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Neue Deutsche Welle ist zurück! Diese 10 Künstler:innen sollte man kennen

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Ist es schon die Neue Neue Deutsche Welle oder noch die Neue Deutsche Welle? Viele sehr junge Musiker:innen und Bands sorgen gerade wieder dafür, dass die kühle Eleganz und stilvolle Kälte der New Wave aufregend bleiben. Wir stellen 10 der spannendsten Acts vor – u. a. Edwin Rosen, Gwen Dolyn und Temmis.

Es gibt nix Schlimmeres als eingestaubte Musikfans, die bei jeder neuen, referenzfreudigen Band überheblich seufzen: „Das gab’s in meiner Jugend doch schon mal!“ Oder im Falle der Musikrichtung, in die wir heute eintauchen wollen: „Besser als The Cure und DAF ist eh keiner!“ Die Qualität dieser Überbands sei hier natürlich unbestritten, aber trotzdem ist es gerade wahnsinnig spannend, was die jungen Acts dieser Liste aus 80er-Referenzen, New-Wave-Verehrung und eigenem Spin da anrühren. Die Popmusik lebt nun mal davon, dass Bekanntes aufgegriffen und neu interpretiert wird, und New Wave scheint gerade wieder hoch im Kurs zu sein.

Was vor einigen Jahren Künstler wie Drangsal oder etwas später Mia Morgan begonnen haben, führen nun zum Beispiel Edwin Rosen, Temmis oder Gwen Dolyn fort. Erstgenannter ist sogar bekennender DAF- und Grauzone-Fan und erzählte in einem seiner ersten Interviews begeistert, dass eine Zeile aus Grauzones „Marmelade und Himbeereis“ auf seinem Lieblings-Skateboard stehe. Temmis wiederum sehen auf dem grobkörnigen Foto ihres Spotify-Profils aus, als hätten sie sich mit DAF in den frühen 80ern den Proberaum geteilt. Und die fantastische Gwen Dolyn verortet sich irgendwo zwischen New Wave und Post-Punk und hat sicher auch den ein oder anderen Malaria!- oder Ideal-Song in der Playlist. Damit wären wir dann auch bei einem Knackpunkt, den wir noch kurz ansprechen müssen: Diese New New New Wave ist bisher noch ein wenig jungslastig geraten, aber es ist ja noch früh genug das zu ändern …

Edwin Rosen

Seit dem Release seines ersten Songs „leichter//kälter“ sind inzwischen gut zwei Jahre vergangen – eine turbulente Zeit, in der Edwin Rosen nicht nur die Anzahl seiner Fans um ein Vielfaches vergrößern konnte, sondern sich auch Veröffentlichung um Veröffentlichung immer mehr die Essenz seines Schaffens herauskristallisierte. Seine Sounds, inspiriert von Bands wie Joy Division oder Die Selektion, finden sich irgendwo zwischen Synth-Pop, New Wave und Post-Punk wieder und eröffnen dem Newcomer deutschlandweit eine ganz besondere musikalische Nische.

Edwin entschied sich erst vor knapp zwei Jahren dazu, auch auf Deutsch zu texten und die Gitarre gegen Drum-Computer und Synthesizer einzutauschen. So entsteht „leichter//kälter“ als erster Song auf Deutsch, den der Stuttgarter ohne weitere Umschweife im Netz hochlädt. Dass sich einmal so ein Hype um den Song und ihn selbst entwickeln könnte, damit habe er nicht gerechnet. Inzwischen kann Edwin Rosen auch auf seine erste EP „mitleerenhänden“ und erste Festival-Auftritte zurückschauen. Wir sagen ihm in jedem Fall eine große Zukunft voraus und sind jetzt schon mehr als gespannt auf ein Debüt-Album.

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Flawless Issues

Einer, der sich seit einigen Monaten genauso seinen Platz in dieser New New New Wave Bubble gesichert hat, ist Flawless Issues – ebenfalls aus Stuttgart. Der Newcomer ist zwar solo unterwegs, doch unbekannt ist er in seinem Umfeld schon längst nicht mehr. Seit einiger Zeit steht er mit Musik-Kollege und Landsmann Edwin Rosen bei dessen Live Auftritten auf der Bühne und sorgt für die nötige instrumentale Unterstützung.

Insgesamt vier Singles hat Flawless Issues mittlerweile veröffentlicht – Tendenz steigend, denn neue Musik soll bald folgen. Ein Glück! Songs wie „Alone Tonight“ und „Into Your Eyes“ (den wir euch übrigens auch als Einsteiger empfehlen) balancieren perfekt zwischen tanzbarem, schnelllebigem New Wave und verträumten Synth-Pop. Fan-Liebling (zumindest laut der Streamingzahlen) ist aber der Song „Good Vibrations“. Witzig, wenn man bedenkt, dass es sich hierbei um ein nahezu unhörbar verfälschtes Cover des Songs „Good Vibrations“ von The Beach Boys handelt – in der Hyperwave-Version von Flawless Issues definitiv auch sehr überzeugend.

