What’s Poppin? Mura Masa macht Dancehall & der britische Travis Scott
Mura Masa feat. Pa Salieu & Skillibeng – blessing me
Der britische Produzent Mura Masa hat seine Karriere zu Beginn der 2010er mit ersten Veröffentlichungen gestartet. Damals war sein Sound für meinen Geschmack noch etwas zu nah an Flume und seinem damaligen Futurebass-Entwurf gelegen. Trotzdem zeigte der junge Musiker hier schon viel Potenzial und emanzipierte sich im Lauf der Zeit immer weiter, zuletzt 2020 mit dem Album „R.Y.C“, das überraschend gitarrenlastig daher kam.
Nun wird es Zeit für eine neue Schaffensphase und diese scheint ganz unter dem Stern der Kollaboration zu stehen. Kürzlich erschien bereits der quirlige Hyperpop-Banger „bbycakes“ mit Lil Uzi Vert, PinkPantheress und Shygirl, nun liegt mit „blessing me“ die nächste Single vor. Gefeatured sind hier der britische Rapper Pa Salieu sowie der jamaikanische Dancehall-Künstler Skillibeng und entsprechend passt Mura Masa auch seine Produktion an. „Blessing me“ kommt mit mysteriösen Dancehall-Beats und jeder Menge Slang von Pa Salieu und Skillibeng, zwischen denen die Chemie hier auf jeden Fall stimmt.
Jeshi – Universal Credit (Album)
Von Mura Masa kommen wir zu einem, für den er schon 2017 produziert hat: Jeshi. Der Rapper aus London mit nigerianischen Wurzeln hat am letzten Freitag sein Debütalbum „Universal Credit“ veröffentlicht, das schon jetzt von der Presse in höchsten Tönen gelobt wird. Ich hatte Jeshi bisher nur durch die 2020 erschienene EP „Bad Taste“ auf dem Schirm – ein ziemlich verkopftes, aber durchweg spannendes Stück Musik.
Seit dem ist einiges passiert, das hört man „Universal Credit“ sofort an. Das Album ist modern und sauber produziert, kühler und metallischer als Jeshis ältere Veröffentlichungen. Geprägt ist der Rapper weniger vom Drill-Zeitgeist, der ihn in Großbritannien überall umgibt, sondern eher vom Grime-Sound der frühen 2000er. Mit entsprechenden Flows rappt er über Gesellschaft und Zeitgeist, aber immer aus der eigenen, persönlichen Perspektive, statt mit erhobenem Zeigefinger. „Universal Credit“ ist auch für Ohren, die sich sonst nur wenig mit britischem Rap beschäftigen, ein sehr zugängliches Album. Als Empfehlung würde ich euch die Single „3210“ mitgeben – für Fans von elektronischer Musik auch gerne im experimentellen Ross from Friends Remix.
Nafe Smallz – Legacy (Album)
Nachdem sie in den vergangenen Jahren ihren eigenen Drill-Sound zunehmend international gemacht hat, schielt die britische Rap-Szene auch immer mehr auf das, was die amerikanischen Nachbarn so treiben. Insbesondere Nafe Smallz hat sich da als so etwas wie der „britische Travis Scott“ hervor getan – was die Musik angeht, nicht die Live-Veranstaltungen, versteht sich. Das hat auch Skepta früh erkannt, der ja sowieso einen guten Riecher dafür hat, welche Newcomer den nächsten Hype generieren könnten, siehe Dave, AJ Tracey und Headie One. So hat er Nafe Smallz schon 2019 auf den Song „Greaze Mode“ geholt, der sein Album „Igonrance is Bliss“, was Streamingzahlen angeht mit weitem Abstand anführt.
Nun hat Nafe Smallz sein neuestes Mixtape veröffentlicht, das auf den selbstbewussten Titel „Legacy“ hört. Zugegeben: Wer bisherige Projekte des Rappers aus dem Londoner Vorort Luton kennt, wird hier wenig neues hören. Trotzdem schafft es Nafe Smallz immer wieder, mit seinem melodischen Trap-Entwurf so etwas wie eine Trance zu erzeugen und uns in seine Welt zu ziehen.
Vory feat. Kanye West – Daylight
Genug UK für heute: Ab nach Kentucky. Von hier stammt der Rapper und Sänger Vory, der sich gerade für die Veröffentlichung seines neuen Albums „Lost Souls“ am kommenden Freitag vorbereitet. Als Appetizer erschien bereits „Do Not Disturb“ mit Nav und Bleu und nun wird Vory mit der neuen Single „Daylight“ die Ehre eines raren Features von Ye aka Kanye West zuteil. Und tatsächlich klingt der Song dank rumpelnder Sample-Grooves und starken Gospel-Einflüssen ein wenig, als wäre er eine Skizze für einen Song auf „Donda“ oder „The Life of Pablo“ gewesen. Auch Yes Performance wirkt zwar emotional potent, aber mehr wie eine erste Demo mit Handy-Mikrofon, als ein finaler Take. Vielleicht macht aber auch genau diese kratzige Klang-Qualität den Zauber des Songs aus, so oder so passen die beiden Künstler hier hervorragend zusammen und erschaffen gemeinsam eine andächtige, spirituelle Stimmung.
Chance the Rapper – A Bar About A Bar
Wir hatten es ja vor einigen Wochen schonmal darüber, dass Chance The Rapper gerade auf einem guten Weg ist, sich seinen Respekt in der Szene zurückzuholen. „Child of God“ war da ein klug gewählter erster Schritt, mit „Wraith“ fand Chance dann sogar mit seinem ehemaligen Crew-Kollegen Vic Mensa zusammen und ließ alte Safe Money-Zeiten wieder aufleben. Als ich dann den Titel von Chance’ neuester Single „A Bar About A Bar“ gelesen habe, dachte ich sofort an Kool Savas’ „Rap über Rap“ oder Ekos zig-tausend Bars. Aber tatsächlich ist der Titel weitaus wörtlicher zu nehmen: „I got a bar about a bar / It’s not a joke, it’s just a bar / A n***a walked into a bar / Took his seat, he liked his liquor hard, his women easy / Legend has it, he was callous like fingers that pick guitars“.
Chance rappt sich also über stolpernde Beats wortwörtlich durch eine Bar. Das klingt erstmal furchtbar trashig, ist aber sehr unterhaltsam und kurzweilig anzuhören. Am Ende des Songs gibt es dann auch noch über engelsgleiche Samples den Teaser für die nächste Single: „The Highs & The Lows“ mit Joey Badass.
Das neue DIFFUS Print-Magazin
Titelstory: SSIO
Außerdem im Heft: Interviews mit badmómzjay, t-low, Magda, Paula Engels, fcukers, Betterov uvm. Außerdem große Reportagen über Kneipenkultur, Queer Rage und Essays!