„Blumen aus Metall“, BTS & Fischbrötchen – Was diese Woche wichtig war
Hallo zusammen!
Es gibt selten Momente, in denen wir so was wie stolz für ein deutsches Kulturerzeugnis verspüren – was natürlich in erster Linie daran liegt, dass die Leute, die das immer tun, meist rechte Vollspacken sind (die an diesem Wochenende vermutlich alle das 100jährige Jubiläum von „Mein Kampf“ zelebriert haben). Trotzdem ging uns in der letzten Woche das Herz auf, als die ganze Welt irritiert bis begeistert auf Bernd das Brot schaute. Auslöser war eine Lobeshymne samt Kurzauftritt in der US-Comedy-News-Show „Last Week Tonight with John Oliver“. Oliver schwärmte über Bernd: „Bernd das Brot ist ein fatalistisches, anti-soziales und chronisch depressives Brot. Er hat Hände, aber keine Arme, die Augenringe der Mutter eines Neugeborenen – und er sieht aus, als hätte er vom 11. September gewusst, aber niemandem davon erzählt.“ Bernd machte allerdings schon 2024 internationale Schlagzeilen, als Ur-Punkerin Patti Smith auf Instagram Bilder von Bernd und ihre irritierte Begeisterung teilte.
Das deprimierte Kastenbrot ist schon seit dem Jahr 2000 der Star des KI.KA, was vor allem daran liegt, dass er jede Nacht von 21 Uhr bis 6 Uhr morgens in Dauerschleife auf Sendung musste. Wer also noch den Adrenalin-Rausch des letzten Videospiels in den Adern hatte; aufgekratzt, angesoffen oder angekifft nach Hause kam und nicht schlafen konnte oder wollte; der oder die landete beim Zappen immer wieder beim KI.KA – und fand sich entweder in Bernds Weltsicht wieder, oder fragte sich, was zum Henker da auf dem Bildschirm eigentlich (nicht) passierte. Deshalb wundert es auch nicht, dass Bernd in zahlreichen Indie- und Rap-Songs Props bekam – immerhin prägte er gleiche mehrere Generationen von Nachtschwärmer:innen, die sich ja nicht selten auch als kreative Menschen entpuppen.
Zuletzt fiel uns Bernd zum Beispiel im BLOND-Banger „Ich wär so gern gelenkiger“ auf, oder auf dem „Bolotape“ der Boloboys, wo er im Song „Vogue“ genamedropped wird. Die ältere Rap-Generation hatte ihn auch schon auf dem Schirm: 2017 widmeten ihm nicht nur (der damals noch nicht ganz so stulle) Kollegah mit 18 Karat und Play69 in „Diplomatenrich“ eine Line und Shindy dichtete im politisch durch und durch unkorrekten „Das rappst du nicht, du Spast“: „Dieser Song ist wie ein Blowjob von Bernd das Brot.“ Was, by the way, wie ein ziemlich deprimierendes Qualitätsurteil klingt.
Warum wir das hier erzählen? Weil wir ja nicht in jeder Woche mit deprimierenden politischen Entwicklungen einsteigen können (die es natürlich weiterhin im Sekundentakt gibt) – und weil das Mindest von Bernd das Brot doch einfach zu gut zu einem herbstlichen Montagmorgen passt …
Auf ein Fischbrötchen mit Fredrik: Hamburg, erste Band und „Verlernt zu Fühlen“
Wir switchen die Stimmung und kommen jetzt vom Brot zum Brötchen. Genauer gesagt: zum Fischbrötchen. Die gab es nämlich neben guten Gesprächen und guter Musik bei unserem Hamburg-Rundgang mit dem Newcomer Fredrik: Als dieser im April dieses Jahres seine erste Single„Grösste Angst“ veröffentlicht hat, brauchte man keine Wunderkugel, um die spannende Zukunft des Hamburgers vor sich zu sehen. Der emotionale Pop-Entwurf besticht durch intime Zeilen und die unkompromisslose Emotionalität, die Fredrik in seine Lyrics packt. Seitdem geht alles Schlag auf Schlag. Weitere Single-Veröffentlichung, der erste kleine Festivalsommer, die Debüt-EP „Verlernt zu fühlen“ (deren Kern-Aussage Bernd vermutlich grummelnd zustimmen würde) und eigene Headline-Shows, mit denen Fredrik ordentlich rumkommt. Als wir ihm im September in Hamburg getroffen haben, wird gerade an einem weiteren Meilenstein gearbeitet: nämlich einem größeren Live-Set-up mit Band und allem was dazugehört. Zwischen Fischbrötchen und Hamburger Schnack erzählt Fredrik uns von seinem turbulenten Jahr, erklärt, warum er seine Heimatstadt so sehr mag und verrät, was die Zukunft im Idealfall bringen soll.
