Kendrick Lamar vs. Drake: Der Beef zwischen den Rap-Giganten im Überblick
Was bisher geschah…
Angefangen haben die Reibereien im letzten Herbst. Auf seinem Song „First Person Shooter“ feuert Drake gemeinsam mit J. Cole gegen Kendrick Lamar – und das, obwohl dieser gerne gemeinsam mit den beiden als Teil der „Big Three“ auf das Hip-Hop-Siegertreppchen gestellt oder gleich zum King of Rap gekrönt wird. Kendrick reagiert vorerst nicht auf die Sticheleien, nutzt dann aber seinen Gastpart auf dem Album von Future und Metro Boomin, um wieder Öl ins Feuer zu gießen.
Aus drei werden zwei
Seither sind alle Augen auf den Schlagabtausch zwischen den drei Rappern gerichtet, der inzwischen eher zum Duell geworden ist, nachdem J. Cole erst einen eigenen Kendrick-Diss veröffentlicht und dann wieder zurückgezogen hat. Dafür legte Drake Mitte April gleich zwei Disstracks vor: „Push Ups“ und „Taylor Made“, wobei er sich für letzteren sogar zwei Featureparts von Snoop Dogg und 2Pac sicherte. Der Haken an der Sache: Die Stimmen der beiden ikonischen Rapper waren nur durch eine Künstliche Intelligenz nachgestellt – ein Umstand, der Drake prompt eine Klage der Nachkommen von 2Pac einbrachte.
Und das war es noch nicht mit den schlechten Nachrichten für Drake: Am Dienstag kam nämlich auch eine überraschende Antwort von Kendrick Lamar. Unter dem Titel „Euphoria“ veröffentlichte der Rapper einen sechs-minütigen Disstrack, der nicht nur viele Sticheleien von Drake beantwortet, sondern auch noch das ein oder andere neue Fass aufmacht.
Aua, oh-oh, Kendrick ist sauer
So holt Kendrick einen der dunkelsten Punkte in Drakes Karriere nochmal ans Tageslicht: „The Story of Adidon“, der verheerende Disstrack, mit dem Pusha T 2018 die Welt mit Drakes zuvor verheimlichtem Sohn bekannt machte. Auch Kenrick reitet jetzt erneut auf Drakes angeblich mangelhaften Vater-Qualitäten rum. In „Euphoria“ geht es außerdem immer wieder um Drakes Bezug zur schwarzen Community, den Kendrick Lamar ihm abspricht: „How many more fairytale stories ’bout your life till we had enough? / How many more Black features till you finally feel that you’re Black enough?”. Auch J. Cole, der den Ring ja eigentlich eigenhändig verlassen hat, wird von Kendrick zurückgeschleift und kriegt einige Zeilen ab.
Noch ein Ass im Ärmel
Seither überschlagen sich die Ereignisse regelrecht. Bevor Drake auf „Euphoria“ reagieren konnte, legte Kendrick Lamar am vergangenen Freitag nochmal nach und veröffentlichte mit „6:16 in LA“ einen weiteren Disstrack. Dass es so kommen wurde, hatte er bereits zwischen den Zeilen angedeutet: „’Back To Back‘, I like that record / I’ma get back to that, for the record“. Ein spöttisches Lob für Drakes Song „Back to Back“, der damals im Beef mit Meek Mill im Doppelpack mit einem weiteren Diss erschien. Auch der Titel ist eine Anspielung auf seinen Widersacher Drake, der schon seit Jahren auf jedem Projekt einen Songtitel aus einer Kombination aus Ort und Zeit bastelt.
Ein historisches Wochenende für Rap
„Back to Back“ gibt auch für den weiteren Verlauf des Beefs den Ton an, denn aus dem Schlagabtausch wurde im Verlauf des ersten Mai-Wochenendes ein regelrechter Blitzkrieg. Auf „6:16 in LA“ antwortet Drake mit dem beinahe achtminütigen Song „Family Matters“, in dem er Kendrick unter anderem unterstellt, handgreiflich gegenüber seiner eigenen Frau geworden zusein.
Hat Drake eine 11-jährige Tochter?
