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Alex Barbian trifft Turbostaat und Moses Schneider: „Alter Zorn“, Bismarck, Nudel-Diät und 25 Jahre Turbostaat

Posted in: Titelstory
Tagged: Turbostaat

Als Punk-Band zu Altern ist schwierig. Ein Genre, das sich über Frust, Lärm und Aufbegehren definiert, verträgt sich eben schlecht mit Altersmilde. Umso besser, dass davon auf dem neuen Album von Turbostaat nichts zu spüren ist. Und das, obwohl die Band aus Schleswig-Holstein letztes Jahr ihren 25. Geburtstag gefeiert hat. Aber „Alter Zorn“ ist kein erzwungenes, jugendliches Zurückschauen durch die rosarote Brille, auch wenn das Cover des Albums ein altes, vergilbtes Foto vom Turbostaat-Stammproduzent Moses Schneider ziert.

Ein Album im Hier und Jetzt

Stattdessen spielt das Album ganz im Hier und Jetzt, inklusive aller Herausforderungen, die die Gegenwart für Turbostaat bereithält. Darüber spricht die Band in unserer neuen Titelstory mit dem freien Journalisten und Autor Alex Barbian. Das passt besonders gut, weil dieser erst im vergangenen Jahr mit der Band einen Podcast zum großen Turbostaat-Jubiläum aufgenommen hat (den ihr hier hören könnt) und dementsprechend tief im Thema ist. Aber auch davor haben die Punker aus Husum eine große Rolle in seinem Leben gespielt, wie er eingangs verrät: „Das Bandshirt von Turbostaat begleitet mich durch alle Biotope, in denen ich mich so bewegt habe in den letzten 30 Jahren.“

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Last aber definitiv not least in dieser Runde: Albumcover-Star und Musikproduzent Moses Schneider, der neben unter anderem Tocotronic, Beatsteaks und AnnenMayKantereit schon seit deren 2007 erschienen Album „Vormann Leiß“ mit Turbostaat zusammenarbeitet. „Wir haben uns getroffen und inhaltlich verliebt und deshalb machen wir seit 20 Jahren zusammen Platten“, erinnert er sich.

Dorfpunker in Kreuzberg

Treffpunkt ist ein Ort, der mindestens genau so viel erlebt hat, wie die beteiligten Musiker: das SO36, die Kreuzberger Punk-Institution schlechthin. Auch Turbostaat verbinden viel mit dieser Konzertlocation: „Das SO36 ist ein legendärer Laden. Bei uns oben in der Provinz ist der Name immer wieder aufgetaucht, alle Bands haben hier gespielt. Für uns als Dorfpunker war es ein großer Moment, als wir zum ersten Mal hier eingeladen wurden und ein Konzert spielen durften.“ Dieses entsprechende Konzert zurückzudatieren, fällt der Band schwer. Kein Wunder: Seither sind unzählige Touren und Shows über die Bühne gegangen, zuletzt ein intimes Release-Konzert im FluxBau in Berlin.

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Warum Otto fallen muss

Natürlich geht es im Gespräch auch politisch zu, denn Turbostaat waren schon immer eine Band, die auf sehr eigene und poetische Weise Gesellschaftskritik übt. Das spürt man zum Beispiel im Lied „Otto muss fallen!“, das lyrisch um das Bismarckdenkmal in Hamburg kreist. Die Inspiration dazu kam auf einer Demo gegen das Denkmal, das nicht unumstritten ist, wie uns Turbostaat-Texter Marten Ebsen erklärte.

Denn Bismarck, der von 1871 bis 1890 Reichskanzler des Deutschen Reiches war, galt zwar lange als großer, konservativer, deutscher Staatsmann, aber eben auch als Wegbereiter Hitlers. Außerdem war er überzeugter Antisemit und bekämpfte die Arbeiter:innenbewegung, wo er nur konnte. Auch den Kolonialismus Deutschlands brachte Bismarck nach anfänglichem Widerwillen gegen die Idee entschieden voran – und spielt als Gastgeber der heute zurecht als unsäglich angesehenen „Berliner-Kongo-Konferenz“ eine unangenehme Rolle.

Marten erzählt dazu: „Der Auslöser war, dass ich ein Foto gesehen habe von einer Demo gegen das Bismarck-Demo und da war eine junge Frau, die hielt so ein Plakat, auf dem stand: ‚Otto must fall!‘ Und ich dachte so: ‚Otto muss fallen!‘, das finde ich irgendwie gut. Das Bismarck-Denkmal steht ja für diese ganze Deutschtümelei, für diese ganze alte Gewalt, die da drinsteckt. Und das haben natürlich die Hamburger Kaufleute gebaut, die seit jeher diese Stadt beherrschen und immer weiter in den Abgrund reißen. Und es steht natürlich auch für den ganzen Kolonialismus. Woher haben wir denn diesen ganzen Reichtum, in dem wir uns jeden Tag aalen? Den haben wir uns ja nicht selbst erarbeitet. Den haben wir ja anderen Leuten weggenommen.“

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Außerdem geht es in dem Talk um die Entstehung von „Alter Zorn“, den Blick auf ein Vierteljahrhundert Bandgeschichte, die Zusammenarbeit mit Moses Schneider, die politische Entwicklung in Deutschland, die Kraft sperriger Songs, die Risiken und Nebenwirkungen einer Nudel-Diät und die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Job des Musikers.

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