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MC Smook im Interview zu seinem Album „Paläste aus Scherben“: „Ich habe im Laufe der Jahre mindestens über 1.000 Songs aufgenommen“

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MC SMOOK – PALÄSTE AUS SCHERBEN

https://youtu.be/Ah-vYHDxU-Y

Mein sechster Aluhut-Sinn verrät mir, dass du demnächst zu Kanye nach Uganda fliegst und Musik aufnimmst, weil auf „Paläste aus Scherben“ rein zufällig acht Songs zu finden sind, genau wie bei Teyana Taylor. Stimmt, Teyana Taylor hatte acht Songs, der Rest der Kanye Alben allesamt nur sieben. Teyana hat aber von allen auch das beste Album abgeliefert, deswegen 8 Fakt! Illuminati-Spaß beiseite, die Grenzen zwischen Mixtape, Alben und Ep’s sind mittlerweile immer fließender. Warum ist „Paläste aus Scherben“ für dich ein Album, obwohl es „nur“ acht Anspielstationen hat? „Paläste aus Scherben“ hat halt diesen berühmt berüchtigten Roten Faden, es ist sehr stringent. Natürlich kann auch eine EP stringent sein, aber ich finde man sollte diese Begrifflichkeiten ruhig mal zur Seite legen. Im Endeffekt ist es ein Stück Musik. Ich habe vor zwei Jahren eine Platte gemacht, „Deutschland schafft sich ab“, die hatte sieben Songs und war auch sehr verkopft, hatte viele Stories drinnen, viele Beatswitches und kürzere Songs. Das ist eigentlich auch genau die Art wie ich Musik höre. So sehr ich auch Drake liebe, ich kann mir „Scorpion“ nicht geben auf Dauer. Natürlich kann man sich das einteilen, aber ich finde so ein Stück Musik sollte man durchhören können und das war mein Ziel für dieses Album. Album klingt für mich auch ernst zunehmender als Mixtape. Verstehe! Du hast ja auch schon extrem viele Projekte rausgebracht. Auf Instagram hast du vor einiger Zeit mal einige deiner frühesten Projekte vorgestellt und gezeigt wie #DIY-mäßig das alles bei dir angefangen hat. Hast du ungefähr im Kopf wieviele Projekte du schon rausgebracht hast? Ich mache ja Musik seit ich Kind bin, natürlich war ich früher unfassbar viel neben dem Takt, war noch nichtmal im Stimmbruch, aber es waren trotzdem Alben die ich gemacht und auf dem Schulhof verkauft habe. Das war vor YouTube und MySpace, da war der Grind noch wirklich real! Wir kommen da schon auf eine Anzahl von locker 50 CDs, dann kam irgendwann MySpace. Also 80 Projekte sind das auf jeden Fall mittlerweile, vielleicht kratze ich auch schon an den 100. Ich habe auf jeden Fall schon mehr als 1.000 Songs aufgenommen. Das ist natürlich eine ausgelutschte Frage, aber gerade bei dir bietet sie sich trotzdem an: Woher ziehst du denn immer wieder neue Inspirationen? Ich hab bestimmt einen metergroßen Stapel an geschriebenen Texten zu Hause, aber mittlerweile schreibe ich kaum noch. Die Sachen entstehen eher so durch „Stream of Consciousness“ Freestyles. Auf dem jetzigen Album sind vielleicht drei geschriebene Strophen, vor allem auf dem letzten Song „L’s“, wo es ein bisschen persönlicher wird. In den letzten zwei Jahren habe ich schon eine große Themenvielfalt gehabt, auch im politischen Bereich. Auf einem Tape vor drei Jahren gibt es einen Song namens „Babypinguine gegen die Eisbärisierung der Antarktis“. Keine Ahnung wie das entstanden ist, aber ich schau mir generell eigentlich alles an, was im Deutschrap passiert und sehe so viel Uninspiriertes. Wenn dann schon wieder ein Song namens „AMG“ die Spotify-Listen beherrscht, denk ich mir: „Es gibt so unglaublich viele talentierte Künstler, die sind aber oftmals einfach uninspiriert und langweilig“. Da weiß ich vorher schon was auf dem Album passiert. Meine Inspiration ist es, eher die unerwarteten Dinge zu machen und zu überraschen. Bei „Teflon Don Freestyle“ gibt es diese eine AfD/LFE Flaggen Line, was hat es denn damit auf sich? Ich am Montag bei TV Strassensound, da werde ich das genau erläutern. Vor drei Jahren habe ich ein Video mit Live From Earth gemacht, das ist dann auch bei denen auf dem Channel gelandet. Das war natürlich nicht Yung Hurn Level erfolgreich, aber hatte schon ordentliche Klicks. Dann war diesen Sommer im Urlaub und bekomme ein paar Nachrichten nach dem Motto: „Hey wo ist denn das „Kaba zum Barbecue“-Video hin?“. Das war dann plötzlich von deren Kanal gelöscht. Die Hauptbegründung war, dass ich mit meinem Deutschland-Trikot auf Patriot/Nationalist machen und die könnten das nicht supporten. Die haben halt die Punchline und den Humor dahinter nicht verstanden, obwohl das eigentlich sehr kluge Köpfe sind. Ich habe mich natürlich für die Trikot-Promo an der typischen AfD-Terminologie bedient, aber vollkommen überspitzt und eindeutig satirisch. Im Endeffekt ging mein AfD-Trolling so weit, dass das Ganze sogar für mich negative Auswirkungen hatte.

