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Zartmann: The Original. Das Interview.

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Tagged: Zartmann

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Zartmann veröffentlicht zwar erst seit ein paar Jahren Musik, hat sich aber vor allem im letzten Jahr ein festes Standing in der deutschen Indie- und Pop-Landschaft erarbeitet. Der Berliner Musiker scheint nämlich mit seinem gefühlvollen Mix aus Pop und Hip-Hop und emotional geladenen Texten einen Nerv getroffen zu haben: Ob mit Solo-Singles wie „tau mich auf“ oder „eehhhyyy“ oder Feature wie „Wie du manchmal fehlst“ mit Ski Aggu und „Meinen die uns“ mit Kasi, Aaron und Antonius – Zartmann konnte innerhalb kürzester Zeit Millionen von Streams und zuletzt auch eine Nummer-Eins-Platzierung in den deutschen Single-Charts verzeichnen.

Als wir Zartmann im Frühjahr 2025 an mehreren Tagen auf seiner Tour treffen, um die „The Original“ Doku aufzunehmen, tauchen wir tief ein in die Welt eines Künstlers, der gerade auf einer beeindruckenden Erfolgswelle reitet. Wir sprachen mit ihm über seinen musikalischen Ursprung in der Gitarren-AG, mutige erste Schritte, Rückschläge und Comebacks. Zartmann erzählt, was seine Songs besonders macht, warum Genres ihm egal sind und wie viel Arbeit wirklich hinter seinen Live-Shows steckt. Ein ehrliches Gespräch über Kunst, Anspruch und das Leben im Rampenlicht.

Wir sind in den letzten Tagen eigentlich mitten in den Wahnsinn gesprungen, haben dich bei deinem ausverkauften Berlin-Gig gefilmt, während „tau mich auf“ durch die Charts rauschte und auch „lass es gehen“ mit Max Raabe und „wunderschön“ millionenfach gestreamt wurden. Gerade vor diesem Hintergrund finde ich diese Frage voll spannend: Wie ging das eigentlich los mit dir und der Musik? 

Boah, das muss so zweite Klasse gewesen sein. Gitarren-AG. Da hatte ich das erste Mal eine Gitarre in der Hand und war schockverliebt in dieses Ding, das so schöne Geräusche machte. Ich habe dann auch gleich so ganz simple Songs geschrieben, die nur die A- und die E-Saite brauchten. Da war direkt klar: Das ist irgendwie jetzt mein Ding. 

Wo kam denn dieser Drang her, gleich eigene Lieder zu schreiben? 

Ich würde es gar nicht Drang nennen. Für mich was das irgendwie eine Selbstverständlichkeit. Ich wurde oft sehr spät von der Kita abgeholt, weil meine Eltern viel arbeiten mussten. Ich war dann oft allein, bin rumgelaufen und habe so vor mich hingesungen, wie es mir damit geht. Melodien und Worte miteinander zu verbinden und über meine Gefühle zu singen, lag mir also schon immer nahe. 

Das mit der Öffentlichkeit zu teilen und professionell anzugehen ist dann aber schon ein anderer Move. Was war der Auslöser dafür?  

Ich hatte irgendwann ein komplettes erstes Album auf Englisch geschrieben, über eine Geschichte, die damals passiert ist. Diese Lieder habe ich aber nur meiner damaligen Freundin und meinem Vater vorgespielt, weil ich mich nicht getraut habe, es anderen zu zeigen. Gleichzeitig hatte ich aber schon genau vor Augen, was die Singles sind und wie die Videos dazu aussehen sollen. Das kam mir irgendwann selbst lächerlich vor, und ich habe mir selbst gesagt: „Krieg deinen scheiß Arsch jetzt hoch und mach es!“ Ich habe dann diesen Produzenten, den ich recherchiert hatte, von der Arbeit aus angerufen. Ich habe dem ganz viel hart verdientes Geld bezahlt, um ein paar Songs aufzunehmen, und der hat mich auch so ein bisschen über das Ohr gehauen, wenn man so will. Aber im Endeffekt weiß ich gar nicht, ob ich in der Geschichte als Verlierer rausgegangen bin. Ich hatte die ersten Songs draußen, ein erstes Musikvideo, bei dem 300 Leute auf Play geklickt hatten und konnte stolze 35 Likes zählen. Das war unglaublich für mich. 

Heute sind es ein paar mehr als 35 Likes. Nach deiner ersten Nummer 1 in den Singles-Charts haben dich schon einige „Chartmann“ genannt – wir auch in einer Headline. Sorrynotsorry. Wie findest du diesen Gag? 

