Vier Gründe, um in das neue Justin Bieber Album „SWAG“ reinzuhören!
Fragwürde Livestreams, verwirrende Karusselposts und Paparazzi befeuerten die Debatte, wie es momentan um Justin Bieber bestellt ist. Ein überraschender Doppellaunch bescherte uns vergangene Woche nicht nur bunte Pieces von JBs neuer Modemarke „SKYLRK“, sondern nach vier Jahren endlich wieder Musik. Hier kommen vier Takeaways vom neuen Album „SWAG“!
1. Family Matters: Renell Medrano porträtiert die Rhode-Biebers
Nicht nur inhaltlich weist „SWAG“ starke Parallelen zu Kendrick Lamars „Mr. Morale & The Big Steppers“ auf: Beziehung, Familie, Vaterschaft. Während sich Kendrick für das Cover mit seiner Frau Whitney Alford und ihrer gemeinsamen Tochter ablichten ließ, ist auf dem „SWAG“-Cover bloß der Name Programm. Die Bilder aus dem begleitenden Fotoshooting geben aber Gewissheit: Sowohl die Alford-Lamars als auch die Rhode-Biebers ließen sich von der Fotografin Renell Medrano porträtieren.
Die in schwarz-weiß gehaltenen Aufnahmen zeugen vor allem von Zusammenhalt. Wurde in den vergangen Monaten noch die Scheidung von Hailey und Justin prophezeit, zeigt sich das Paar nun erstmals mit ihrem gemeinsamen Sohn. Auch auf musikalischer Ebene liefert Justin auf diversen „SWAG“-Tracks den Liebesbeweis. Allen voran auf „GO BABY“: „That’s my baby, she’s iconic, iPhone case, lip gloss on it“. Was lapidar klingt, sorgte bei den beiden für ordentlich Stress, als Justin den Rhode-Verkaufsschlager mit Lip-Gloss-Fach für seine eigene Marke zum Joint-Halter zweckentfremden wollte.
2. Die „SWAG“-Bringer: Dijon und Mk.gee
Fast eine Stunde Laufzeit haben die ingesamt 21 Songs auf „SWAG“. Und wie es sich für eine Hochglanz-Popproduktion gehört, liest sich die Liste der Credits fast genauso lang. Und während man beim Albumtitel noch unweigerlich an den 2010er-Sound von Soulja Boy, Lil B (Fortsetzung folgt!) und Kanye West denkt, wird beim Hören in die 80er zurückversetzt. Besonders zwei Kollaborateure sollten daran besonderen Einfluss gehabt haben: Dijon und Mk.gee.
Dijon Duenas und Michael Gorden – so beide bürgerlich – sind nicht nur gute Freunde und gegenseitige Features, sondern Erschaffer von „Absolutely“ (2021) und „Two Star & The Dream Police“ (2024). Zwei herausragende Alben die uns jenen 80er-Jahre Dream-Pop mit verzerrten Gitarren und verfrickelten Synths zurückbrachten. Vor allem letzteres bescherte tausendfache „how to sound like Mk.gee“ Suchanfragen. Die Antwort gibts jedenfalls auf Justin Biebers neuem Album. Während Michael Gordon nur im Intro „ALL I CAN TAKE“ auftaucht, mischte Dijon an vier Songs mit, darunter auch der Ohrwurmgarant „DAISIES“. Auf „DEVOTION“ leiht Dijon JB sogar seine Stimme. Der Einfluss des It-Duos zieht sich aber durch ganz „SWAG“.
3. Justin Bieber therapiert sich selbst
Auch wenn die Dichotomie Musik / Therapie dem ein oder anderen schon buchstäblich zu den Ohren raushängt, kommt man auf „SWAG“ nicht drum rum. Durch die „THERAPIE SESSION“ führt uns der amerikanische Comedian Drew Desbordes, kurz: Druski. Der dichtet Justin – etwas fragwürdig – trotz seiner Hautfarbe eine „schwarze Seele“ an und legitimiert damit die Soul-Einflüsse des Albums.
Die setzt Justin aber nicht nur alleine um, sondern mit Gunna auf „WAY IT IS“, mit dem herausragenden Sexyy Red Part auf „SWEET SPOT“, mit Cash Cobain und Eddie Benjamin auf dem Titeltrack „SWAG“ und mit Lil B (die echte Swag-Ära hat angerufen) auf „DADZ LOVE“. Beim letzteren sollte man vor allem aufs Drum-Sample achten. Hier nutzt Justin nämlich seine eigenen Skills aus einem Video mit gerade mal zwei Jahren.
Auch das Outro „FORGIVENESS“ hält noch eine besondere Kollaboration bereit: Justin Winans. Der Gospelsänger und Pastor landete mit seinem Cover „Lord, I Lift Your Name on High“ 2024 einen viralen Hit, zu dem Justin Bieber zurückhaltend seine Sünden rein summt.
4. Justin Bieber: It’s not clocking to you
Aus belasteten Erfahrungen Kreativschübe ziehen, beschreibt die Psychologie als posttraumatisches Wachstum. Von Franz Schubert über den Klub 27 bis zu aktuellen Weltstars ist die Popkultur voll von Belegen, dass aus größter Not Großartiges entstehen kann. Und auch wenn sich Justin Bieber gerade (zurecht) für seinen „SWAG“ feiern lässt und sicherlich auch den ein oder anderen SKYLRK-Merch verkauft, wäre es zu kurz gedacht, die letzten Jahre als Kalkül abzustempeln.
Mit 15 Jahren wurde er nämlich nicht nur zum Weltstar, sondern allen voran die Zielscheibe von Klatsch, Tratsch und übergriffigem Verhalten – allen voran von Talkshow-Hosts. Es folgte der offene Umgang mit Drogenproblemen, Depressionen und auch der Diagnose mit dem Ramsay-Hunt-Syndrom – einer Krankheit, die zu temporären Gesichtslähmungen führt. Zuletzt ging JB in einem Paparazzi-Video viral, in dem er unter anderem lautstark von sich gab: „It’s not clocking to you that I’m standing on business, is it“. Die Begegnung wird auf „SWAG“ auch im Skit „STANDING ON BUSINESS“ gemeinsam mit Druski verarbeitet.
Zu mindestens privat scheinen die Wogen nun (vorerst) geglättet zu sein. Was bleibt ist ein ungewöhnliches Justin-Bieber-Album, dass wohl niemand auf der 2025-Bingo-Karte verortet hat, aber durch den unkonventionellen Sound und die ehrlichen Texte bleibenden Eindruck hinterlassen wird.

Das neue DIFFUS Print-Magazin
Titelstory: SSIO
Außerdem im Heft: Interviews mit badmómzjay, t-low, Magda, Paula Engels, fcukers, Betterov uvm. Außerdem große Reportagen über Kneipenkultur, Queer Rage und Essays!