Album der Woche: Tyler, The Creator – Chromakopia
Heute vor einer Woche erschien „Chromakopia“, das neue Studioalbum von Tyler, The Creator, und zwar entgegen der gängigen Spielregeln der Musikindustrie an einem Montag statt an einem Freitag. Trotz dieser ungewöhnlichen Release-Strategie konnte sich der Rapper aus Los Angeles inzwischen den ersten Platz in den Billboard Charts sowie die erfolgreichste Startwoche seiner Karriere sichern.
Das hat sicherlich viel damit zu tun, dass es Tyler geschafft hat, mit „Chromakopia“, wie auch schon mit „Call Me If You Get Lost“ oder „Igor“, einen definierenden popkulturellen Moment erschaffen. Die Kampagne zum Album, inklusive neuem Alter Ego und aufwändigen Musikvideos in Sepia-Braun, beherrschte tagelang das Internet. Aber beim erfolgreichen Marketing hören die Gemeinsamkeiten nicht auf. Denn wie seine beiden Vorgänger ist „Chromakopia“ in erster Linie vor allem einfach ein sehr gutes Album.
Das Ergebnis von 15 Jahren Musik
Musikalisch ist „Chromakopia“ die logische Schlussfolgerung aus der bisherigen, knapp 15-jährigen Karriere von Tyler, The Creator. Wer die letzten Alben des Musikers mochte, wird sich auch hier inmitten von warmen Soul-Samples, dreamy Synthies und überraschenden Beat-Switches sofort zuhause fühlen. Dabei macht schon der erste Song „St. Chroma“ vor, was für ein Auf und Ab das Publikum hier zu erwarten hat. Das Stück startet mit Sprechchören und einem Marschschritt, der dann von Daniel Caesars Engelsstimme und schließlich einer kreischenden Synthie-Passage abgelöst wird.
„Noid“ schwankt zwischen einem Sample der zambischen Psychedelic Rock-Band Ngozu Family und zuckersüßem Neosoul. Seine Palette spielt Tyler gekonnt aus, auf den soften Sing-Sang von „Judge Judy“ folgt der stampfige Bounce von „Sticky“ mit geballter Allstar-Power dank Glorilla, Sexyy Red und Lil Wayne.
Die Wahrheit hinter der Maske
Aber auch wenn die musikalischen Farben von „Chromakopia“ so bunt und divers schillern, ist es vor allem die inhaltliche Ebene, die Tyler diesmal am Herzen zu liegen scheint. „Das ist das erste Album, auf dem alles was ich sage, wahr ist. Es ist so ehrlich, dass ich eine Maske über meinem eigenen Gesicht tragen musste, um manches davon loszuwerden.“, so beschreibt Tyler das Album bei einem kürzlichen Konzert zum Release.
Und es stimmt: zum ersten Mal versteckt sich der Musiker nicht überspitzten Charakteren, sondern stellt sich selbst der schonungslosen Realität des Erwachsen- und Älterwerdens. „Die Leute um mich herum werden älter, haben Kinder und Familien und alles was ich habe, ist ein neuer Ferrari. Und das fühlt sich ein bisschen seltsam an. Ich nehme zu, ich bekomme graue Haare auf meiner Brust, das Leben lebt vor sich hin.“ Erzählt wird dieses Hadern nicht nur durch seine eigene Musik, sondern auch durch kurze Skits seiner Mutter Bonita Smith.
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