Dieser eine Song: Rosenstolz – Ich bin ich (Wir sind wir)
Es ist, als wäre es erst ein paar Tage her, dass die lyrischen Lieder von Rosenstolz aus dem CD-Spieler schallen, während man wahlweise etwas melodramatisch dazu in Gedanken schwelgt oder inbrünstig mit performt. Dabei sind seit ihrem Erfolgsalbum „Das große Leben“ schon fast 20 Jahre vergangen. CD-Spieler erleben in nächster Zeit bestenfalls noch ihr nostalgisches Comeback (schlimmstenfalls interessiert sich niemand jemals wieder dafür) und Rosenstolz hat sich schon vor über 15 Jahren getrennt. Die Musik des Duos prägte die Kindheit und Jugend von mehr als nur einer Generation. Und ihr Top Track „Ich bin ich (Wir sind wir)“ zählt auch heute noch gute 29 Millionen Streams auf Spotify. Höchste Zeit also einmal ins Jahr 2006 zurück zu reisen.
Der Höhepunkt
Rosenstolz – zusammengesetzt aus AnNa R. und Peter Plate – war in den 90ern und 00er Jahren DAS Duo am deutschen Pop-Himmel. Mit „Das große Leben“ erschien im Jahr 2006 das 10. Studioalbum der Band – heute markiert es den Höhepunkt ihrer Karriere. Elffach Gold in Deutschland, zehnfach Gold in der Schweiz und einmal Platin in Österreich spielten Rosenstolz mit dem Album ein. Ganze 116 Wochen hielt sich die Platte in den deutschen Albumcharts. Und der erfolgreichste Track auf dem Album? Na klar: „Ich bin ich (Wir sind wir)“!
„Gehör ich hier denn noch dazu?“, fragt AnNa R. sich in dem Song. Es geht um Zweifel, die kleinen Fehler im Leben, aber auch die Einsicht, dass man selbst nicht immer alles richtig macht. „Das bin ich, das bin ich / Das allein ist meine Schuld“. Es ist klingt nach einem Versuch, Erwartungen, Druck und Unsicherheiten hinter sich zu lassen. Denn Stärke ist doch eigentlich auch, seine Fehler einzugestehen.
Mit „Ich bin ich (Wir sind wir)“ erschufen Rosenstolz in den 2000ern eine Hymne für Selbstbestimmung und Freiheit. Das Musikvideo, das dazu veröffentlich wurde, nimmt uns mit auf eine Reise durch das Leben von AnNa R. bis dato und endet mit einer Diashow, die Bilder von dem Duo als Kinder zeigt. Das bin ich. Das sind wir. Und das sind alles Entwicklungen, die das eigene Leben schreibt, scheint die Message zu sein.
Die Harmonie von Rosenstolz – Wir sind wir
Man könnte meinen, der Song wäre schwermütig, doch wie es für ein Rosenstolz-Song typisch ist balanciert er auf einem schmalen Grad zwischen Verletzlichkeit, Freiheit und Stärke. Vielleicht lag darin auch das Geheimnis des Popduos.
Musikalisch harmonierten die beiden unfassbar. Der klare Gesang von AnNa R., die mit ihrer Stimmfarbe sämtliche Emotionen transportiere, und dazu die unterstützenden und raumgreifenden Kompositionen von Peter Plate. Der Mythos besagt, dass sie sich direkt bei ihrem ersten Kennenlernen auf einen musikalischen Nenner einigen konnten und nach ein paar Gläsern Schaumwein innerhalb weniger Tage die ersten Songs fertig hatten. Und daran zweifeln wir nicht.
Trauer um AnNa R.
„Bin doch gestern erst geboren / Und seit kurzem kann ich gehen“, singt AnNa R. in „Ich bin ich (Wir sind wir)“. Zeilen, die einem heute Gänsehaut über die Arme schicken. Am Montag, den 17. März 2025 kommt die Nachricht, dass die Sängerin unerwartet im Alter von 55 Jahren gestorben ist. Dabei hatte die Musikerin für dieses Jahr noch einiges geplant. Im Herbst wollte sie auf Tour gehen, die im November in Berlin ihr Finale feiern sollte.
Der Schmerz und Schock sitzt tief, das beteuert unter anderem auch ihr Gegenpart Peter Plate. „Rosenstolz war eine der schönsten Zeiten meines Lebens. Rosenstolz, das waren du und ich. Und jetzt bist du nicht mehr da. Ich werde dich jede Sekunde vermissen. Danke für alles. Ich hoffe, du sitzt irgendwo auf einer Berliner Wolke – und es geht dir gut“, schreibt er auf Instagram. Mit Songs wie „Ich bin ich (Wir sind wir)“ schufen sie sich ein immaterielles Denkmal in der deutschen Musikkultur, das AnNa R. noch lange weiterleben lässt.

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