And So I Watch You From Afar im Interview: „Unsere Musik ist wie eine blanke Leinwand“
Was ist den meisten Leuten bei Musik wohl am wichtigsten? Eine einprägsame Melodie? Tanzbare Rhythmen? Oder ist es doch der Text, der im Gedächtnis hängenbleibt und mit der Erinnerung an einzelne Zeilen auch Jahre später noch einmal dazu einlädt, alte Platten hervorzukramen? And So I Watch You From Afar verzichten auf letzteres. Seit 2005 prägen die vier Jungs aus Belfast mit ihren explosiven Gitarrenriffs und komplett instrumentalen Arrangements die Postrock-Szene. Johnny Adger spielt Bass, Chris Wee sitzt am Schlagzeug, Niall Kennedy und Rory Friers agieren an der Gitarre – die Frage, warum es keinen Sänger in der Band gibt, ist meist die erste in Interviews. „Als es mit der Band losging, waren wir nur vier Jungs, die in einem Proberaum mit ihren Instrumenten experimentiert haben. Schon damals haben wir dauernd irgendwelche Instrumentalbands gehört. Ich glaube, die gezielte Entscheidung gegen Gesang ist so nie gefallen. Wenn ein Song mit Vocals besser ist, benutzen wir auch welche.“
And So I Watch You from Afar – The Endless Shimmering
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Aufgewachsen in den kleinen Vororten der nordirischen Hauptstadt Belfast, hat das Quartett inzwischen den Sprung über den Ärmelkanal geschafft. Mit ihrem aktuellen Album „The Endless Shimmering“ touren ASIWYFA quer durch Europa über Australien bis nach Japan. Auf den vielen Gigs zeigen sich die Vor- und Nachteile ihrer Musik ohne Lyrics.„Es ist schwerer, das Publikum zu erreichen, da es keine Songtexte gibt, die den Leuten sagen, was sie zu fühlen haben. Also müssen wir sie nur durch unsere Musik auf eine Reise mitnehmen“, erzählt Chris Wee. „Das kann aber auch von Vorteil sein, da jeder die Musik so interpretieren kann wie er will und wie er sich fühlt. Wir haben von Fans schon die unterschiedlichsten Interpretationen unserer Songs gehört“. Rory Friers ergänzt: *„Als Instrumentalisten haben wir auf unseren Konzerten auch keine Sprachbarriere. Man merkt schon, dass die Leute von Land zu Land unterschiedlich auf unsere Songs reagieren, aber die Musik ist immer die gemeinsame Linie, die alle verbindet.“* Inhalte via Text transportieren also unmöglich. Einen tieferen Sinn absprechen kann man den vielschichtigen Musikstücken deswegen nicht – sie funktionieren einfach anders, als es die meisten Tracks tun. „Wir hatten nie die eine Message, die wir transportieren wollen. Unsere Musik ist wie eine weiße Leinwand, auf die Menschen projizieren können, was sie in diesem Moment fühlen. Die schönste Form von Kunst ist immer die, in der man sich wiedererkennt. Natürlich bedeutet uns unsere Musik auch selbst etwas, aber wir wollen die Leute nicht mit dem Löffel füttern“.
#VALUE!
Experimental Rock, Progressive Rock, aber auch Math Rock lautet ein Genrebegriff, der häufig mit And So I Watch You From Afar assoziiert wird. Das veranschaulicht ganz treffend die Struktur, nach der ihre Songs aufgebaut sind. Komplex verschachtelte Gitarrenläufe auf waghalsigen Drumpatterns weit fernab des 4/4-Takts; sperrige, dissonante Harmonien und unvorhersehbare Rhythmuswechsel – die Band verlangt ihren Zuhörern einiges ab. Nahezu unmöglich herauszufinden, wie man sich zu dieser Musik standesgemäß bewegen soll. Das bloße Zuschauen ist aber auch schon eindrucksvoll genug: Ein ASIWYFA-Gig hat immer etwas Martialisches, wenn ein Song nach langem Aufbau schließlich zum Höhepunkt findet und die Musiker ihre Instrumente inmitten von grellen Neonröhren herumreißen wie das Steuer eines Schlachtschiffs.
And So I Watch You From Afar – „A Slow Unfolding Of Wings“
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„Die Shows sind anstrengend. Unser Anspruch ist immer, alles auf der Bühne zu geben. Wo wir aufwuchsen, waren Liveshows immer das größte Event des Monats oder Jahres. Du hattest vielleicht eine Scheißwoche auf der Arbeit oder privaten Stress, aber dann bist du plötzlich auf einem Fleck mit vielen anderen, die eine Sache genauso fühlen wie du. Und wenn dann der Act noch alles gibt, das Publikum das auch erwidert, entsteht eine Wechselwirkung, die viel stärker ist als nur eine Band, die irgendwo Musik macht“, erklärt Rory Friers das Selbstverständnis der Gruppe. 90er-Hardcore- und Grungebands wie At The Drive-In oder Fugazi, die ASIWYFA inspiriert haben, wirken in den Shows hör- und sichtbar nach. Für die Antwort auf die Frage, ob irische Musik länderübergreifend gerade an Einfluss gewinnt, lassen sich die Jungs am längsten Zeit. „Wir haben uns ja schon immer in einer ganz bestimmten Nische bewegt, die immer mal wieder gewachsen ist und dann wieder schrumpfte“, beginnt Chris vorsichtig. „Aber es stimmt schon, dass es aktuell einige Iren gibt, die weltweit Bekanntheit erlangen. Rejjie Snow ist ein gutes Beispiel. Der macht sein Ding und verstellt sich nicht, sondern hält die Fahne für das Land hoch, aus dem er kommt“.Das stärkt das Bewusstsein gegenüber dem oft unterschätzten und durch Klischees vorbelasteten Inselstaat. „Ich finde das schon interessant, wie die Sicht der Leute von außerhalb auf irische Musik ist. Wir sind vielleicht ein bisschen zu sperrig, um da global Einfluss drauf zu nehmen. Aber Irland war schon immer voll von kreativen Menschen und das fühlt sich grade lebendiger denn je an“.
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