Gott ist eine Frau! Das wissen nicht nur Ariana, Mia und Kesha
Gott und Musik – zwei Themen, die seit Menschengedenken immer wieder zueinanderfinden. Allerdings schon lange nicht mehr nur in Kirchenliedern oder in der Klassik, sondern auch in der Popkultur. Aber warum auch nicht? Letztlich nehmen die Weltreligionen einen wichtigen Platz in unserem Leben ein – ob man nun einer angehört oder nicht. Auch wenn in Deutschland seit fast 20 Jahren die Zahl der Kirchenaustitte eher in die Höhe geht, scheint die Idee einer Gottheit viele zu beschäftigen. Anlass dieses Textes ist aber eine andere Beobachtung: In vielen Songs von spannenden Künstlerinnen taucht Gott als feministisches Statement auf.
Wenn ich mir einige Songs, Filme oder Kunstwerke der letzten Monate oder sogar Jahre so ansehe, dann ist da ein Zitat sehr präsent in meinem Kopf: „God is a woman!“ Heißt das, Gott ist vielleicht doch eine Frau? Oder wünsche ich mir das nur? Dürfen wir uns darüber überhaupt den Kopf zerbrechen – als Christin, als Moslem, als Jüdin oder als Atheist?
Ich werde hier jetzt natürlich nicht, die Frage „Gibt es überhaupt einen Gott oder nicht?“ beantworten oder ausdiskutieren – das sollte jede und jeder mit sich selbst ausmachen. Jeder Mensch darf und sollte glauben dürfen, was er möchte – und damit Schluss. Doch zu sehen, wie Künstler:innen – egal ob im Bereich Musik, Malerei oder Film – im Laufe der Jahre immer wieder die These „God is a woman!“ aufgreifen, ist nicht nur für mich faszinierend.
„God is a Woman“ und könnte Ariana heißen
Eines der bekanntesten Beispiele in der Popmusik der letzten Jahre ist vermutlich Ariana Grandes Song „God is a woman“. 2018 veröffentlicht sie ihn als zweite Single ihres vierten Studioalbums „Sweetener“ und etabliert sich damit als ernst zu nehmende Popmusikerin – mit einer Message. Für Ariana hagelt es positive Kritik und besonders im Vergleich zu vorherigen Veröffentlichungen wird ihre reife und aufgeklärte, feministische Art des Songwritings hervorgehoben. Doch nicht nur im Songtitel nimmt sie einen Geschlechtertausch vor.
Im Musikvideo zu „God is a Woman“ gibt es ein legendäres, von Madonna höchst persönlich eingesprochenes Bibelzitat aus Ezekiel 25:17:
„And I will strike down upon thee with great vengeance and furious anger those who attempt to poison and destroy my sisters. And you will know my name is the Lord when I lay my vengeance upon you.“
In der Originalversion, die auch schon in einer berühmten Szene des Filmklassikers „Pulp Fiction“ verwendet wurde, heißt es statt „sisters“ eigentlich „brothers“.
Alanis Morrisette ist Gott!
Aber zurück zum eigentlichen Thema, denn Ariana Grande ist mit ihrer Annahme nicht allein. Bereits in den 90er-Jahren setzt sich Regisseur Kevin Smith in seinem Film „Dogma“ unter anderem mit dem Geschlecht Gottes auseinander und – Achtung, Spoiler – kommt ganz am Ende zu dem Schluss: Gott ist eine Frau – verkörpert von Alanis Morrisette! Man muss also keine Feministin sein, um zu sehen, dass unsere gemeingültige Vorstellung von Gott männlich geprägt ist. Und es vielleicht spannend wäre, das zu überdenken.
Männliches Ego-Gewichse
Erst kürzlich wagten auch die drei Bandmitglieder von Ok Kid diesen Versuch. „Es regnet Hirn“ heißt ihre Single, in der ganz klar eine Frau entscheidet, die Bevölkerung mit ein bisschen mehr Grips zu versorgen. „Der Herr ist eine Frau, es regnet Hirn“, heißt es in den Lyrics, die einer deutlichen Einstellung der Band zugrunde liegen. Im Interview erzählte uns Ok Kid Sänger Jonas: „Ich glaube das viele Krisen, die wir gerade haben, nicht so passieren würden, wenn Frauen an der Macht gewesen wären. Ich denke, dass sehr viele Dinge, die passieren einfach männliches Ego-Gewichse sind.“ Amen!
Eine Auffassung, die so vermutlich auch Mia Morgan vertreten würde. Die Singer-Songwriterin zeigt sich ohnehin auf Instagram und TikTok als selbstermächtigte Frau und steht offen für Body Positivity und ein gesundes Maß an Selflove. Es war also fast nur eine Frage der Zeit, bis sie im Januar 2022 mit einer Zeile aus ihrer Single „Segen“ auch einen Beitrag zur „God is a Woman“-Bewegung beisteuerte: „Gott ist eine Frau und sie ist viele“.
Styletechnisch eine 10/10
Für den Fall, dass wir uns, obwohl es zumindest laut dem zweiten Buch Mose aus der Bibel nicht erlaubt ist, doch mal ein Bild von unserem neu entdeckten weiblichen Gott machen wollen, dann müssen wir in Zukunft übrigens nur noch Disarstar und Jugglerz um Hilfe bitten. In ihrer kürzlich veröffentlichten Single „Lya“ gab es da nämlich eine erste Prognose, die im Gegensatz zu bisherigen Statements aber weniger feministischer Natur ist: „God is a woman in crop top and Nikes“. Und sollten die beiden mal keine Zeit haben, dann wissen wir ja, wer uns vielleicht zu „Frau Gott“ (nebenbei auch der Album- und Songtitel der Hamburger Band Trixsi) durchstellen kann. Wie Kesha einige Jahre nach dem Release des Megahits „TikTok“ nämlich in ihrer Single „Rich, White, Straight Men“ mit der Zeile „God is a woman, I know her“ verlauten ließ, sind die beiden sich nicht unbekannt.
Das Bild eines weiblichen Gottes, einer Göttin, einer Schöpferin oder wie auch immer man das jetzt bezeichnet, ist also gar nicht mal so neu. Seit Jahren und Jahrzehnten beschäftigen sich Werke der Popkultur mit einem inklusiveren Gottesbild. Ein „wahr“ und ein „falsch“ wird es hier wohl nie geben, doch ich muss sagen, die Vorstellung „God is a Woman“ gefällt mir schon irgendwie.
Weitere spannende Songs zu Thema „Gott ist eine Frau“:
Halsey – „I am not a woman, I’m a god“
Tommy Genesis – „a woman is a god“
Miya Folick – „God Is a Woman“
Pussy Riot, Dave Sitek – „Bad Girls„
IAMDDB – „Silver Lines“
 
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