Ach, ich finde das eigentlich ganz witzig. Im Endeffekt ist es ja richtig. Aktuell bin ich immer noch Chartmann. Langfristig ist das für meine Karriere sicher ganz gut, auch wenn ich mich jetzt nicht groß über Chartplatzierungen definiere. Deswegen habe ich da nichts gegen. Eigentlich hat sich für mich aber wenig geändert, auch wenn das Drumherum dadurch ein wenig größer geworden ist. Ich fühle mich nicht anders als davor. Ich habe auch nicht das Gefühl, dass ich jetzt mehr wert wäre oder irgendwas anderes.

Was macht für dich eigentlich einen typischen Zartmann-Song aus? 

Ich persönlich habe Songs satt, die eine zu einfache Message haben – die einfach nur simpel eine Sache rüberbringen wollen, und sie direkt ansprechen. Ich mag es eher, Emotionen und Erlebnisse so zu beschreiben, dass man zum Beispiel einfach spürt, es gut um eine Trennung – ohne, dass diese klar benannt ist. Ich mag es, wenn Songs mixed feelings haben: zum Beispiel positiv klingen, aber lyrisch eher die Schattenseiten ausleuchten – oder auch mal umgekehrt. Ich glaube, dieses Spannungsfeld macht einen typischen Zartmann-Song aus. 

Interessant, dass du das so beschreibst und gar nicht von Stilen oder Genres oder musikalischen Zutaten sprichst. 

Ich sage immer, dass ich eigentlich auf Genres scheiße. Weil es mir einfach egal ist, in welchem Genre es stattfindet oder wo Leute es eingruppieren wollen. Ich mache einfach irgendwie das, worauf ich Bock habe. Und welches Genre es am Ende ist, ist mir eigentlich egal. Ich habe das Gefühl, dass es eh nicht mehr so funktioniert, dass man Dinge so klar einordnet. Im Endeffekt mache ich einfach Musik, die mir selber am Herzen liegt. Singe über Dinge oder spreche über Dinge, die mich bewegen. Und gucke, wem es da draußen gefällt oder gefallen könnte.

Du bist gerade auf Tour und die Shows sind wirklich jeden Abend ein ziemlicher Abriss. Fragst du dich manchmal selbst, warum das alles gerade so gut funktioniert und so viele Menschen berührt? 

Ich glaube, es gibt aktuell kaum einen Artist in meinem Alter, der zeitgleich so eine unglaublich traurige Atmosphäre und dann wieder so eine Party-Stimmung schafft. Bei mir gibt’s ganz viel Tanzen, Lachen, Spaß haben – aber auch weinen, traurig sein und seine Emotionen freilassen. Ich glaube, dass es das gerade nicht so häufig in dieser Intensität gibt. Ich gebe eben diese 20% mehr als viele andere. Ich habe mir sehr viele Gedanken gemacht, wie diese Live-Show von vorne bis hinten zu funktionieren hat. Jeder Satz, selbst fast jede Bewegung, wann was passiert und so. Es steckt viel mehr Zeit drin, als man denkt, kostet oftmals sehr viel Freizeit und Privatleben, das alles zu planen und zu proben. Aber das klingt jetzt so, als sei es nur Arbeit. Natürlich wird auch zwischendrin Spaß gehabt und gelacht und Blödsinn gemacht, und es sind immer sehr gute Freunde von mir dabei. 

Weils so gut zum Titel unserer Doku passt: Würdest du also sagen, Zartmann-Shows sind einzigartig? Siehst du dich als Original? 

Ach, ich weiß nicht. Ich glaube, das ist eher etwas, das andere über dich sagen können. Ich kann nur sagen, dass es schon immer mein Anspruch war, mein eigenes Ding zu machen und zum Beispiel nicht einfach zu kopieren, was gerade in Amerika gut läuft. Trends und Hypes haben mich nie so gejuckt, ich habe eher versucht, mein eigenes Ding zu machen oder etwas zu finden, was davor noch nicht in dieser Form existiert hat. 

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Das ist vielleicht ja auch eine gewisse Form von Einzigartigkeit …

… aber ich als Mensch bin genauso ein Idiot wie jeder andere. Also: nicht besser oder besonderer als andere, würde ich sagen.

Wenn du sagst, dass du dir viele Gedanken über deine Live-Shows machst: Wie wichtig ist ihr das richtige Bühnen-Outfit?