MC SMOOK – ALBERNER ALMAN

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Stichwort „Trolling“, du bist ja bekennender Troll und hast vor Kurzem den Verschwörungstheorie-Kanal „Trau keinem Promi“ mehr oder weniger bloßgestellt. Was ist dein Fazit zu der ganzen Affäre? Was das Trolling angeht sehe ich mich da schon eher als Unikat. Wenn ich jemanden trolle, dann ist da viel unterschwellige Substanz/Kritik dahinter. Die „Trau keinem Promi“ Geschichte sehe ich als gelungene Satire, jemanden auf seinem eigenen Kanal reinzulegen und für ein paar Stunden zum Buhmann für sein eigenes Publikum zu machen. Dadurch wurde auch veranschaulicht, dass er wirklich jeden Nonsens glaubt, ohne etwas zu hinterfragen. Da schwingt auch ein bisschen Gesellschaftskritik mit. Natürlich passiert das auf Kosten von einer Person, aber bei uns kollidieren halt einfach die Weltansichten. Die Kontroverse wurde ja dank deines Songs „Suicide“ losgetreten. So wie er geschrieben ist hätte es mich auch nicht gewundert, wenn da ein ordentlicher Shitstorm entstanden wäre. Unaufmerksame Hörer könnten den Song fälschlicherweise als Suizid-Glorifizierung verstehen. Klar, wenn ein 14-Jähriger das hört, kann er das ja nicht sofort checken. Das verstehe ich auf jeden Fall, das ist ein hartes Risiko als ich diesen Song gemacht hab. Der Song ist auch nicht sofort mit der Suizid-Idee entstanden, sondern wiedermal durch Gesumme á la: „Ich hör den Himmel, Himmel/Ich hör den Himmel, Himmel“. Dann kam noch irgendwie das „Wir machen Suicide“ dazu und da dachte ich mir schon, dass ich das eigentlich nicht bringen kann. Ich bin dann aber doch dabei geblieben und hab in den Parts noch mal so deutlich übertrieben, dass es eigentlich jeder verstehen sollte. Ich parodiere da ja ein bisschen das Emo-Dasein, das momentan wieder Einzug in den Rap findet. Mich stört dieser Trend, kleinen Kindern dieses Lebensgefühl zu verkaufen. Natürlich respektiere ich jeden, der zu kämpfen hat und verstehe natürlich auch, wenn man den Song missinterpretiert. YouTube hat mir tatsächlich eine Nachricht geschrieben und gesagt, dass meine Community sich um mich Sorgt. Sogar mit Seelsorger-Hotline Nummer! „Teflon Don Freestyle“ dreht sich auch um die Blackball-Thematik, inwieweit spürst du diese Ablehnung innerhalb der Szene? Die Szene ist relativ klein, sehr vieles läuft über das typische „Wer kennt wen“. Ich mach mich da eigentlich locker und frage viele Leute einfach an wenn ich eine gute Zusammenarbeit sehe, ist ja nichts weiter dabei. Leider merke ich immer öfter, dass Leute Angst davor haben, dass ich sie trolle oder ihre Plattform missbrauche. Das klingt jetzt vielleicht auch stark nach Verschwörungstheorie, aber ich habe das Gefühl, dass sich kaum einer wirklich etwas gönnen möchte. Das ist irgendwo ja auch die Thematik, die Fler immer wieder aufwirft. Ja voll! Bei mir ist das immer so ein bisschen: „Dieser verrückte Kasper, wir können den nicht wirklich einschätzen und lassen da lieber die Finger von“. Auf Twitter bin ich ja auch öfters mal ziemlich fieß und mache mich über sehr viele Dinge im deutschen Rap lustig. Es werden Feminismus-Debatten in der Szene geführt, aber wer wird von allen Medien gepusht und dominiert am Ende die Charts und die Playlisten? Dieser ganze Scheiß der den Sexismus nur noch verstärkt. Ich erwarte auch nicht, dass die Leute plötzlich sagen: „Hey jetzt müssen wir DICH ganz nach oben pushen“, aber ich hoffe einfach, dass bald eine Wendung stattfindet und dieser misogyne Afrotrap und so weiter von ein bisschen mehr Substanz in den Texten abgelöst wird. Ich finde man wäre da bei mir an der richtigen Adresse und das muss man den Menschen natürlich nahelegen. Ist ja auch Hip-Hop, da kann man schonmal die breite Brust zeigen und sagen: „Ich finde meine Mucke einfach sehr gut!“. Ich bin jedenfalls sehr zufrieden wie es momentan für mich läuft.

