lebe der Tod“ gearbeitet hat. In „Lass die Scheine fliegen“ hat außerdem Nico K.I.Z als Young Lit einen kleinen Gastauftritt.
Parodie oder Hommage?
Neben der Frage um die Identitäten der drei, entbrennt auch eine Diskussion über den Sinn des Ganzen – wirkt das Projekt doch zugleich wie eine Hommage an die Cloud-Rap-Ästhetik und Parodie dieser zugleich. Für alle, die beim Musikvideo-Release nicht mit Verwunderung und Begeisterung zugleich an ihren Computerbildschirmen klebten, mag das ganze Projekt wohl vorkommen wie ein Fiebertraum – vor allem in der Retrospektive. Schließlich kann man das Tape bis heute nicht bei Streaminganbietern finden, da es lediglich als CD verkauft wurde. Eine schnelle Suche bei YouTube oder Soundcloud schafft hier jedoch Abhilfe.
Als die Gloomy Boyz am 7. Dezember 2015 ihre EP „Aus der Gruft“ veröffentlichen, ist es das erste und das letzte Lebenszeichen der drei und das obwohl sie im Booklet der CD eine ganze Reihe an kommenden Releases andeuteten. So bleibt Gloomy Boyz-Ultras heute nicht viel mehr übrig als in regelmäßigen Abständen unter dem Musikvideo zu kommentieren: „Wann neue Musik????“.
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