Rap gegen die Traurigkeit: tooloudfortheroom aus Hamburg
Auch wenn es auf den ersten Blick so scheinen mag: tooloudfortheroom sind nicht „einfach nur“ eine Rapcrew. Hinter dem Namen steckt eigentlich ein 18-köpfiges Kulturkollektiv aus Hamburg. Neben den Vocal Artists Friso, Sant, Moé, ELEF, Lenzy und ghostboo gehören Produzenten genau wie Visual Artists und die DJ Babyblade zum Team. Auch hinter den Kulissen gibt es weitere Mitglieder, die sich um Merch oder Veranstaltungsorganisation kümmern.
Das Kulturkollektiv wurde 2020 von einer Gruppe von Freunden aus dem puren Drang heraus gegründet, kulturell etwas in ihrer Heimatstadt Hamburg zu bewegen. Gerade, weil immer mehr kulture Angebote wegfallen, ist das heute mehr denn je ihre Mission. Musikalisch ging es bei tooloudfortheroom Anfang des Sommers so richtig los, als sie ihren ersten gemeinsamen Track „Eimsbüttel:Altona“ samt Musikvideo veröffentlichen. Zuvor fand man auf dem YouTube Channel der Truppe vor allem Live-Sessions der einzelnen Mitglieder.
„Tooloudfortheroom, meine Crew auf deiner Box“
Das sang Paula Hartmann schon 2022 auf ihrem Track „Babyblau“. An ein Album dachte damals wohl noch keiner von tooloudfortheroom. Einige der Gründungsmitglieder, wie Sant und Lenzy, machten zwar fleißig eigene Musik, aber zu dieser Zeit waren sie als Kollektiv noch beschäftigt mit der Organisation von Veranstaltungen wie Konzerten oder Partys. Ob gute Vorahnung von Paula oder ein Omen: gut zwei Jahre später ist das erste gemeinsame Album von tooloudfortheroom da. Es trägt den Namen „Lemvig“, benannt nach einer Stadt in Dänemark, wo das Grundgerüst für das Tape entstanden ist. Übrigens: Ehrenmitglied Paula Hartmann taucht auch auf „Lemvig“ auf. Seit seinen Anfängen begleitet sie das Kollektiv und liefert hier auf einigen der Tracks Backing-Vocals.
Ein Album mit Mixtape-Charakter
Dank der hauseigenen Producer Lawin, SOMA, Juri und Sören Last ist der Ton des Albums so unterschiedlich wie seine Mitglieder. Der Sound von „Lemvig“ variiert dabei zwischen düsteren UK-Einflüssen, frostigen Synthies und melodischem Pop-Rap. Jeder der Artists und Producer hat seinen ganz eigenen Sound und das zeigen sie auf dem Tape. Trotzdem fügt sich das ganze zu einer stimmigen Einheit zusammen, die besonders durch die Zusammenarbeit zwischen allen künstlerischen Sparten des Kollektivs befördert wird.
Melancholischer Hip-Hop
Dafür, dass sie auf ihren Events für ordentlich Partystimmung sorgen, klingen viele ihrer Songs eher düster, wie die Gedanken, die einen nach einer durchtanzten Nacht einholen. Kein Wunder, denn auch als Solo-Künstler sind die Mitglieder von tooloudfortheroom nicht gerade für Partyhymnen bekannt. Stattdessen zeichnen sie ein realistisches Bild der Überförderung von Mittzwanzigern, die zwischen Drogen, Herzschmerz, mentalen Problemen und Zukunftsängsten versuchen ihren Platz in der Welt zu finden. Im Song „Pillen gegen die Traurigkeit“ rappt ghostboo: „Zweihundert Songs und dann ich hoff‘, am Ende find‘ ich mich / Mach‘ einfach Fenster zu beim Rauchen, wenn es windig ist / Glaub’ an kein’n Gott, ich glaub‘ erst dran, wenn ich im Himmеl bin“.
Ihre eigene Ästhetik
Das Musikvideo zum Song zeigt die Gruppe in schwarz-weiß. Die Konzepte von Videos, Covern und Merch sind so durchdacht, dass man kaum glauben mag, dass fast alles von tooloudfortheroom in Eigenregie entsteht. Verantwortlich für diese ausdrucksstarke visuelle Gestaltung sind Ramin Haskan, Finn Dubbeld und Tomke Mendt. In ihrer Arbeit war es dem Kollektiv von Anfang an wichtig möglichst alle Arbeitsbereiche innerhalb der Gruppe abzudecken. Das hat Wirkung: ihr Wiedererkennungswert hinterlässt schon jetzt einen bleibenden Eindruck in der Hamburger Kulturlandschaft und darüber hinaus.

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