Dieser eine Song: Maeckes feat. Tristan Brusch – Marie-Byrd-Land
Maeckes kennen die allermeisten wohl als Mitglied der Hip-Hop Band Die Orsons, doch auch als Solo-Musiker etablierte sich der Stuttgarter irgendwo zwischen Rap, Poesie und Indie. Klar, in erster Linie ist Maeckes Rapper und hat auch seine ersten musikalischen Schritte im Hip-Hop gemacht. Doch Maeckes ist mehr als das. In ihm steckt Melancholie, Depression und die Kunst, diese Gefühle in wunderschönen, wortgewandten Texten unterzubringen.
Gitarrenzupfen statt Roland-808
Das Ganze funktioniert bei Maeckes weniger über harte 808-Beats, sondern oft eher durch zartes Gitarrenklimpern. Dass das klappt, hat er in einer Album-Trilogie bewiesen, die mit der Veröffentlichung von „Pool“ vor zwei Jahren ihr Finale fand. 2016 veröffentlichte Markus Winter, so Maeckes bürgerlich, mit „Tilt“ sein zweites Studioalbum aus der genannten Trilogie. Als eine der Single-Auskopplungen wurde der Song „Marie-Byrd-Land“ ausgewählt. Dieser Song beschreibt Solo-Maeckes fast so gut, wie Maeckes es schafft Gefühle in schöne Worthülsen zu verpacken.
Auf „Marie-Byrd-Land“ geht es in erster Linie um unerwiderte Liebe und die eigene Unsicherheit. Seine Unsicherheit spiegelt sich nicht nur in den seichten Gitarrenklängen und der ruhigen Stimme wider, sondern wird auch durch folgende Zeilen offengelegt: „Ich steh im Zoo bei den Pandas / Nicht mal mein Minderwertigkeitskomplex ist so gut wie der von allen anderen“. Der Titel des Songs ist sogar eine eigene Metapher. Gemeint ist Maeckes Herz, welches weit weg zu sein scheint. Marie-Byrd-Land ist ein Teil der Antarktis und wird von niemandem auf der Welt für sich beansprucht und ist damit das größte Niemandsland der Erde.
Sein eigenes Herz bezeichnet er also als weitentfernten, eiskalten Ort. In den Strophen schafft Maeckes mal eben so traurig schöne Metaphern, dass sie wohl auf jeden 2013er Tumblr-Blog gepasst hätten: „Ich entführ zwei Flugzeuge und flieg sie dir in den Bauch / Vielleicht liebst du mich dann auch / Ich misch in dein Essen ein paar Raupen / Solange bis Schmetterlinge in deinem Bauch sind“. Doch irgendwie scheint die Liebe nicht erwidert zu werden.
Von einer Metapher direkt in die nächste
Dann kommt aber der Refrain, der ein paar Überraschungen parat hält. Dieser wird nämlich von Tristan Brusch gesungen, der im Orsons-Kontext schon vor zehn Jahren auftauchte. Seine Stimme passt perfekt zu den ruhigen, melancholischen Klängen von Maeckes und so beschreibt er, wie das meilenweit entfernte, auf Eis gelegte Herz, langsam auftaut: „Die Pole tauen wieder auf / Vulkane brodeln drunter / Warten schon lange drauf / Die Pole tauen wieder auf / Die ganze Welt erwärmt sich / Wenn du mich kurz anschaust“.
„Die Zeit heilt alle Wunden“ ist wohl einer der besten Aufmunterungssprüche überhaupt, denn er ist wahr. So kann Maeckes am Ende von „Marie-Byrd-Land“ auch endlich abschließen, und die angehimmelte Person von ihrem Podest stoßen: „Manchmal stellt man Dinge auf ein Podest / Und kommt nie wieder ran / Und die Dinge fangen Staub / Und man sitzt einfach darunter und betet sie an – jahrelang / Doch irgendwann muss man niesen / Wegen dem ganzen Staub – und ‚Hatschi!’ / Niest die Dinge vom Podest“.
Maeckes funktioniert wunderbar als Teil der Orsons, funktioniert wunderbar als Rapper, aber er funktioniert auch mindestens genauso gut als Singer/Songwriter. Die Emotionen, die er mit seinen Texten und der Vortragsweise erschafft, sind sein Alleinstellungsmerkmal. Das Zwischenspiel aus Rap und Gitarrenklimperei ist auch fast nirgends so zu finden. In weniger als einer Woche startet schon seine Gitarrenkonzerte-Tour, auf der ihr euch von alldem selbst überzeugen könnt.
Hier geht’s zu unserer Playlist: „Dieser eine Song“:

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