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Temmis

Seit sie zuletzt den HiFi Klubben #amplified-Bandcontest für sich entschieden haben, stehen die Newcomer von Temmis in unserer Redaktion hoch im Kurs. Im Zuge dieses Wettbewerbs haben die vier Musiker aus der schwäbischen Universitätsstadt Tübingen überhaupt erst ihre Debüt-EP produziert und damit gezeigt, dass sie das Zeug haben, im aktuellen New Wave-Revival ganz vorne mit dabei zu sein. „Wenn du da bist“ umfasst drei Songs, die ein überraschend großes Spektrum an musikalischen Einflüssen aufmachen. Am auffälligsten ist dabei wohl die ungewohnte Fusion aus Band-Sound und technoiden Elementen. Vor allem der Titelsong mit seinen stampfenden Beats und unterkühlten Synths hat es uns angetan, aber auch das anklagende Mantra „Du hast dich verändert, du hast Bilder auf der Haut“ aus „Sommer vorbei“ hat es in sich. Temmis verkörpern die Magie einer Band, die noch nicht zu hundert Prozent weiß, was sie macht – und genau das macht sie so spannend. 

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Steintor Herrenchor

Ein Bild von einem blau-grauen Himmel und einer Straßenlaterne mit drei von vier leuchtenden Glühbirnen gemeinsam mit der simpel gehaltenen Bio „Hannover / Germany“ sind alles, was das Spotify-Profil der Gruppe Steintor Herrenchor hergibt. Obwohl – neben dem geringen Angebot an Informationen zur Band selbst sind da ja noch die fantastischen Post-Punk-Songs wie „Luisa“ oder „wohin“, mit denen sich das Trio bereits in unsere Indie Bubble Playlist und Herzen gespielt hat.

Auch wenn die Vermutung nahe liegt, so steckt hinter dem Namen Steintor Herrenchor kein riesiger männlich besetzter Chor, sondern ausschließlich drei Jungs aus Hannover – Namen bisher unbekannt. Und nicht nur über die Mitglieder selbst wissen wir noch sehr wenig: Auch in den sozialen Netzwerken halten sich die drei eher im Hintergrund, sodass Schnappschüsse aus dem Probenraum nahezu die einzigen Indizien sind, die das Instagram-Profil über die Kombo hergeben. Doch die Zeichen für Steintor Herrenchor stehen gut, denn nach der langen Releasepause die zwischen „Luisa“ und „wohin“ im Jahr 2021, haben die Jungs 2022 mit „Postkarten“ relativ schnell nachgelegt – vielleicht ein gutes Omen in Hinblick auf eine ganze EP?

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Leuchtstoff

Wieder einer dieser Bandnamen, die sehr poetisch sein können, aber beim ersten Googlen eher zum Online-Shop von OBI als zur Website dieser noch sehr frischen Newcomerband führen. Nur ein Demo, veröffentlicht über den Service DistroKid, haben sie bisher auf den gängigen Streaming-Plattformen, aber „Einfach Sein“ qualifiziert sie schon jetzt für diese Liste. „Der Nachtbus ist grad weg, ich hab ne halbe Stunde Zeit / Manchmal ist es schön, einfach nur zu sein.“  So simpel und schön kann Popmusik manchmal sein, vor allem wenn einem die Synths und der Bass dabei so kalt ums Herz wehen, wie der Nachtwind, wenn man in Ostberlin um 3 Uhr 45 auf den N62 wartet. Obwohl die Band schon knapp 36.000 Hörer:innen bei Spotify hat, weiß man so gut wie gar nix über sie, außer dass der Song von Hans Zacharzowsky geschrieben wurde, von dem man im Internet diverse Spuren zu Berliner Bands findet …

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Gwen Dolyn

Die Worte “Grunge, Punk and crazy high emotions” zieren die Spotify-Biografie der Post-Punk-Band Gwen Dolyn und die Toyboys, und spätestens deren neue Debüt-EP „Komm schon!“ beweist: Gefühlstechnisch ist drinnen, was draufsteht. „Komm schon!“ scheint hierbei nicht nur der Name des Werks zu sein, sondern auch das Motto, mit dem die Darmstädterin durchs Leben geht.

Vier Songs sind auf „Komm schon!“ vertreten und somit vier unterschiedliche Facetten, welche die Sängerin von sich zeigt und ihre Musik damit irgendwo zwischen Mia Morgan („Dr Murkes“), Blond („Hände, getrocknet“) und der sich gerade formierenden „Neuen Neuen Deutschen Welle“ („Why Not“) platziert. Mit sehr viel Post-Punk-Einflüssen und noch mehr Leidenschaft schmettert Gwen Dolyn ihre Ansichten, Emotionen und Überzeugungen auf der EP hinaus in die Welt – und dass ohne Rücksicht auf Verluste. Genau so muss Post-Punk sein.

