„bis einer weint“ von Bibiza: Hedonismus vs. Weltschmerz
„bis einer weint“, so der Titel des neuen Albums des Wiener Lebemanns Bibiza. Doch Gründe zum Weinen liefert der Hedonist auf der Platte wenige – vielmehr scheint der Fokus wie bereits auf dem Vorgänger „Wiener Schickeria“ auf Party, Exzess und dem Leben im Moment zu liegen.
Songs wie „Discoschnupfen“, „check in / check out“ oder die beiden ersten Singleauskopplungen „aufnimmawiederschaun“ und “Donau“ setzen genau dort an, wo „Wiener Schickeria“ aufgehört hat. Sie erzählen von ausgelassenen, Koks-verschwommenen Clubnächten und werfen sich ironisch überspitzt mit allem, was sie haben in den nächsten Rausch, nur um dem eigenen Weltschmerz zu entkommen.
Bibiza setzt auf seinen Signature-Sound
Soundtechnisch bleibt „bis einer weint“ durchtränkt von glitzernden Synthesizern und funky Grooves. Der einstige Rap-Background scheint nur noch stellenweise durch und wird mit Indie-Rock und schillerndem Pop verbunden. So entsteht der ganz eigene Bibiza-Sound, der erstmals auf „Wiener Schickeria“ überraschte – und auf „bis einer weint“ mit Freuden erneut begrüßt wird.
Wie bei seinem Vorgänger setzt der neue Prinz von Wien auf eine Albumlänge von über 20 Songs – und wie in der „Wiener Schickeria“ zeichnen diese ein hedonistisches, berauschtes Bild des Lebens in der österreichischen Hauptstadt. Stellenweise fragt man sich auf „bis einer weint“, ob sich der Hedonismus als Patentrezept so langsam auserzählt hat – vor allem in Zeiten wie diesen.
Ein kleiner Blick hinter die Fassade
Doch dann kommen Songs wie „Luxusparese“, „Der Mann mit der Glatze“ oder „Nicht schon wieder!“ und Bibiza lässt einen raren Blick hinter die Fassade zu. Wo der eigene Hang zum Eskapismus hinterfragt wird, und Gesellschaftskritik durscheint. „Europa, du hast eh keine Probleme / Mach deine Grenzen dicht und streichel‘ deine Seele / ist leicht zu lachen mit dem Gold in der Kehle“, so unter anderem die ironischen Zeilen von „Luxusparese“. Und dann wäre da noch der feministisch anmutende Track „Tanzen“, den der Österreicher nutzt, um „notgeilen Schimpansen“, die im Club nur darauf warten, die nächste Frau anzumachen, auf die Finger zu hauen.
Das alles ändert nichts an dem lebensbejahenden Grundvibe von „bis einer weint“, setzt aber wichtige Akzente – die prunkvollen Pfeiler der Wiener Schickeria scheinen nämlich langsam ins Wackeln zu kommen.
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