Philine Sonny und VLURE über den Anchor Award auf dem Reeperbahn Festival 2022 – supported by Dr. Martens
Werbung: Dieser Beitrag ist in Kooperation mit Dr. Martens entstanden.
Das Reeperbahn Festival in Hamburg, das immer Mitte September stattfindet, ist inzwischen eines der wichtigsten Festivals Europas. Hier trifft sich die Musikbranche, hier spielen die gerade heiß laufenden etablierten Acts, aber auch und vor allem Newcomer:innen. Viele Booker:innen nutzen das Festival, um zu schauen, wer die Headliner:innen der Zukunft sein könnten.
Im Rahmen des Reeperbahn Festivals wird am letzten Festivaltag seit 2016 auch der Anchor Award verliehen. Sechs im Vorfeld handverlesene Acts spielen in den Tagen zuvor eine Clubshow – in Anwesenheit einer prominenten Fachjury. Als Acts auf der Bühne waren in diesem Jahr dabei: der Kanadier EKKSTACY, die UK-Acts Lime Garden, VLURE und Cassia sowie die Belgier The Haunted Youth. Einziger deutscher Act: Philine Sonny, die wir bei DIFFUS ja schon seit ihrer ersten Veröffentlichung supporten.
In der Jury waren in diesem Jahr wieder einige sehr schillernde Gestalten: die US-amerikanische Sängerin, Songwriterin und Schauspielerin Tayla Parx, Singer-Songwriterin Pabllo Vittar aus Brasilien, The Hives-Frontmann Pelle Almqvist aus Schweden, die deutsche Sängerin Joy Denalane und Tokio Hotels Bill Kaulitz. Präsident der Jury wie in allen Jahren zuvor: Produzent Tony Visconti, der einige der besten Alben von David Bowie produzierte und auch für T.Rex, die Sparks, die Stranglers, Thin Lizzy und viele andere arbeitete.
Als Unterstützer waren auch Dr. Martens am Start, die damit das weiterführen, was sie bereits aktiv mit ihrer Initiative „Tough As You“ betreiben (die wir euch hier schon einmal ausführlich vorgestellt haben) Sie unterstützen den musikalischen Nachwuchs, bieten frischen Talenten eine Bühne und geben ihnen dabei professionelle Starthilfe. Wir haben gemeinsam mit Dr. Martens mal bei unseren vier persönlichen Favoriten nachgefragt, wie es für die Bands beim Anchor so ablief und wie es nun weitergeht.

Philine Sonny: „Ich habe sehr liebe Worte bekommen von Tony Visconti, Joy und Tayla Parx. Das weiß ich echt sehr zu schätzen.“
Uns hat vor allem gefreut, dass Philine Sonny als einzige Musikerin aus Deutschland im erlesenen Kreis der nominierten Acts gelandet ist. Hier merkt man schon: Der Anchor ist ein Preis, der die internationale Bühne bespielt – es geht um Musiker:innen, die auch im Ausland „funktionieren“ können. Philines melancholischer Sound klingt ja eh ein wenig so, als wäre er nicht in ihrer Heimatstadt Unna entstanden, sondern in einem Vorort von New York, oder in Omaha oder in Seattle. Bei ihrem Gig im Rahmen der Award Show spielte sie jenen Song, den sie schon im Dezember letzten Jahres in einer exklusiven Live-Session für uns spielte: „Same Light“.
Während ihrer Show blendete sie die Anwesenheit von z. B. dem Tokio-Hotel-Sänger und des Produzenten von David Bowie vorsichtshalber aus: „Ich muss sagen, dass ich den ganzen Abend absichtlich nicht in Richtung der Jury geschaut habe und von dem ganzen Trubel drumherum war ich dann sowieso so abgelenkt, weshalb das ganz gut geklappt hat, sie auszublenden. Deswegen war das während unserer Performance gar nicht so präsent, dass da gerade so derbe Persönlichkeiten vor uns sitzen.“ So eine Veranstaltung, sei „ja an sich auch einfach eine sehr absurde Situation, deswegen ist es jetzt im Nachhinein nicht wirklich realer geworden, um ehrlich zu sein.“ Auch die Nahbarkeit und das Interesse der Jury half dabei, lockerer an diese wichtige Show ranzugehen: „Ich habe sehr sehr liebe Worte bekommen von Tony Visconti, Joy und Tayla Parx, das weiß ich echt sehr zu schätzen. Mit Bill von Tokio Hotel hatte ich aber glaub ich meinen Lieblingsmoment, als wir uns später nach der Veranstaltung unterhalten haben. Einer der Jungs aus meinem Team ist totaler Fan, wollte ihn aber nicht nach einem Bild fragen. So fies, wie ich bin, hab ich das Billerzählt, der dann zu meinem Kollegen rübergeschlichen ist und ihn nach einem Bild gefragt hat. Das war ultra-sympathisch.“
Sinn und Zweck des Awards und der Unterstützung von Dr. Martens ist natürlich der Förder-Aspekt – der nach den ruppigen Pandemie-Jahren, in denen Künstler:innen kaum oder keine Live-Bühnen hatten, besonders wichtig ist. Philine zieht trotzdem eine positive Bilanz: „In den letzten Jahren haben wir auf jeden Fall finanziell gute Unterstützung bekommen, ohne die vieles so, wie es jetzt gelaufen ist, nicht möglich gewesen wäre. Das ist schon viel wert. Was mir aber vor allem über den letzten Sommer auffiel, ist, wie klein die Szene in Deutschland dann doch ist und dass es wirklich viele größere Acts gibt, die kleinere Musiker:innen unterstützen. Ich habe bis jetzt unter Musiker:innen echt nur Zusammenhalt und Hilfsbereitschaft erlebt.“ Ein Spirit, der auch auf dem Anchor Award präsent war: Dass Cassia schließlich die Sieger des Abends wurden, ging für alle Beteiligten völlig klar – und Cassia wiederum (die wir nächste Woche vorstellen), sagten uns, sie hätten nie geglaubt zu gewinnen, weil die Konkurrenz so stark war.