Unsere Lieblingssongs in dieser Woche
Die neue Kraftklub-Single „Unsterblich sein (*)“ feat. Domiziana hatten wir schon auf dem Reeperbahn-Festival live gehört und uns da ziemlich umgehauen. Die Studioversion ist nun erstaunlich poppig geraten, aber das passt extrem gut zu dieser nächtlichen Nummer, die einmal mehr zeigt, dass das Thema „Sterben“ auf dem kommenden Album „Sterben in Karl-Marx-Stadt“ wohl tatsächlich eine Art Titeltehema sein wird. Mit dem tollen 80s-Vibes-trifft-Punk-Spirit-trifft-New-Wave-Track „Cheerleader“ hat Christin Nichols gerade ihr drittes, selbst betiteltes Album angekündigt – und setzt mit dem Track eine erste Marke. Schwebend-schönen, melodieverliebten Dreampop-Indie gibt es von Leith Ross auf „Point of View“, während die niederländisch-iranische Künstlerin Sevdaliza auf „Strong Because You Are“ den Dance-Anteil, der sie in den letzten Jahren so gepusht hat, ein wenig runterfährt und hier seht atmosphärischen, von iranischen Sound beeinflussten Electro-Pop hinlegt. Last but not least macht sich mit Bella Reed die nächste, mehr als vielversprechende Newcomerinnen in Sachen deutschsprachiger Indie bereit: Ihr „Man kann nur so sehr lieben wie man hasst“ lief schon das ganze Wochenende über bei uns heiß.
Olivia Dean – The Art of Loving

Wer sich bei einem Blick nach draußen nach einer warmen Umarmung sehnt, für den kommt das neue Album von Olivia Dean wie gerufen. „The Art of Loving“ beleuchtet auf zwölf Songs auf detailliert liebevolle Weise zwölf Nuancen der Liebe: Die Suche nach romantischer und pla-tonischer Liebe und wie man sich dabei zwischen Verletzlichkeit und Sehnsucht selbst findet und lieben lernt. Dass die Londoner Sängerin etwas von sanft romantischen Balladen versteht, hat sie bereits mit ihrem Debütalbum „Messy“ und Singles wie „Dive“ oder „The Hardest Part“ gezeigt. Auf „The Art of Loving“ ist Olivia Dean aber nochmal stärker in ihrem Gesang, ihren Texten – als hätte sie ihre Stimme gefunden. Die vorausgegangen poppigeren Singles wurden ergänzt durch emotionale und federleichte Balladen. Ein Mix aus Jazz, Neo-Soul und Pop, der aber keinesfalls trivial wirkt – ein Album, dass wie warme Herbstsonnenstrahlen über das Gesicht tanzt.
Short der Woche: Lacazette und Bushido veröffentlichen gemeinsamen den Song LCC.

King Bushido und Prinz Lacazette: Wir fragen uns was ihr von der Überraschungskollabo haltet.
@diffusmagazin Das Ende von LoFi Girl? Wer lernt denn jetzt mit uns zu chilligen Lofi-Beats? 😭 #lofigirl #lofiboy #lofibeats #lernen #studying #youtubestream #streamer ♬ Originalton – DIFFUS
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