„Woman’s World“: Katy Perry zwischen den Fronten
Katy Perry veröffentlicht heute die erste Single ihres kommenden, sechsten Albums „143“. Liest man sich die Berichterstattungen über Katy Perrys Comeback-Single jedoch durch, klingt es bei so manchen Artikeln im Unterton so, als würde Katy Perry mit „Woman’s World“ ein „Wagnis eingehen“. Ihr letztes Album läge doch mittlerweile schon vier Jahre zurück?! Sie sei doch jetzt Mutter! Und diese ganzen freizügigen Outfits gehören sich doch nicht für jemanden wie sie! Dabei liegt die wirkliche Kontroverse nicht in ihrem Privatleben, sondern im Aufnahmestudio selbst.
Katy bleibt Katy
„Woman’s World“ stellt Katy Perrys bisher lautesten feministischen Aufschrei dar. Die Lyrics und das begleitende Musikvideo des Elektro-Pop-Tracks zelebrieren Femininität, Mutterschaft und Schwesternschaft. Mit diesem Song geht Katy genau diese Diskrepanz für Frauen und Mütter im (Berufs-)Leben an, die sie momentan selbst im Medienrummel um ihr neues Album erfährt.
Die Bewerbung des Albums und der Leadsingle setzte den Fokus klar auf Katy Perry, die selbstbewusste Künstlerin, die auch in Roboter-haften Hosen den Camp-Faktor niemals verliert. Camp, also eine extravagante, teils auch humoristische Präsentation der eigenen Kunst-Persona, ist schon immer eines von Katys Markenzeichen gewesen. Man blicke nur in das Releasejahr ihres „Teenage Dream“-Albums, in dem sogar Snoop Dog sich überreden ließ in Katy Perrys Candyland zu tanzen.
Das, was sich für „Woman’s World“ nun geändert hat, scheint Katys Level an ausgelebtem und offenem Selbstbewusstsein als Frau zu sein. Denn in seinen Bausteinen sind die Lyrics und auch das Musikvideo zu „Woman’s World“ ein typisches Katy Perry-Werk. Alles ist in Sachen Kitschigkeit voll aufgedreht. Von den sexy Outfits von Katy und ihrer Dance-Crew zu den üppigen Sets sprüht das Video mit feministischer Ikonographie nur so über. Und auch bei der Komplexität der Lyrics bleibt sich das 2000er Pop-Sternchen treu: „You better celebrate / ‚Cause, baby, we ain’t goin‘ away (Oh) / It’s a woman’s world and you’re lucky to be livin‘ in it (Uh-huh, uh-huh)“. Sich also am Video und Katys Selbstpräsentation aufzuhängen, sagt über die kritische Stimme wahrscheinlich weitaus mehr aus, als über das kritisierte Subjekt selbst.
Die wirkliche Kontroverse
Wo Kritik durchaus valide und richtig am Platz ist, ist der Fakt, dass Katy und ihr Team mit dem US-amerikanischen Produzenten Łukasz Gottwald aka Dr. Luke für das Album zusammengearbeitet haben. Besonders ihre eigenen Fans legen dabei Einspruch ein. Denn dieser ist in den letzten Jahren vor allem dafür in Verruf geraten, dass er die US-amerikanische Sängerin Kesha sexuell missbraucht, emotional genötigt und am Arbeitsplatz diskriminiert haben soll. Fast zehn Jahre verbrachten die beiden zerstrittenen Parteien im Gerichtsaal, bis sie letztes Jahr auf eine gerichtliche Einigung kamen. Im Gerichtsprozess nannte Kesha Katy sogar auch als Opfer von Dr. Luke. Diese bestritt dies in ihrer Zeugenaussage jedoch.
Es bleibt also ein bitterer Nachgeschmack. Besonders wenn man bedenkt, dass Katy diesen Track auch genau den Frauen widmet, durch die die Musikindustrie immer weiter dominiert wird.

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