MC SMOOK – SUICIDE

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Jetzt kommen wir zum wichtigsten Thema für mich, Manuellsen. Du bist offensichtlich großer Fan. Trotzdem scheint im Song „Manuellsen“ Kritik an seinen medialen Auftritten mitzuschwingen. Kannst du die Kunst einer Person von seinem Handeln außerhalb der Kunst trennen? Ein gutes Beispiel sind 6ix9ine oder XXXTentacion. Da gibt es extrem bedenkliche Kontroversen, aber trotzdem ertappt man sich wie man die Musik pumpt, weil man an der Musik über kurz oder lang einfach nicht vorbeikommt. Es ist schwierig. In Amerika geht das noch eher, da sind gefühlt sowieso alle G’s die schon jemanden auf dem Gewissen haben, da habe ich nicht so den Bezug dazu. Aber in Deutschland ist es mir oftmals schon wichtig, dass ich die Person, der ich gerade zuhöre, auch irgendwie mag oder zumindest ernstnehmen kann. Manuellsen hat schon immer diese aggressive Haltung gehabt, von 0 auf 180 bekommt man ihn ja schneller als jeden Ferrari. Er hat diese Mentalität allerdings oft gut eingesetzt, vor allem wenn ihm Rassismus widerfahren ist. Dieses Thema hat er schon lauthals angesprochen, da hat es im Deutschrap noch niemanden gejuckt. Ich finde er bräuchte so eine Bühne wie #wirsindmehr. Andererseits gibt’s halt auch diese Sachen mit der Machete usw. auf hiphop.de und Konsorten, das sollte man eigentlich als Medium unterbinden. Der Bushido-Beef hat ihn natürlich auch zurückgebracht, so funktioniert halt das Game. Abgesehen davon muss man einfach sagen, dass er einfach einer der besten Sänger ist, den dieses Land je hatte. Auch seine Delivery ist unvergleichbar in Deutschland. Er ist auf jeden Fall mein Lieblingsrapper. Wenn man sich den Allgood-Podcast mit ihm und Jan Wehn anhört, dann merkt man auch, dass der auch ganz anders in Interviews kann. Wenn wir gerade bei den großen Lorbeeren sind, wer war denn für die abwechslungsreichen Beats auf der Platte zuständig? Die Beats wurden von Fay Guevara, Lorenz & Urbach, Nnty, MJK, Antro und Robdrummer. Die meisten sind Freunde mit denen ich oft zusammenarbeite, die Beats für „Teflon Don Freestyle“ und „Manuellsen“ habe ich online erworben. Du grindest ja trotz allem noch richtig online! Absolut. Ich bekomme ja auch sehr viel geschickt, da ist halt viel Einheitsbrei-Trap dabei. Das ballert natürlich auch, aber mein künstlerischer Anspruch liegt einfach ein bisschen wo anders mittlerweile. Ich schreibe mir ja auch ein bisschen auf die Fahne, dass ich das Trap-Ding in Deutschland zumindest ein bisschen etabliert habe. Inzwischen ist dieser Sound halt der neue Schlager, einfach zum Mitgrölen. Auf Konzerten feier’ ich das ja auch und find’s geil. Aber auf Dauer ist mir das ein bisschen zu Stumpf. Mein künstlerischer Anspruch heißt einfach Vielfalt. Vielen Dank für das Interview und deine Zeit, möchtest du noch etwas loswerden? Ja! Kauft euch alle mein Album, es muss auf Platz eins bei Amazon. Das ist ganz, ganz wichtig! Ich muss „Palmen aus Plastik 2“ überholen und einfach mal ein Zeichen setzen. Mein Album ist aktuell nur noch auf Platz 20, das kann doch nicht sein. Ich fühle mich fast so betrogen wie Nicki Minaj, die Rants über die Industrie werden kommen (lacht).

Hört hier „Paläste aus Scherben“ von MC Smook:

Mc Smook – Paläste aus Scherben

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