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nand

Ein richtiges New Wave-Zentrum scheint sich bei all den Acts auf dieser Liste bisher nicht heraus zu kristallisieren. Egal ob aus Hannover, Stuttgart oder Darmstadt – von überall aus Deutschland spült es uns musikalische 80er-Jahre-Referenzen in die Playlist. Und seitdem Ferdinand Kirch aka nand auf unserem Radar aufgetaucht ist, wehen mit Songs wie „Sonnneblumenfeld“ auch aus dem kleinen Stadtteil Astheim der bayrischen Stadt Volkbach in Unterfranken Synth-Pop-Vibes zu uns nach Berlin herüber. 

Musik ist schon früh ein Thema für den heute Anfang 20-Jährigen. Im Alter von neun Jahren erhält er Trompeten-, wenig später auch Klavierunterricht und lernt während seiner Schulzeit in einer Bigband, was es heißt, als Team zu musizieren. Doch schon bald verschiebt sich das Interesse des pubertären nand hin zu Elektro, House oder auch Rap, endet mit dem Beginn des Architektur-Studiums aber schließlich in der Begeisterung für NDW und Synth-Pop – zwei Genres, die für den einmaligen Sound des Songwriters unverzichtbar sind. Aber hört doch am besten selbst. 

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diggidaniel

Ein Künstlername, der eher nach Boomer-Deutschrap-Opi klingt, aber schon ein Blick auf das Instagram-Profil zeigt, dass man es bei diggidaniel eher mit einem smarten Mitzwanziger zu tun hat. Der allerdings musikalisch sehr respektvoll in den 80ern wildert, bei Bands wie DAF oder auch der noch kühleren, härteren Gangart wie Front 242. diggidaniel hat schon ein paar Songs am Start, wir möchten euch hier seine aktuellste Single „Haut an Haut“ ans Herz und an die Haut legen. Informationen über ihn sind ebenfalls rar gesät, also diggi, wenn du dich zeigen und mehr verraten willst, meld dich ruhig.

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Carlo Karacho

Carlo Karacho reiht sich in die Namen auf dieser Liste ein, über die man wenig bis gar nichts weiß. Eine Biografie sucht man auf dem Spotify-Profil des Musikers vergeblich, aber ein paar Informationen lassen sich aus dem zugehörigen Instagram-Kanal heraus lesen: Carlo Karacho ist in Berlin beheimatet, rollt am liebsten auf dem Skateboard durch die Gegend und hat die Musik der Neuen Deutschen Welle augenscheinlich wie ein Schwamm aufgesogen.

Danach klingt zumindest sein Debüt-Album „CM Isolation“, das der Newcomer im letzten Jahr abgeliefert hat. Die Protagonisten auf den sieben Tracks sind dabei neben seiner Stimme vor allem Drum-Machine und Synthesizer. Dieser reduzierte, elektronische Sound knüpft nahtlos an Produktionen aus den 80ern an, genau so wie Carlos stimmliche Performance zwischen Lethargie und ruckhaften Roboter-Flows. Als Anspieltipp empfehlen wir euch die hymnenhaften Nummer „Zenit der Jugend“, aber wenn man schonmal dabei ist, kann man die knapp über 20 Minuten Spielzeit des gesamten Albums direkt mitnehmen.

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Fiasko Leitmotiv

Fiasko Leitmotiv stehen noch ganz am Anfang ihrer Karriere und hätten sich für deren Startschuss keinen besseren Zeitpunkt aussuchen können. Trotz des absoluten Newcomer-Status’ der vierköpfigen Band hat es ihre beiden bisherigen Songs „Balls“ und „Hinako“ bereits in diverse Playlists wie die von Spotify kuratierte „Insomnia“-Liste gespült. Auch hier weiß man bis auf die Gesichter der vier Bandmitglieder und ein paar versprengten Behind The Scenes-Schnipseln auf Instagram wenig über die Hintergründe von Fiasko Leitmotiv. Auf Spotify beschreiben sich die Jungs schlicht als „electronic driven“ und distanzieren sich von jeglichen Genre-Grenzen.

Dass Fiasko Leitmotiv noch mitten in ihrer Findungsphase stecken, merkt man an der Diversität ihrer beiden Songs. „Hanako“ ist eine morbide New Wave-Nummer mit Einflüssen aus dem finsteren Goth-Sound von Bands wie Bauhaus. Die wenigen kryptischen Zeilen, aus denen der Song aufgebaut ist, hallen dabei immer wieder zwischen den einschneidenden Synths: „Das ist die kleine Hanako / Wer weiß, vielleicht gelingt’s grad ihr“. Im Kontrast dazu steht der neuer Song „Balls“: Englisch statt Deutsch, mit einem verklärten Dream Pop-Sound, der aus den Bauhaus-Einflüssen ganz schnell Beach House macht.

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