Kaas spricht aus, was wir alle denken: „Ich hass mein Job“
Das vielleicht verrückteste Viertel der Orsons, Kaas, feiert seine Rückkehr als Solokünstler. Zuletzt veröffentlichte der Rapper 2020 mit „Ostern ’89“ eine Solo-Single, zwei Jahre zuvor versüßte er mit seiner „Zucker“-EP den Start in das Jahr 2018. Nun meldet sich Kaas mit dem unverblümten Banger „Ich hass mein Job“ zurück.
Die Aussage von „Ich hass mein Job“ steckt zwar schon plakativ im Titel, doch Kaas schafft es mit seiner belebten Phrasierung und geladener Delivery perfekt, die schlechte Laune früh am Morgen zu vermitteln. „Quetsch’ mich früh morgens in die Bahn / Hektik, ich bin zu spät gefahr’n / Leck mich, die soll’n besser bezahlen / wenn’s Geld stimmt streng’ ich mich auch an“. Soundtechnisch wird an die früh-morgendliche Hektik nahtlos angeknüpft, indem schrille Wecker-Geräusche oder etwa ein harter Gitarrengriff hier und da in den Beat eingefädelt werden. Kaas versetzt sich offensichtlich in eine Zeit vor seinem ersten Platten-Deal und dem Dasein als Künstler zurück, in dem die Zahlen „Neun“ und „Fünf“ eine große Rolle für seinen Tagesrhythmus spielten.
Stubenhocker statt Arbeitstier
Die Parts setzen sich inhaltlich mit dem Weg vom Bett bis zur berufsbedingt überfüllten Bahn inklusive Schockverliebtheit in eine Mitfahrerin auseinander. Das dazugehörige Video von „Ich hass mein Job“ spielt sich dagegen ausschließlich in Kaas ranziger Wohnung ab. Zwischen Instant-Nudeln, Tyskie- oder wahlweise „5,0 Original“-Bierdosen und der Pizza von gestern, wacht ein grantiger Kaas auf und kickt den Analogwecker beim Aufstehen aus dem Weg. Daraufhin geht es erstmal ab auf die Couch – erstmal ´ne Dose zischen und die Sportzigarette anhauen.
Dann geht’s ab an den Rechner, schließlich spielen sich die virtuellen und vorinstallierten Kartenspiele à la Rommé nicht von selbst, genau so wenig wie die unzähligen Lottoscheine auf der kaum sichtbaren Tastatur. Ein bisschen Körperhygiene, ein kurzes Schläfchen auf eben erwähnten Lottoscheinen (samt Traum von sechs Richtigen) und ab geht’s zur verhassten Arbeit. Sowohl Song als auch Video sind ein Abgesang auf das sagenumwobene kapitalistische Hamsterrad, in dem sich so viele Menschen befinden. Dementsprechend hat Kaas vermutlich die nahbarste und ehrlichste Rap-Hymne für den Alltag gezaubert, die wir seit langem gehört haben. Man darf also gespannt bleiben, mit welchen Themen sich Kaas auf seinem neuen Album „Flügelschlag“, welches übrigens am 14. April 2023 über Chimperator erscheinen soll, widmen wird.
Außerdem hat uns der Rapper im Interview verraten, welche die fünf schlimmsten Jobs sind, mit denen er sich in der Vergangenheit rumschlagen musste:
1. Aldi Süd
„Einer meiner ersten „richtigen“ Jobs war bei Aldi Süd. Ich hab es dort wirklich gehasst. Von ganzem Herzen. Ich durfte mich nicht mit den Kunden unterhalten und wenn ich es trotzdem gemacht habe, kam direkt jemand Vorgesetztes und hat geschimpft „Herr Michalczyk, ich habe es Ihnen doch schon mehrmals gesagt…“ das war wie bei Simpsons. Dann kam ich irgendwann auf die Idee mir Cornrows machen zu lassen und die haben mich deswegen gefeuert. Ein einziges mal haben die, ohne es zu wissen, Recht gehabt.“
2. REWE
„Meine nächste Station war beim REWE. Da war es eigentlich ganz OK. Aber dann wurde plötzlich mein Chef von heute auf morgen gefeuert. Der hatte die ganze Zeit Zigarettenstangen geklaut und irgendwer hats irgendwie raus bekommen. Ich mochte den voll und danach hat ein anderer Wind geweht. Dann bin ich auch gegangen.„
3. Seidenweberei
„Irgendwann habe ich eine Ausbildung als Industriekaufmann in einer Seidenweberei angefangen. Da war halt eine Ausbildungsstelle frei und ich hab eine gesucht. Dort hatte ich wirklich den aller schlimmsten Chef überhaupt. Weder davor noch danach hatte ich einen schlimmeren. Herr Stritzelberger hieß der und war ein Stromberg wie er im Buch steht. Ich hab mich dort richtig gequält. Dieses Großraumbüro und dazu dieser Chef, das war nichts für mich. Für „Nichtsnutz 09“ hab ich viel in Inspiration daraus gezogen.“
4. Mercedes
„Wie jeder richtige Schwabo war ich natürlich auch mal beim Daimler. Ich hab bei Mercedes-Benz in Sindelfingen am Band gearbeitet. Das war komplett surreal. Wer das noch nicht erlebt hat, kann sich das glaub schwer vorstellen. Diese Fließbandarbeit ist und macht einen völlig irre. Eine Choreografie eines Arbeitstanzes, die man da einstudiert. Dazu so gruselige, riesige Gebäude mit endlosen Umkleidekabinen. Ein dystopischer Ort. Das war wirklich kafkaesk.“
5. Burger King
„Burger King war irgendwie eine Hassliebe. Ich war immer zu spät und hab mich dann jeden Tag versucht rauszureden. Für sieben Euro auf die Stunde musste ich auch Samstags bis um 5 Uhr Morgens Burger brutzeln. Dann kamen irgendwelche besoffenen Hugos und haben rumgemuckt und alles dreckig gemacht. Auf der anderen Seite waren die Mitarbeiter dort super cool. Ich hab dort so viele krasse Leute getroffen. Immigranten mit Doktortitel, Professoren oder Lehrer aber deren Titel hier nicht anerkannt wurden. Die haben dann da Burger gemacht für einen Mindestlohn. Respekt an alle die dort schaffen.“
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