VLURE: „Wir haben eine Menge gleichgesinnter Künstler:innen kennengelernt, und das ist immer das Wichtigste.“
Ein faszinierendes, dunkles Highlight beim Anchor Award war der Auftritt von VLURE aus Glasgow. Sie mischen den aktuellen zu Recht gehypten britischen Post-Punk-Sound mit harten Industrial- und Goth-Vibes und einem Gespür für catchy Refrains und Melodien. Schon ihre Debüt-Single „Shattered Faith“, die sie auch in Hamburg spielten, sorgte für Aufsehen bei Medien wie dem NME. Conor Goldie (Gitarre), der charismatische Sänger Hamish Hutcheson und Keyboarder Alex Pearson sind in ihrer Heimatstadt schon lange kein Geheimtipp mehr. Sie werden nicht nur als Band dieser musikreichen Stadt, die z. B. Franz Ferdinand und Belle & Sebastian hervorbrachte, geschätzt, sondern auch als Gastgeber. Im renommierten Club „Nice & Sleazy“ hosten sie ein spannende Clubnacht: „‘Euphoria‘ heißt sie – wie ein Song von uns. Conor und Hamish legen dabei alles auf – von Trance und Techno bis hin zu Rave und Happy Hardcore. Für unsere bisher größte Veranstaltung haben wir eine geheime Live-Show gespielt und einige der aufstrebenden Bands und Rapper aus Schottland gebucht.“
Die Anchor Experience bewerten sie im Rückblick als „surreal“: „Wir haben eine Menge gleichgesinnter Künstler:innen kennengelernt, und das ist immer das Wichtigste.“ Wer ihre Musik kennt, wundert sich auch nicht, dass Vlure große Fans des Jury-Präsidenten Tony Visconti sind: „Er hat unzählige Platten produziert, die dafür verantwortlich sind, dass wir Musiker geworden sind. Ihn nicht nur bei einer unserer Shows zu treffen, sondern auch noch ihn auch noch davon schwärmen hören, wie sehr er es genossen hat – das bedeutet uns sehr viel.“ Den besten Ratschlag aus der Reihe der Jury gab es aber von „Pelle Almqvist von den Hives. Er hat uns erzählt, dass das heute ikonische Artwork ihres Debütalbums aufgrund eines Druckfehlers so aussah, wie es aussah. Er meinte man solle immer auf den kreativen Prozess vertrauen sollen und wissen, dass auch mancher vermeintliche Fehler positives Gewicht haben und eine Geschichte erzählen kann. Wir werden das weitertragen.“
Auf die Frage, wie es um Unterstützung und Hilfe geht, wie sie der Anchor leisten kann, zeigen sich Vlure kämpferisch: „Um ehrlich zu sein, haben wir als Einheit immer nur unser eigenes Ding gemacht – und zwar mit Zielstrebigkeit und Tunnelblick. Viele Dinge sind schwieriger als früher, aber wir leben von unserer Live-Performance und der Bedeutung, die diese Musik für uns hat.“ Hilfe und Events wie der Anchor seien ein toller Boost und eine große Chance, aber: „Wir haben bereits eine Menge Erwartungen übertroffen und Grenzen durchbrochen, die andere uns auferlegt haben. Und das werden wir weiterhin tun. Wir glauben fest daran: Wenn man sich der Musik voll und ganz widmet, wird man immer seine Leute finden.“ Für sie geht es jetzt erst einmal weiter auf der internatioalen Bühne. Anfang 2023 spielen sie beim Eurosonic / Noorderslag Festival, das ein ähnliches Standing wie das Reeperbahn Festival hat. Außerdem gäbe es „zahlreiche EU-Shows, unseren ersten Auftritt in den USA“ – und ganz bestimmt auch ein paar Gigs in Deutschland.
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