„Freiheit“ statt Liebe: Cro wird im neuen Song philosophisch
Ob Fan oder Hater, eines muss man Carlo Waibel aka Cro lassen: Er erfindet sich immer wieder neu. Erst entwickelt er sein eigenes Mini-Genre „Raop“, wirft dann mit „tru.“ und einem eigenen Label doch wieder alles über den Haufen und balancierte zuletzt mit „trip“ auf Albumlänge zwischen Disco, Funk und psychedelischem Rock-Sound. Immer wieder klingt dabei auch die traumhafte Insel-Idylle seiner Wahlheimat Bali durch. Für seine neueste Single „Freiheit“ schlägt der Rapper, Sänger und Produzent aber ganz andere, nachdenklichere Töne an.
„Trip“ geteilt durch zwei
Cro ist kein Fan von Stillstand. Schon zu seinen Anfängen mussten sich seine Fans schnell daran gewöhnen, dass die Musik des Stuttgarters ständigem Wandel unterlegen ist. Als wollte er das noch einmal unterstreichen, veröffentlichte der Künstler, der inzwischen auf Bali lebt, im letzten Jahr sein neuestes Projekt „Trip“. Ein Doppelalbum, das auf einer Seite mit tanzbarem Disco- und Dance-Sound à la Daft Punk, auf der anderen Seite mit psychedelischem Rock aus den 60ern und aus dem Hier und Jetzt liebäugelte.
Endless Summer auf Bali
Danach wurde es etwas weniger verkopft: Die Singles, die Cro seit „trip“ veröffentlichte, klingen durch und durch nach Sommer. Da gibt es lockere Afrobeats mit „JA“, „Dein Song“ klingt nach Club und kürzlich wurde aus dem Rapper dank Mithilfe von Misku /Macloud sogar ein „Crobot“. Und auch an befreundete Künstler wie Schmyt oder die 01099-Crew aus Dresden lieh Cro in Form von Feature-Parts auf „Alles anders (weniger im Arsch)“ und „Glücklick“ seinen unverwüstlichen Optimismus.
Liebe oder Freiheit?
Nun steht die nächste Single aus Cros unvorhersehbarem Release-Kalender an. „Freiheit“ hat nicht nur einen gewichtigen Titel, sondern stimmt tatsächlich sehr nachdenkliche Töne an. „Ich hab zwanzig, dreißig Räume hier im Glashaus / Doch die Zimmer sind frei“, sinniert Cro zu Beginn. Die Musik dazu klingt weniger nach Sommer, Sonne, Bali als bisher. Stattdessen kommt der gefühlvolle 10-Minuten-Epos von Funkadelics „Maggot Brain“ in den Sinn. Über psychedelische Pink Floyd-Gitarren breitet Cro sein ganz eigenes Mantra aus, irgendwo zwischen Freiheit und Einsamkeit. Im Text wird nie ganz klar, welches nun am Ende das höhere Gut ist – Cro bleibt hin und her gerissen und sucht scheinbar immer das, was er gerade nicht haben kann.
„Freiheit“ erinnert beim Zuhören daran, wie gut diese Nachdenklichkeit Cro steht. „Ein Teil“ hat das zu „Raop“-Zeiten bewiesen, „Baum“ hat 2017 für Anerkennung weit jenseits der Fan-Gemeinde gesorgt und auch das Doppel-Album aus dem letzten Jahr hatte solche Momente. Wenn es nach uns geht, kann Cro gerne ein bisschen bei seiner Philosophie-Stunde über Pink Floyd-Sound bleiben – bevor es dann schnurstracks ins nächste Kapitel geht.
 
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