What’s Poppin? Reichtum sorgt für Zahnschmerzen & Benny rappt für Buffalo
Post Malone – Twelve Carat Toothache (Album)
Seien wir hier mal ehrlich: So richtig gerappt hat Post Malone ja noch nie. Trotzdem wird der Musiker aus Dallas oft dem Hip-Hop-Kosmos zugeordnet und spielt immer wieder mit Elementen aus Trap & Co. Gerade diese Einflüsse sind es allerdings auch, die Posty nun für sein neues Album „Twelve Carat Toothache“ links liegen lässt. Stattdessen versucht er sich hier mehr denn je als Singer-Songwriter und featured sogar die Indie-Ikonen von Fleet Foxes auf dem emotionalen „Love/Hate Letter to Alcohol“.
Trotzdem sind abseits von diesen getrageneren Stücken natürlich auch ein paar beat-lastigere Nummern dabei. Mit „One Right Now“ und The Weeknd, der ja ein Profi in diesen Belangen ist, streut Post Malone ein wenig 80er-Vibe mit ein, mit „When I’m Alone“ schließt er sich der Pop-Punk-Welle an und „I Like You (A Happier Song)“ klingt stark nach Featuregast Doja Cat. Bleibt nur zu hoffen, dass die Zahnschmerzen von den 12 Karat-Grills sich in Grenzen halten – ein Albumtitel, der Moneyboy sicher gefallen würde.
Benny the Butcher – Welcome to the States
Der Aufruhr um das neue Kendrick Album kommt langsam zur Ruhe und jetzt wo der Staub sich legt, offenbaren sich langsam die Favoriten von Fans und Medien. Einer davon ist „Why Cry Together“ – ein schonungslos direktes Portrait einer toxischen Beziehung, verkörpert von Kendrick und Featuregast Taylour Paige. Den finster klimpernden Beat von The Alchemist schnappt sich nun auch East Coast-Rapper Benny the Butcher, allerdings mit einer gänzlich anderen thematischen Absicht. Denn in der vergangenen Wochenenden haben gleich mehrere Fälle von Waffengewalt die Vereinigten Staaten bewegt. Sowohl in Philadelphia, als auch Texas und Buffalo, Bennys Heimat, kam es zwischen Mai und Juni zu Amokläufen mit zahlreichen Toten und Verletzten.
Dies nimmt sich der Rapper aus der Griselda-Crew zum Anlass, um auf Kendricks Beat den gesellschaftskritischen Song „Welcome to the States“ zu veröffentlichen. Natürlich überzeugt Benny the Butcher wie immer mit seinem modernen, technisch-versierten Boom-Bap-Entwurf, aber auch auf inhaltlicher Seite trumpft der Rapper auf: „Welcome to the States, where we dying of our skin color and race / Ideologies formed on hate, now the grocery stores ain’t Safe“. Diese Zeile bezieht sich direkt auf den Vorfall in Buffalo, bei dem ein 18-jähriger in einem Supermarkt zehn Menschen erschoss. Mit dem Song erschien außerdem ein speziell designtes T-Shirt, dessen Erlös direkt in den Buffalo Survivors Fund fließen soll.
070 Shake – You Can’t Kill Me
Vielen als Kanye-Liebling von seinem 2018er Album „Ye“ und den Songs „Ghost town“ und „Violent Crimes“ bekannt, ist die Musikerin und Rapperin inzwischen fest in der Szene verankert. Das letzte Jahr hat sie mit ihrer NLE Choppa-Kollaboration „Lose My Cool“ beschlossen, kürzlich ging es mit dem Synthesizer-Schwergewicht „Skin And Bones“ weiter. Und seit dem vergangenen Freitag gibt es tatsächlich noch mehr Material: „You Can’t Kill Me“, das zweite Album von 070 Shake, ist erschienen. Darüber sagte die Künstlerin kürzlich „Gefühl ist die wichtigste Zutat für meine Musik“ – eine Philosophie, die man „You Can’t Kill Me“ anhört.
Alles dreht sich hier um Atmosphäre. Genres, Instrumente und Songstrukturen zerfließen zu einem einzigen, in sich geschlossenen Kosmos. Als alleinges Feature sticht die Französin Christine and the Queens auf dem psychedelischen Song „Body“ ins Auge und überhaupt wirkt das Projekt deutlich abstrakter als noch das Debütalbum von 2020. Einn Eigenschaft, die 070 Shakes Musik nur im Guten beeinflusst und aus „You Can’t Kill Me“ eine echte Ganzkörper-Erfahrung macht.
Abra Cadabra – Cadabra Freestyle 2
Abra Cadabra ist – ja, richtig, ein Zauberspruch und ja, ebenso richtig, auch ein Pokemon mit Psycho-Kräften. Für uns bei „What’s Poppin?“ besonders relevant ist allerdings ein ganz anderer Abra Cadabra, nämlich der Drill-Rapper und OFB-Gangmember aus London. Seit 2016 sorgt er in der Szene für Wirbel und hat als einer der Ersten den großen Hype um britischen Drill-Sound losgetreten. Dass er hier weiterhin ganz vorne mitspielt, beweist nun sein neuer „Cadabra Freestyle 2“. Grimmig gerappte Zeilen mischt Abra Cadabra mit melodischeren Parts, während er im Video mit einer einschüchternden Truppe im heimischen Tottenham posiert.
Polo G – Distraction
Nur wenige konnten in den vergangenen Jahren solche Zahlen abrufen wie Polo G. Der Rapper aus Chicago hat nach seinem musikalischen Debüt 2018 einen ziemlich kometenhaften Aufstieg hingelegt und schafft es, mit jeder neuen Single Millionen von Fans zu begeistern . So auch mit seinem neuesten Werk „Distraction“, der ersten Single in diesem Jahr. Das Musikvideo dazu betitelt Polo G auf Instagram stolz als „real movie“ und tatsächlich präsentiert er hier zu seinen melodiösen Trap-Flows ein visuelles Schwergewicht. Während der Rapper alle Kritiker:innen lyrisch zurecht weist, sehen wir stets die passenden Bilder, von einem einem Miniatur-Boxkampf bishin zum Geballer auf der Arcade-Maschine.
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