Endlich in echt: So war’s bei Pashanim und Symba in Berlin
Pashanim und Symba sind Unikate in der hiesigen Raplandschaft. Sie lassen sich zweifelsohne in den schwammigen Begriff der „New Wave“ einordnen, der gerne jedem neuen Deutschrap-Newcomer aufgedrückt wird. Aber da ist so ein gewisser X-Faktor, der die beiden Playboysmafia-Mitglieder von ihren Zeitgenossen abhebt. Pashanim und Symba verzichten auf fett produzierte Musikvideos und halten alles in ihrem Freundeskreis. Auf ihren Social Media-Kanälen sind sie wenig aktiv und wenn sie sich mal zeigen, dann per iPhone-Schnappschuss bei ganz alltäglichen Dingen, statt im großen Promo-Zirkus mitzuspielen.
Trotz oder gerade wegen dieser mysteriösen Abstinenz schlägt die Musik von Pashanim und Symba voll ein: Songs wie „Shababs Botten“, „Angels Sippen“ oder „Airwaves“ treffen den Nerv einer ganzen Generation und bringen den beiden Streamingzahlen in dreistelliger Millionenhöhe ein.
Heimspiel für Pashanim und Symba in der Berliner Columbiahalle
Für alle Fans und Neugierigen war es am vergangenen Samstag endlich so weit: In der Berliner Columbiahalle konnte man die Playboysmafia bei ihrem ersten richtigen Auftritt sehen. Heimspiel für die beiden Newcomer-Sensationen, die ihren Rap-Sound immer wieder am Mehringdamm verorten, der nur wenige Gehminuten von der Columbiahalle beginnt.
Entsprechend sind die Tickets schon nach der Ankündigung und ohne viel Werbung restlos ausverkauft – bei der Ankunft erwartet uns eine lange Schlange. Ganz Berlin scheint den Auftritt mit großer Spannung zu erwarten. Unausgesprochen hängt eine Frage in der Luft: Wer sind diese Typen eigentlich wirklich, die gerade alles neu und anders machen und dabei so mysteriös und ungreifbar scheinen?
AbuGlitsch heizt ein
Die Antwort lässt vorerst auf sich warten. Einen ersten Vorgeschmack gibt es durch das DJ-Set von AbuGlitsch, ein bekanntes Gesicht aus dem Playboysmafia-Umfeld, das man immer wieder in den jeweiligen Musikvideos und Instagram-Livestreams der Rapper sieht. Er heizt der feierwütigen Menge ein und spätestens ab „Wokeuplikethis*“ ist der Mob am toben, als stünde Playboi Carti himself auf der Bühne. Von dem Gemisch aus kleineren und größeren Hits aus dem deutschen und amerikanischen Hip Hop-Untergrund stechen immer wieder Überraschungen heraus, aber auch der UK-Garage-Bounce von TikTok-Sensation PinkPantheress wird gut angenommen.
Parallel dazu füllt sich die Halle weiter, und immer wieder trifft man auf Besucher:innen im angebotenen Merch: Schwarze T-Shirts, geziert mit einer Grafik von Pasha und Symba im Stil eines Bling-Era-Mixtapes, ganz stilecht inklusive halbherziger Fotomontage und Diamanten-Schriftzug.
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♬ original sound – David Carouso
Pashanim und Symba betreten stilecht die Bühne
Der Opener kommt dann schließlich unerwartet: Als ersten Song performt Pashanim „Abiball“, eine minimalistisch Trap-Bombe aus Soundcloud-Tagen, die es bis heute nicht auf den offiziellen Streaming-Plattformen gibt. Beim hungrigen Publikum schlägt der Song trotzdem ein, unter rhythmischen Rufen federt man zum Katze-läuft-über-Klavier-Type-Beat. Die Playboysmafia wird in Empfang genommen.
Kurz darauf zieht Symba nach: Seine Performance von „PS2“, einem der Songs, die ihm 2019 den Durchbruch verschafft hatten, wird wärmstens begrüßt. Sein Outfit könnte auch vom jungen Soulja Boy stammen: Die Canada Goose-Daunenjacke glänzt im warmen Scheinwerferlicht, auf dem Kopf ein Beanie, unten rum Jogginghose. Danach folgt mit „Sensei“ ein melancholischer Auszug der diesjährigen EP. Für einen ersten Auftritt und dann auch noch in der ausverkauften Columbiahalle, gibt sich Symba recht souverän: Die Stimme kommt zwar eher dünn über die Lautsprecher, aber das macht er mit expressiven Tanzmoves à la „Schwan in Angriffshaltung“ wett.
