Kriegserklärungen und Trauermärsche: Die besten neuen Metal-Releases
Hæresis – Si Vis Pacem Para Bellum
Hæresis treiben im deutschen Untergrund nun schon seit knapp zehn Jahren ihr Unwesen, viel hat sich in dieser Zeit getan, doch nun gibt es endlich das erste Album der Berliner:innen. „Si Vis Pacem Para Bellum“ offenbart sich schon im Titel als schmerzliches Zeichen unserer Gegenwart: „Wenn du Frieden willst, bereite dich auf den Krieg vor.“ Auch Heaven Shall Burn haben diesen Ausspruch auf ihrem aktuellen Album bemüht, und die Message ist klar: Jetzt ist die Zeit, in der aktiver Widerstand zur Pflicht wird.
Hæresis verarbeiten das Hin- und Hergerissensein zwischen Frustration, Resignation und kämpferischem Aufbäumen in vier atmosphärischen Klageliedern, die sie spätestens jetzt zu einer festen Größe in der Post-Black-Metal-Szene machen dürften. Besonders der Opener „Echoes Of Ashes“
über die imperialistische Aggression Russlands gegen die Ukraine mit Gastperformances der ukrainischen Musikerinnen Yaryna Borynets und Natalya Androsova sorgt dafür, dass man zwischen aller Heaviness das ein oder andere Tränchen wegdrücken muss.
Terzij de Horde – Our Breath Is Not Ours Alone
Und weil das Erstarken des kapitalistischen Faschismus so ein schönes Thema ist, gibt es dazu gleich noch ein neues Album von Terzij de Horde, einer Band aus den weirderen Ecken der an experimentellen Bands nicht armen niederländischen Black-Metal-Szene. Mit seiner rasanten Mischung aus Post-Black-Metal und Screamo ist „Our Breath Is Not Ours Alone“ überraschend zugänglich (gemessen an Szene-Kolleg:innen wie Laster) und mit seiner unmittelbaren Energie genau der Arschtritt, den man braucht, wenn man denkt, dass das doch eh alles nichts mehr bringt.
sunn O))) – Eternity’s Pillars b/w Raise The Chalice & Reverential
Um ihr neues Signing beim ikonischen Label Sub Pop zu feiern, haben sunn O))) eine neue EP veröffentlicht. Drei Tracks, knapp 30 Minuten (die man allein dazu braucht, den Titel des Releases aufzusagen), Drone ohne Ende. Was soll man dazu sagen? sunn o))) machen hier – reduziert auf das Kernduo Stephen O’Malley und Greg Anderson – verlässlich genau das, was sie schon immer gemacht haben und für immer weiter machen werden: Monolithen aus Sound. Die Welt wird untergehen und ihre transzendenten Riffs werden auch danach noch stoisch durch den Ether wabern. Beruhigende Vorstellung, irgendwie.
Wolvennest – Procession
Jedes Wolvennest-Album ist ein Trip – düster, ritualistisch, psychedelisch. Der Okkult-Doom-Rock der Belgier:innen wurde für ihr neues Doppelalbum auf 1:15 Stunde ausgedehnt, was in kurzlebigen Zeiten wie diesen vermessen wirkt, aber absolut Sinn ergibt, wenn man sich erst einmal in die Tiefen von „Procession“ herab begibt. Die Gitarrenwände, das gespenstisch flirrende Theremin und der beschwörende Gesang von Shazzula eröffnen zusammen neue spirituelle Sphären für diesen Trauermarsch, den „Soundtrack zu unserer Auslöschung“, wie die Band selbst sagt.
Perturbator – Age Of Aquarius
Die Zeit, in der Synthwave/Darksynth der große Hype in der Metal-Szene war, ist schon ein paar Jahre vorbei – umso überraschender, dass die Szenegröße Perturbator immer noch so erfolgreich ist. Hört man sich sein sechstes Album an, weiß man aber auch irgendwie, warum. „Age Of Aquarius“ ist diese Art von nostalgischem Cyberpunk-Soundtrack, die gleichermaßen dystopisch und eskapistisch ist. Latent schwingen hier Themen wie gesellschaftliche Konflikte und der Weltuntergang mit, aber wenn der Beat erstmal hittet, ist eh alles egal. Tanzend in den Abgrund.
Hier gehts zur Hard in Here Playlist:
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