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Hack the Music Industry: 10 Tipps für Künstler:innen von den Profis bei recordJet

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Werbung: Dieser Beitrag ist in Kooperation mit recordJet entstanden.

Die Sache mit dem fetten Majordeal wird immer noch gerne in aktuellen Rapsongs glorifiziert. Obwohl man ja eigentlich weiß: So fett sind die oft gar nicht, wenn man nicht eh schon zu den Big Playern gehört. Gleichzeitig sieht man aber auch zahlreiche Karrieren, die ganz ohne großes Label in Schwung gekommen sind. Der 2008 vom Musikproduzenten Jorin Zschiesche gegründete Musikvertrieb recordJet war für einige dieser Karrieren ein wichtiger Baustein. Ufo361 veröffentlichte zum Beispiel seine Mixtapes „Ich bin 1 Berliner“ und „Ich bin 2 Berliner“ via recordJet. Und auch Alice Mertons größter, früher Hit „No Roots“ startete im recordJet in Richtung Charts. Von allen Majors abgewiesen, releasten Alice und ihr Manager und Kumpel Paul dort und sorgten damit sicher für schlechte Laune bei Universal, Sony und Warner, als „No Roots“ auf Platz 2 in Deutschland, in Österreich auf Platz 3, in der Schweiz auf Platz 12 und in Frankreich sogar auf Platz 1 der Singlecharts landete. Aktuell arbeiten zum Beispiel Künstler:innen wie Babyjoy, Yassin und Bilderbuch mit recordJet.

Aber was genau macht recordJet eigentlich? Im Grunde handelt es sich um einen  digitalen Musikvertrieb, der es Künstler:innen ermöglicht, ihre Songs auf allen relevanten digitalen Plattformen zu veröffentlichen. Dabei behalten sie all ihre Rechte und streichen damit auch bis zu 100 Prozent der Erlöse ein. Als Künstler:in kann man bei recordJet unterschiedliche Bezahlmodelle buchen. Neben der digitalen Distribution gibt es zum Beispiel auch die Möglichkeit CDs und Vinylpressungen in Auftrag zu geben, diverse Beratungsangebote wahrzunehmen oder sich die eigenen Profile bei Spotify & Co. optimieren zu lassen. Für diesen Text haben wir das Kernteam von recordJet gebeten, uns zu verraten, was sie jungen Künstler:innen auf jeden Fall mit auf den Weg geben würden. 

1. Stay free! (Jorin Zschiesche, Gründer recordJet, Musikproduzent, Gründer Filter Music Group)

Das ist quasi unser Leitgedanke. Es ist wichtig zu wissen, welche Rolle digitale Distributoren wie wir spielen. Sie garantieren die Online-Verfügbarkeit und liefern deine Musik an alle relevanten Stores und Plattformen wie Spotify, Apple Music, Amazon Music, Instagram und Co. So kannst du deine Musik sehr schnell über eingespielte Wege dem Publikum zugänglich machen. Und du hast einen entscheidenden Vorteil: Die Rechte und Einnahmen bleiben bis zu 100 Prozent bei dir – es gibt keine Gebundenheit an Vertragslaufzeiten.   

Jorin Zschiesche, Gründer recordJet, Musikproduzent, Gründer Filter Music Group

2. Der fette Vorschuss sollte nicht das Traumziel sein (Jorin Zschiesche)

Schon Apache 207 rappte in „Fame“: „An der Spitze ist es einsam / Sie zahl’n den Benz von ihrem Vorschuss / Ich zahl‘ den Benz von meinen Einnahm’n.“ Der Mann weiß anscheinend, wie man Geld verdient. Der große Major-Plattenvertrag mit riesigem Vorschuss ist für viele noch immer ein Traumziel. Und natürlich gibt’s heutzutage großes Geld von diesen Labels nur, wenn sie großes Potential in dir sehen. Zunächst bringt das sogar Vorteile: Du bekommst sehr früh finanzielle Unterstützung, kriegst ein erfahrenes Team mit großem Know-How, das an deinem Erfolg beteiligt ist und sich deshalb ins Zeug legt. Aber: Dieser große Vorschuss muss zurückbezahlt werden, und das auch noch mit Zinsen – es handelt sich also um Schulden bzw. einen Kredit. Die Labels sichern sich außerdem große Teile deiner Rechte, um das Geld wieder reinzuspielen und wollen mehr Kontrolle über den kreativen Prozess, um deine Musik marktgerechter machen zu können. Der Großteil der Prozente landet also beim Label und nicht bei dir. Langfristig betrachtet ist so ein 20/80-Deal mit Vorschuss zwar ein “guter” Major Deal,  allerdings oft die schlechtere Wahl. Bei einem Vorschuss von beispielsweise 100.000 Euro müsste man als Künstler:in 500.000 Euro erwirtschaften, um die vertraglichen Pflichten zu erfüllen. Ein Artist verdient also erst die festgelegten 20 Prozent der verkauften Musik, wenn alle Kosten und Vorauszahlungen an das Label zurückgezahlt wurden. Solltest du an diesem Punkt deiner Karriere sein, besorg dir auf jeden Fall neben einem guten Steuerberater, der die Musikwelt kennt, auch einen guten Anwalt.