Innerhalb von wenigen Stunden reagiert Kendrick Lamar – und lässt den Beef mit seinem Song „Meet The Grahams“ weiter eskalieren. Er adressiert die verschiedenen Mitglieder in Drakes Familie und bemitleidet sie regelrecht für ihre Verwandschaft. Dabei richtet er sich im dritten Part auch an Drakes 11-jährige Tochter – von der die Welt bis zu diesem Zeitpunkt allerdings nichts wusste. Auch seinen Sohn Adonis hat Drake lange geheim gehalten, bis dessen Existenz von Pusha T geleaked wurde. Trotzdem streitet der Kanadier diese Behauptungen wenig später in einer Instagram-Story ab.
„Certified lover boy, certified pedophile“
Wieder geht Kendrick Lamar „Back to back“ und veröffentlicht ohne eine Antwort von Drake den Song „Not Like Us“. Was er in den vorherigen Disstracks nur unterschwellig angedeutet hatte, spricht er hier als expliziten Vorwurf aus: „Certified lover boy, certified pedophile“. Schon länger bestehen solche Gerüchte um Drake und sein Verhältnis zu jungen, prominenten Frauen an der Schwelle zum Erwachsenenalter – so konkret wurden sie allerdings noch nie ausformuliert. Darüber hinaus zieht Kendrick Lamar noch weitere Namen wie Quavo, 21 Savage und 2 Chainz in den Beef hinein und behauptet, dass Drake diese nur nutze, um sich Street Credibility aufzubauen.
Wer ist auf wen hereingefallen?
Diese Vorwürfe lässt Drake nicht auf sich sitzen. Der Rap-Gigant passt sich Kendricks Tempo an und veröffentlicht nur einen Tag nach „Not Like Us“ seinen neuesten Disstrack: „The Heart Part 6“. Damit referenziert er Kendricks Song-Reihe „The Heart“, die mit jedem neuen Projekt um einen weiterer Ableger bereichert wird. In „The Heart Part 6“ streitet Drake die Vorwürfe, er haben Beziehungen zu Minderjährigen gehabt, vehement ab. Auch die vermeintliche 11-jährige Tochter soll es nie gegeben haben – im Gegenteil, Drake behauptet, absichtlich einen Köder für Kendrick auslegegt zu haben: „We plotted for a week and then we fed you the information / A daughter that’s eleven years old, I bet he takes it“.
Darüber hinaus geht Drake weiter auf das Verhältnis von Kendrick zu seiner Frau ein und behauptet, diese habe ein Kind mit Dave Free, Kendricks Manager. Darauf bezieht sich auch das Cover-Artwork von „The Heart Part 6“, ein Herz-Emoji, das Free unter einem Foto von Kendricks Frau und ihren Kindern gepostet hat.
Schüsse vor Drakes Anwesen in Toronto
In der Nacht vom 6. auf den 7. Mai meldete die Polizei in Toronto auf der Social-Media-Plattform X, dass es eine Schießerei vor dem Anwesen von Drake in der Luxusgegend Bridle Path gegeben habe. Dabei wurde ein Security Guard des Rappers schwer verletzt und ohne Bewusstsein am Tatort aufgefunden. Wenige Tage später wurde erneut Eindringlinge auf dem Anwesen von Drake gemeldet. Ob der Vorfall etwas mit dem aktuellen Beef mit Kendrick Lamar zu tun hat, ist nicht klar. Auffällig ist zumindes das Cover-Artwork zu Kendrick Lamars Rekord-Song „Not Like Us“: das wird nämlich von einer Luftaufnahme von Drakes Villa mit einigen roten Personenmarkern geziert.
The End…?
Langsam aber sicher scheint sich der Beef zwischen den beiden Rap-Giganten wieder zu beruhigen. Zumindest gab es seit einigen Tagen keine neuen Disstracks mehr und stattdessen eine Instagram-Story von Drake, die versöhnlich scheint. „Good times. Summer Vibes next“, schreibt der Rapper und hinterlegt seine Nachricht mit einer Illustration von einem Samurai, der sich heroisch einem ganzen Heer entgegen stellt. Damit scheint sich Drake möglichst diplomatisch aus der Fehde zurückzuziehen und sich wieder auf sein eigentliches Kerngeschäft zu besinnen: Pop-Rap.
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