Da ist mir einfach wichtig, dass mein Outfit im Idealfall so flasht wie meine Show. Ich habe also nicht mehr die Jeans und den Pulli an, mit dem ich morgens Brötchen geholt habe. Es muss irgendwas sein, das ein wenig auffällt. So dass die Leute sehen: Da hat sich jemand Gedanken gemacht, und da ist alles durchdacht bis ins letzte Outfit-Detail. Abwechslung ist auch wichtig. Ich habe also mehr als ein Styling dabei. 

Momentan stehst du ja ständig auf Bühnen und vor Kameras oder sitzt in Interviews wie diesem. Ist dieses „all eyes on me“ nicht fürchterlich anstrengend? Macht das was mit dir, wenn du eigentlich ständig ready sein, gut aussehen und abliefern musst? 

Klar. Gerade in Phasen wie dieser, habe ich oft den Drang, mir eine Kapuze überzuziehen, mich einzuigeln und mal unbeobachtet durch die Gegend zu schleichen. Es gibt gerade wenige Momente in meinem Leben, wo ich nicht von vielen Leuten gesehen und beobachtet werde. An sich ist es auch okay, es kommt nur auf die Intensität an. An manchen Tagen sitze ich zum Beispiel in einem eigentlich sehr netten DIFFUS-Interview, fühle mich ein wenig verschlafen und denke, vielleicht wäre ich fitter, wenn ich mal eine Weile mein Leben hätte chillen können … und dann denke ich wieder: Was beschwere ich mich eigentlich? Ist doch eigentlich ganz geil, was gerade alles passiert.

Als wir das letzte Mal länger zusammensaßen und für unser Print-Magazin mit dir sprachen, erzähltest du uns, dass es eben eine Zeitlang gar nicht so geil war, was in deiner Karriere passierte oder eben nicht passierte. Ich glaube, wir müssen das hier jetzt nicht wieder episch ausbreiten, aber es war so, dass du ja eine Weile wegen eines Streits mit deinem alten Management keine Songs veröffentlichen durftest. So im Rückblick gesehen: Hilft dir so eine Erfahrung, den Erfolg von heute besser einzuordnen und auch wegzustecken? 

Safe. Ich glaube, dass so eine Scheißzeit unglaublich hilft. Du siehst den Erfolg nicht als selbstverständlich an und es stärkt auch die Arbeitsmoral. Bei mir war es zumindest so. Ich wusste irgendwann: Niemand wird mir Instagram oder TikTok abnehmen – das musste also aus mir herauskommen. Niemand wird mich zwingen, ins Studio zu gehen – das muss ich organisieren, da muss ich im Studio stehen. Niemand wird mich zwingen, Texte zu schreiben – ich muss das wollen. Und dieses Wissen ist das, was mich bis heute trägt und was bis heute die ganze Zeit dafür sorgt, dass ich mache, mache, mache und auch bis ins Detail in ganz vielen Prozessen immer noch mit involviert bin. Was, glaube ich, bei vielen anderen auch nicht so ist. Außerdem ist mir von Anfang an bewusst, dass dieser Höhenflug jederzeit wieder vorbei sein kann. Das darf man ja auch nicht vergessen. In zwei, drei Jahren gibt es einen neuen Zartmann irgendwo, auf den sich die Leute freuen. Und ich freue mich dann, wenn es ein paar Leute gibt, die immer noch Bock haben, meine Songs dann zu hören.

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Was würdest du den jungen Musikerinnen und Musikern, die dir nacheifern wollen, als Rat mit auf den Weg geben? 

Erstmal würde es mich unglaublich freuen, wenn jemand durch mich auf die Idee kommt, auch Musiker:in werden zu wollen. Und dann vielleicht sogar in fünf Jahren erfolgreich wird und mir irgendwann sagt: „Hey, durch dich habe ich damals angefangen, selbst Musik zu machen!“ Das wäre toll. Aber Tipps? Die sind immer schwierig. Der einzige Tipp, den ich geben würde, wäre: Wenn man Musik macht, dann aus der Überzeugung heraus, Musik machen zu wollen. Weil man für die Musik lebt und für die Musik auch stirbt, wenn man so will. Und nicht, weil man Bock hat, berühmt und reich zu sein. Wenn ich kein Geld damit verdienen würde, sähe man mich trotzdem bei irgendwelchen Jazz-Open-Mic-Sessions über die Bühne springen, weil ich den Scheiß einfach liebe. 

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