3. Überlege gut, wann es ein Management braucht – und wer es macht (Eleni Zafiriadou, Musikerin bei Sea + Air, Head of Streaming bei recordJet, Keychange-Mentorin)

Die Entscheidung, in welchem Stadium der Karriere es ein Management braucht, ist sehr individuell. In Bandkonstellationen gibt es oft Leute, die diesen Part übernehmen können, während dann andere zum Beispiel beim Booking helfen. So kann man sich anfangs die Prozente sparen, die man an ein Management abdrücken muss. Wenn du dich nur auf das Künstlerische fokussieren möchtest und dir Management-Tätigkeiten an sich lästig sind, dann gilt: je früher man abgeben kann, desto besser. Management-Aufgaben sind Zeitfresser. Der finanzielle Aufwand kann sich also lohnen, auch wenn man ihn auf den ersten Blick evtl. anzweifelt. Aber: Zeit ist Geld – und Kreativität!

Eleni Zafiriadou, Musikerin bei Sea + Air, Head of Streaming bei recordJet, Keychange-Mentorin

4. Klingt unsexy, aber: Sieh dich selbst ein wenig als Marke (Julia Szymik, Marketing und Social Media bei recordJet)

Täglich werden rund 120.000 neue Songs veröffentlicht, deshalb braucht es mehr als einen guten Song, um aus der Masse herauszustechen. Es ist wichtig, deine Alleinstellungsmerkmale zu highlighten und eine Art Personal Branding zu betreiben. Das kann man mit besonders herausstechenden Looks erreichen, aber auch mit inhaltlichen Positionen, für die du stehst. Verstellen solltest du dich dabei allerdings nicht: Stay true to yourself! Das kommt bei deinen Fans am besten an. Hilfreich ist es auch, wenn du dich innerhalb deiner Szene und deines künstlerischen Umfelds vernetzt – sei es mit Fotograf:innen, Illustrator:innen, Designer:innen, Videokünstler:innen oder auch anderen Musiker:innen. Kooperationen funktionieren für beide Seiten, weil sich hier zwei Personal Brands verbinden. 

5. Finde in Sachen Social Media die Balance zwischen zielorientierter Promo und eigenem Storytelling (Julia Szymik)

Die Interaktion mit deinen Follower:innen sollte dir stets wichtig sein. Im Idealfall ermöglicht dein Content einen Blick hinter die Kulissen, aber durch clevere Instagram- und TikTok-Formate kannst du sie auch in Maßen aktiv teilhaben lassen an deinem Weg. Zum Beispiel mit Tools wie Umfragen zu neuen Song-Releases oder zu Videoproduktionen. Aktuell erfolgreiche TikTok-Promostrategien nehmen die User:innen oft schon früh mit auf die Reise zu einem Song: Sie machen die Entwicklung des Tracks mit – von der Idee, dem Erlebten, das die Idee auslöst, über den ersten Sketch des Tracks bis hin zur VÖ. Solche Geschichten trenden immer mehr und gelten als gelungenes, modernes Storytelling, das zugleich natürlich einen massiven Promo-Effekt hat. 

Julia Szymik, Marketing und Social Media bei recordJet

6. Vermeide den Social Media Overkill (Julia Szymik)

Zum Glück ist das Thema Mental Health in unserer Branche inzwischen sehr präsent. Künstler:in in Zeiten von Social Media zu sein, ist ein schwieriger Balance-Akt: Einerseits sollst du aktiv sein, andererseits darfst du dich dem Performance-Druck nicht bedingungslos aussetzen. Es ist wie ein Duell zwischen Algorithmus und Mental Load. Eine Balance findest du mit Hilfe von festen Produktionszeiten und dem Vorplanen von Content. Wie du dabei mehr Ausgeglichenheit erreichen kannst: Klar definierte Pausen, Off-Zeiten und ein Team, das dir zur Seite steht, sind essenziell. Außerdem gilt: Rechtzeitig Hilfe holen, wenn du merkst, dass es kippt, und auch gegenüber den eigenen Fans authentisch und transparent über diese Herausforderung kommunizieren.

7. Unterschätze niemals die heilende Kraft von Vitamin B (Eleni Zafiriadou)

Gut vernetzt zu sein ist das A und O, um dich langfristig zu etablieren. Ohne geht es heutzutage einfach nicht mehr. Connecte dich mit anderen Künstler:innen und tausche dich, wenn das Vertrauen besteht, auch über Branchenherausforderungen mit ihnen aus. Musikveranstaltungen für Künstler:innen und Branchen-Events der Musikindustrie bieten ebenfalls gute Möglichkeiten zum Vernetzen und Weiterbilden. Beim Reeperbahn Festival gibt es zum Beispiel sehr gute Mentor:innen-Programme. Auch das Tagungsformat Future Music Camp ist empfehlenswert. Grundsätzlich gilt: Sei ein Teil der Szene, die du mit deiner Musik erreichen willst. Besuche die wichtigen Festivals (als Rapper natürlich das Splash, als Electro- oder Indie-Künstler:in das Melt) und versuche auch bei den undergroundigen Events am Start zu sein. 

