„What’s Poppin‘?“ – Cordae x Lil Wayne, Neues von SZA und Songs für Virgil Abloh
Nardo Whick – Who is Nardo Whick? (Album)
„Who is Nardo Wick?„ – Eingefleischten Hip Hop-Heads dürfte diese Frage gar nicht erst in den Sinn kommen. Schließlich hat der Newcomer erst im Oktober in Form von „Who Want Smoke??“ einen echten Hit gelandet, der ihm auch seine erste Platzierung in den Billboard Top 100 eingebracht hat. Dass der Song mit Features von Lil Durk, 21 Savage und G Herbo einem Allstar-Treffen gleich kommt, das aufwändige Musikvideo von Lyrical Lemonade produziert wurde und der „What the fuck is that??“-Part zum Tiktok-Meme wurde – All das hat da vielleicht mit reingespielt. Aber auch ohne diese Faktoren ist klar: Nardo Wick ist ein spannender Newcomer, dessen kaltblütigen Trap man auf dem Schirm haben sollte. Am vergangenen Freitag hat Nardo sein Debüt-Album veröffentlicht, dass auf den eingangs erwähnten Titel „Who is Nardo Wick?“ hört und einer musikalischen Vorstellung gleich kommt.
070 Shake feat. NLE Choppa – Lose My Cool
Eine große Überraschung war in dieser Woche das Aufeinandertreffen von 070 Shake und NLE Choppa. Das erste Mal seit zwei Jahren meldet sich die Künstlerin aus New Jersey mit neuer Musik zurück. Gemeinsam mit NLE Choppa liefert sie in Form von „Lose My Cool“ die erste Single für ihr kommendes Album. Der Beat fällt dabei mit seinen atmosphärischen Flächen und Synth-Harmonien perfekt in 070 Shakes üblichen Vibe. Abwechslung gibt es in Form von verspielten Sound-Effekten und natürlich dem Beitrag von NLE Choppa. Der ist ja eigentlich für geladenen Trap bekannt, hier überrascht er aber mit einem erstaunlich bedachten Part, der sich gut in den Song einfügt. Mit der gemeinsamen, mehrstimmigen Bridge zum Ende hin wirkt „Lose My Cool“ wie eine echte, organische Zusammenarbeit, statt wie ein liebloses Industrie-Projekt.
Cordae feat. Lil Wayne – Sinister
Am Freitag gab es außerdem eine neue Single von Cordae, der ja bekanntlich die Flagge für modernen Boom Bap- und Conscious-Rap hochhält. Seine inhaltsstarken Songs haben dem jungen Rapper bereits zwei Grammy-Nominierungen und einen Platz in XXLs Freshman Class 2019 eingebracht. Für den neuen Song „Sinister“ holt er sich Verstärkung von keinem geringeren als Weezy aka Lil Tunechi aka Lil Wayne. Bereits in der Vergangenheit wurde Cordae immer wieder von Legenden der alten Garde gelobt. Ein solcher Moment findet auch mit „Sinister“ statt: Der Song gleicht einer Fackel-Übergabe zwischen Oldschool und neuer Generation.
Über die griffige Boom-Bap-Produktion von Hit-Boy rappt Cordae mit Nachdruck seine Zeilen. Im Musikvideo dazu inszeniert er sich in Tradition der Black Panthers mit schwarzer Lederjacke und Barrett-Mütze. Ganz gemäß der einleitenden Zeile „This ain’t rap music, this straight Literature“, referiert er seinen Part in einem Hörsaal, bevor er das Wort an den nächsten Vortragenden weitergibt: Lil Wayne. Der kommt mit einem unorthodoxen Flow an und fordert von uns, mitzudenken, wenn wir als Hörer:innen nicht abgehängt werden wollen. Bleibt nur zu hoffen, dass uns Legenden wie Weezy noch lange erhalten bleiben. Wenn sie irgendwann aber doch die Musik an den Nagel hängen sollten, steht mit Cordae ein würdiger Nachfolger bereit.
SZA – I Hate U
Neues aus dem Hause Top Dawg Entertainment: SZA meldet sich mit ihrer neuen Single „I Hate U“ zurück. So neu ist die allerdings gar nicht: Vor einigen Monaten hat die Musikerin die Single gemeinsam mit zwei anderen Songs bereits auf einem anonymen Soundcloud-Account hochgeladen. Kein offizieller Release also, trotzdem haben sich die Fans heißhungrig auf neues Material von SZA gestürzt, deren letztes Album „Ctrl“ schon vier Jahre zurück liegt. Anscheinend war das öffentliche Interesse letzten Endes so groß, dass sich Label und Künstlerin nun entschieden haben, „I Hate U“ auch offiziell auf die großen Streaming-Plattformen zu bringen. Der Song fällt dabei ganz in SZAs R&B-Sparte und wird von minimalistischen Synth-Klängen getragen. Das instrumentale Intro bringt uns glatt zurück in Mac Demarcos „Chamber Of Reflection“, bevor SZA dann mit einem dynamischen Mix aus Gesang und melodischen Rap-Passagen einsteigt. Wie der Titel „I Hate U“ nahelegt, geht es im Song um eine verflossene Liebe und SZA stellt klar, was Sache ist „And if you wondered, if I hate you/ I do“. Fürs Fans von TDE-Sound und R&B ein Muss in dieser Woche.