In Staffellauf-Manier geht es dann wieder zurück zu Pasha. Er trumpft mit seiner neuesten Veröffentlichung auf, dem „paris freestyle“. Mit seinen harten, direkten Flows klingt das von Kodak Black geborgte „Skrilla“-Instrumental, das inzwischen immerhin respektable sechs Jahre auf dem Buckel hat, kein bisschen angestaubt. Mutig, mit einem Song, der knapp eine Woche draußen ist und keine Hook vorweist, in ein solches Set zu starten. Aber die Meute vor der Bühne hat Bock, und ist textsicher von Anfang bis Ende: „Trink ein’n Çay bei mein‘ Friseur und ich trag‘ Polo Ralph Lauren/ Fühl’ mich wie 2008 oder auch 2010“. Pashanims Stimme ist tiefer und monotoner als die von Symba und hat spürbar mehr Präsenz, dafür spart er sich jegliche Moves oder Publikumsinteraktion. Man ergänzt sich eben!
All Killer, No Filler
Allgemein fehlt es ein wenig an Struktur und Ansagen, ein Umstand, der wohl der Ausnahmesituation eines Live-Debüts (!) vor 3.500 Zuschauer:innen (!) geschuldet ist. Zwischen den Songs gibt es kaum Moderation oder das übliche Anekdoten-Geplänkel. Einzig „Airwaves“, der Hit des Abends, wird von Pashanim mit einem emotionalen Kommentar eingeleitet: „Berlin, wir sind gerade 800 Meter von meinem Kinderzimmer… ich kann es nicht fassen!“ Wohlwollender Jubel aus dem Publikum, gefolgt von den nostalgischen Sample-Sounds und Stickles Produzenten-Tag.
Auch Trap-Banger wie „Blockparty“, „Shababs Botten“ oder „Homicides“, bei dem Feature-Gast Chapo102 sogar live auf der Bühne erscheint, werden ohne großes Brimborium eingeleitet. Das tut der Stimmung keinen Abbruch, trotzdem hat es den Anschein, als hätte sich die Crowd nur allzu bereitwillig zu noch mehr Eskalation animieren lassen. Aber der Moshpit tobt. Immer wieder drängen vorwiegend männliche Besucher ins Herz der Menge oder stolpern oberkörperfrei und mit nass geschwitztem Mittelscheitel zurück in den entspannt wippenden Randbereich.
Die Playboysmafia braucht ein Feature
Eingebettet zwischen den großen Hits und Fan-Favoriten finden sich immer wieder EP-Schnipsel der beiden, wie Symbas „Woodtalk“ oder der „Istanbul freestyle“ von Pashanim. Hier flacht die Stimmung etwas ab. Bei „Wm2006“ fällt Symbas Mikrofon für die Dauer des gesamten Songs aus und hinterlässt ratloses Gemurmel im Publikum. Aber immer wieder schaffen es die beiden, mit einer gut gemischten Setlist die Kurve zu kriegen. Das von Kev Koko und Bauernfeind produzierte Techno-Brett „Pushe Packs“ scheppert voll rein und bei Symbas „Mario Run“ singt die Menge selig mit.
Obwohl die Sets der beiden Rapper eng verzahnt sind und man sich alle paar Songs abwechselt, interagieren Symba und Pashanim erstaunlich wenig miteinander. Während der eine rappt, hält sich der andere jeweils eher im Hintergrund. Hier wird einem auch bewusst, dass in der Diskografie der beiden ein Crossover noch völlig fehlt. Zwar wird die gemeinsame Playboysmafia immer wieder in Songs erwähnt, aber ein richtiges Feature, das man hätte gemeinsam performen können, gibt es nicht. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Und dieser Samstag in der Columbiahalle ist nur der erste von vielen Auftritten, die den beiden Newcomern in ihrer Karriere noch bevorstehen.
Endlich in echt
An diesem Abend sind Pashanim und Symba endlich echte Menschen geworden. Endlich greifbar, endlich hautnah. Das oft besungene Saka-Wasser wird flaschenweise in die Crowd geworfen, Playboysmafia-Videograf RB wird zum Backup-Rapper und irgendwann greift sich Symba das Handy eines Fans und filmt einen kurzen Clip. Während der Zugabe versammelt sich der halbe Backstage, einschließlich Szene-Prominenz wie Yung Hurn, unter einer Flagge mit Berliner Wappen auf der Bühne. Die großen Hits werden ein zweites oder teilweise drittes Mal an diesem Abend gezockt, denn die Menge will genau das.
Nach einer zweiten Zugabe ist schließlich Schicht im Schacht. Nur ein Scheinwerfer bleibt auf einer Straßenlaterne und einem zugetaggten Mülleimer in typischem Berlin-Orange hängen. Beides stand die ganze Zeit relativ unbeachtet als Bühnenbild da. Aber vielleicht ist das auch ein gutes Sinnbild für diesen Abriss-Abend. Ein bisschen chaotisch, ein paar kleine Macken hier und da, aber nichts, was nicht beim nächsten Mal besser laufen würde. Echter Berliner Straßen-Flavour. Ein paar Jungs, die gar nicht so weit weg von hier aufgewachsen sind und sich von Soundcloud in die Columbiahalle gespielt haben. Und wenn dieser Auftritt eines ist, dann der endgültige Ritterschlag: Pashanim und Symba sind kein reines Internet-Phänomen sondern in der Rapszene angekommen. Und sie werden bleiben. In einer vollen Columbiahalle vor textsicheren Fans.
 
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