8. Habe einen langen Atem beim Playlist-Pitching! (Eleni Zafiriadou)

Große Playlisten haben in den vergangenen Jahren massiv an Bedeutung und Reichweite gewonnen. Deshalb gilt: Pitche deine Single so schnell wie möglich an Spotify – dabei solltest du mindestens zwei Wochen Vorlauf zum Release einplanen. Mache dabei genaue Angaben, damit die Kurator:innen einordnen können, zu welcher Playlist der Song passt. Das Zauberwort heißt hier „Metadaten“: Angaben zum/zur Komponist:in, das Genre, Subgenre, die Stimmung und die Sprache sowie andere erforderliche Informationen wie beispielsweise die Personen, die am Songtext beteiligt waren. Bei Spotify for Artists (das Tool, mit dem du als Künstler:in dein Spotify-Künstler:innen Profil anpassen und die Hörer:innen hinter den Streams analysieren kannst) ergänzt du dann die Pitching-Informationen wie zum Beispiel den Releasetext eines Songs. Das ist kleinteilige Arbeit – die sich aber in der Regel auszahlt. 

9. Nutze deine Bubble! (Matthias Schnarr, Head of First Class bei recordJet, Gründer des Indie-Labels NewDEF, im HipHop-Genre als DJ Access bekannt)

Setze auf Features / Collabs und nutze Synergien mit anderen Artists – das gilt im Real Life ebenso wie für Social Media. Gerade jüngere Artists können hier gut connecten und gemeinsame Synergien aufbauen. Ob Produzent:innen, Sänger:innen, Musiker:innen – über SoMe vernetzt du dich super schnell und kannst Leute finden, die zu deinem Stil passen und mit denen du dich gemeinsam weiterentwickeln kannst. Trau dich dabei ruhig mal: Slide in die DMs von Künstler:innen, die du feierst – angefangen bei realistischen Zielen. Hier lohnt es sich, auf andere Newcomer:innen mit ähnlicher Größe und Reichweite zu setzen. Gleiches gilt für lokale Events und Konzerte: Ein:e kleine:r Künstler:in aus deiner Stadt spielt in einer Bar? Biete deine Hilfe an, ob vor Ort, Promo oder sonstiges – eine Hand wäscht die andere heißt es doch immer. Wenn ihr einen Track zusammen macht, gebt euch beide als Main Artist und nicht als Feature an wenn möglich – so kombiniert ihr eure Reichweiten.

Matthias Schnarr, Head of First Class bei recordJet, Gründer des Indie-Labels NewDEF, im HipHop-Genre als DJ Access bekannt

10. Keine Angst vor KI in der Musik (Jörg Peters, Head of Marketing bei recordJet, vorher Head of Streaming bei Universal)

Gerade wenn man noch kein großes Team um sich herum hat und vieles selber erledigen muss, können KI-Tools einen bei unterschiedlichen Dingen im Alltag unterstützen. Natürlich sind die KI-Tools noch nicht so weit, dass sie gute Musikjournalist:innen ersetzen können, aber man kann mit ihnen zumindest einen ersten Entwurf eines Textes machen für Presse, Artistbios oder EPKs. So kommt man schneller zu einem Ergebnis. Dabei solltest du die Recherchearbeit nicht von einer KI machen lassen – Text strukturieren und Ansätze von Storytelling klappen allerdings ganz gut. Auch im Social Media Bereich kann KI helfen. Bitte die KI deiner Wahl z.B. um folgendes: „Gebe mir 10 Themen, zu denen ich Posts oder Videos als Musiker:in erstellen könnte.  Meine Interessen sind Nachhaltigkeit und Gleichberechtigung“ Oder: „Schreibe mir ein Skript für einen Post oder ein Video zum Thema X.“ Die Ergebnisse mögen nicht perfekt sein, aber sie könnten dich bei der Contentproduktion inspirieren und unterstützten. KI kann dir auch beim Songwriting helfen: Einerseits bei Harmonien für Melodie etc., andererseits beim Texten – hier gilt es, Prompts zu testen und zu üben. Der erste Versuch wird nicht gleich klappen, aber das Tool kann ein Anfang sein und gerade bei z.B. Schreibblockaden wieder Bewegung in den Prozess bringen.

Jörg Peters, Head of Marketing bei recordJet, vorher Head of Streaming bei Universal

Wenn ihr mehr über die Arbeit und das Angebot von recordJet erfahren wollt, findet ihr alle wichtigen Infos auf https://www.recordjet.com/

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