SSGKobe x Lil Yachty – FUK EM
Angestoßen und betitelt durch Trippie Redds Smash-Hit „Miss The Rage“, ist „Rage Rap“ gerade DER Trend in den USA. Inspiriert vom Soundtrack alter Arcade-Games und EDM-Melodik fällt der Rap-Sound der Stunde elektronischer denn je aus und überlappt sich stellenweise sogar mit dem nicht weniger populären Hyper Pop. Ganz vorne mit dabei in dieser Welle von neuen Ideen: SSGKobe. Der Newcomer ist erst 19 Jahre alt und startet gerade ordentlich durch. Für seinen neuesten Song „FUK EM“ bekommt er Verstärkung von einem Künstler, der noch vor wenigen Jahren in einer ganz ähnlichen Position war und heute zu den gefragtesten Rappern in den Staaten zählt. Die Rede ist von Lil Yachty, der sich übrgiens schon früh im Subgenre Rage Rap versucht hat.
Gemeinsam performen sie ihren Song in Streetvideo-Manier vor einer abgerockten Hauswand. „FUK EM“ dauert keine zwei Minuten und kommt daher entsprechend schnell zur Sache. Die dumpfen Trap-Drums sind simpel gehalten, genau so wie der kurze Synth—Loop, der uns immer wieder durch den Gehörgang sägt. Den Beat bearbeiten Lil Yachty und SSGKobe auf ganz verschiedene Art und Weise und gerade letzterer besticht mit seiner energetischen Performance und wilden Dancemoves. Eine musikalische Meisterleistung bekommen wir hier sicher nicht, trotzdem macht der Song einfach Spaß und darauf kommt es an.
Tierra Whack – Rap? (EP)
Tierra Whack ist eine Newcomerin der anderen Art. Ihr 2018 erschienenes Debüt-Album „Whack World“ hatte eine stattliche Tracklist mit 15 Titeln – dauerte allerdings auch nur 15 Minuten. „In der Kürze liegt die Würze“ – aus diesem Motte macht Tierra Whack eine echte Kunst und reißt in Sekundenschnelle spannende Song-Ideen an. Seit ihrem Debüt hat uns Tierra Whack immer wieder mit neuen Singles über Wasser gehalten, nun serviert sie uns mit „Rap?“ eine EP mit drei neuen Songs.
Dabei hat es vor allem der erste in sich: „Stand Up“ nimmt sich den radikalen Minimalismus von Kanyes „Yeezus“ und paart dieses elektronische Beat-Skelett mit einem Flow, der glatt von Kendrick Lamar auf „Humble“ stammen könnte. Song Nummer Zwei, „Meagan Good“, ist Realtalk der feinsten Sorte und konfrontiert einen Ex-Partner, den Tierra persönlich und karriere-technisch abgehängt hat: „Woulda thought you had a monthly, boy, you took me through hell/ I was faithful to you, loyal when you did time in jail/ You had rap dreams too, why you ain’t write in that cell?/ We had the same opportunity, I just chose to prevail“. Den Schluss macht schließlich „Millions“ mit einem triumphalen Sample-Beat und einer Tierra, die sich Zeit nimmt, um den eigenen Erfolg zu feiern. Wenn sich für euch weiblicher Rap aus den Staaten nicht nur auf Nicki und Cardi beschränkt, solltet ihr hier unbedingt reinhören.
Vic Mensa – What You Taught Us
Nur wenige haben die Populärkultur des vergangenen Jahrzehnts (und des frisch angebrochenen) so massiv geprägt wie Virgil Abloh. Dabei hatte der Designer, Produzent und DJ aus Chicago besonders auf die Hip Hop-Szene einen gigantischen Einfluss. Seine Kollektionen für Louis Vuitton sowie die eigene Streetwear-Marke Off White wurden und werden weiterhin von Rapper:innen auf dem ganzen Globus getragen. Seine DJ-Sets bewiesen immer wieder, wie gut Virgil in Sachen Hip Hop und Musik allgemein informiert war. Und nicht zuletzt finden sich seine Ideen und Konzepte auf einigen der ikonischsten Album-Covers unserer Zeit. „Long Live Asap“, „Watch The Throne“, „My Beautiful Dark Twisted Fantasy“ und natürlich das radikale Design von „Yeezus“ – überall hatte Virgil seine Finger im Spiel. Was der Öffentlichkeit bisher allerdings nicht bekannt war: Virgil Abloh litt schon seit Jahren an einer seltenen, aggressiven Form von Krebs. Am Freitag, de 26. November, hat der Designer nun seinen persönlichen Kampf gegen die Krankheit verloren – ein Ereignis, das die Musikwelt wie ein Erdbeben erschütterte.
Kurz nach seinem Tod wird der Designer von einem Rapper aus der gemeinsamen Heimat Chicago mit einem Tribute-Song geehrt: Vic Mensa. Bekannt als Protegée von Kanye himself sowie aus dem Umfeld von Chance The Rapper, veröffentlichte Vic Mensa auf Souncloud einen „Posthumous Letter To The Visionary“, wie er auf Instagram über seine musikalische Hommage an Virgil Abloh sagt. Der Song hört auf den Namen „What You Taught Us“ und wurde von Vic selbst produziert. Als Cover dient ein Foto von Vic Mensa und Abloh Seite an Seite. Dieser Schnappschuss lässt nur erahnen, in was für einem Verhältnis die beiden standen. Über einen beseelten Sample-Beat reflektiert Vic Mensa Virgils Schaffen und sein Vermächtnis: „You showed us we could all be designers/ of our own destinies of our legacies, our environments/ from Chicago streets to Paris fashion weeks/Above and beyond the limitations that they placed on us/ That’s what you taught us“. Übrigens, wenn wir eh schon in Chicago sind: Auch Lupe Fiasco hat dem verstorbenen Designer mit „Virgil Forever“, abgekürzt als „V.F.“, einen neuen Song gewidmet.
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