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Mit Lackschuhen „In der Natur“: Deichkind veröffentlichen neues Musikvideo

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Tagged: Deichkind

Es müssen für die Fans drei harte Jahre gewesen sein, in denen Deichkind keine neue Musik veröffentlicht haben. Umso schlagkräftiger kehren sie nun mit altbekannter und vor allem gut durchdachter Ironie zurück. Die Meister der Dekonstruktion Sebastian Dürre aka Porky, Henning Besser aka La Perla sowie Philipp Grütering aka Kryptik Joe haben ihr neues Musikvideo „In der Natur“ veröffentlicht.

„In der Natur“ ist wahrscheinlich das Ergebnis von monatelangen, jodelnden Waldspaziergängen, bei denen die Band sich selbst und die Welt hinterfragt hat. Denn wer glaubt, dass der Song nur eine auf Links gedrehte Ode an die Natur ist, sollte besonders beim Musikvideo genauer hinschauen. Während in Pandemie-Zeiten das Naturprogramm zum Freizeittrend mutierte, finden Deichkind keinen Hype darin.

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Abstrakte Zivilisationskritik mit Jodelkunst

Fadenscheinig handelt der im sphärischen Elektrobeat treibende Song erstmal vom seltsam-naiven Verhältnis vieler Großstädter zur Natur. Statt die Entschleunigung zu genießen, findet der urbane Hipster auf seinem Naturtrip „kein Konto und kein‘ Gott“, sodass er sich zum Berliner Hermannplatz zurückwünscht. Und all das, während man mit Designer-Brille, Weste, Lackschuhen und einem Roboter-Hund an der Leine durch den Wald spaziert.

Und schon sind wir bei Deichkinds Königsdiziplin angelangt. Im Musikvideo erleben wir mal wieder eine Reihe von absurden Momenten und fragwürdigen Gestalten, die allesamt zeigen: Deichkinds Kunst lebt von Antithesen und überspitzten Klischees.

Drohende Klimakatastrophe in Zeiten von Angriffskriegen

Während das Ein-Mann-Kettenfahrzeug den Waldboden plattdrückt, nur damit die Lackschuhe unbeschädigt davon kommen, wird die darbende Natur wie ein feindliches Umfeld inszeniert. Statt den vertrockneten Wald zu bewässern, werden in Schutzanzügen die letzten Organismen ausgerottet. Ein Leiden, das Deichkind mit den Worten „Ich hänge hier im Wald rum, ohne Hafermilch und Heizung“ besingen.

Und wer den Schluss von „Planet der Affen“ von 1968 gesehen hat, wird ebenfalls wissen, was jetzt kommt. Im Film erkennt ein gestrandete Astronaut die vom Atomkrieg zerstörte Erde. Er wirft sich in den Sand und verflucht von Wellen umtost seine Spezies. Einen ähnlich nachhaltigen Moment schaffen nun auch Deichkind, wenn Porky am Ende des Videos zu „In Der Natur“ ein eindrucksvolles „Planet der Affen“-Zitat gelingt. Während er mit seiner Begleitung einen einsamen Strand entlang reitet, entdeckt er – statt die im Originalfilm vorkommende von Sandverwehungen überdeckte Freiheitsstatue – den eingestürzten grotesken Riesentisch von Wladimir Putin.

Deichkind sind visuelle Meister

Der Song inklusive Musikvideos übt Gesellschaftskritik, die nur funktioniert, weil sich Deichkind nicht über die Dinge stellen, sondern sich miteinschließen. Dass sie es dabei schaffen, relevante Weltanschauungen in potenzielle Hits zu verpacken, zeigt die immer ausgefeiltere Machart ihrer Kunst. Musikvideos wie „Richtig Gutes Zeug“, „So`ne Musik“ oder „Wer sagt denn das?“ sind absolute Klassiker, zu denen sich „In der Natur“ ohne Probleme einreihen wird. Und auch der jahrelange Erfolg gibt ihnen Recht: In der nunmehr 25-jährigen Karriere der Band reihen sich Gold- und Platinalben sowie unzählige Hits. Mit „Leider Geil“ prägten Deichkind unsere Sprache, ihre Live-Shows sind sowieso legendär.

„In der Natur“ ist die erste Singleauskopplung des im Frühling 2023 erscheinenden achten Albums der Band. Zudem haben Deichkind ihre Tour für kommenden Sommer angekündigt, bei der endlich wieder ordentlich abgerissen wird.

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