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Rechtsstreit zwischen Rapper ART und Label von Dagi Bee und Eugen Kazakov: Gericht bestätigt Vorwürfe gegen 23Hours

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Tagged: Art

Dagi Bee gehört zu den erfolgreichsten deutschen Influencerinnen. Sie zählt Millionen Follower auf ihren Kanälen, hat in der Vergangenheit eine Modekollektion oder zuletzt einen eigenen Haferdrink auf den Markt gebracht und besitzt ein eigenes Beautylabel. Als sie im Jahr 2020 gemeinsam mit ihrem Ehepartner Eugen Kazakov die Plattenfirma 23Hours gründet, ist der Plan klar: Man will mit der jahrelangen Erfahrung als Creatorin und den eigenen, großen Reichweiten aufstrebende Künstler:innen unterstützen. Eugen Kazakov sagt damals in einem Interview: „Der ausschlaggebende Punkt, warum wir dieses Projekt gestartet haben, war tatsächlich unsere Liebe zur Musik. Dagi und ich sind leidenschaftliche Musikkonsumenten. Ich habe meine Wurzeln außerdem in der Musikbranche geschlagen: Fast vier Jahre habe ich in einem Musiklabel gearbeitet.“ 

Mit dem Signing des Rappers ART stellt sich schließlich auch der große Erfolg des Labels ein: Als der Rapper für seine Musik aus dem Saarland ins Belgische Viertel nach Köln zieht, widmet er seiner neuen Wahlheimat gleich einen Song. Kurze Zeit nach Veröffentlichung im August 2021 geht die Single „Belgisches Viertel“ viral, hält sich mehrere Wochen in den Top 20 der deutschen Single Charts und zählt heute über 130 Millionen Streams auf Spotify. Auch wir werden damals auf den Rapper aufmerksam und drehen eine Live Session mit ihm.

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Rechtsstreit zwischen ART und 23Hours

Nachdem es eine längere Zeit sehr ruhig um ART geworden war, veröffentlichte er plötzlich im Januar 2024 ein Statement auf seinem Instagram-Kanal. Darin heißt es: „Nach heftigen Vorfällen habe ich im Herbst 2023 eine einstweilige Verfügung gegen mein früheres Label 23Hours erwirkt. Diese wurde kurz vor Weihnachten vom Landgericht Köln auch nochmal per Urteil bestätigt. Deshalb will ich nun endlich meinen Fans offiziell mitteilen: Ich habe mich schon Ende 2022 von 23Hours getrennt. Die zurückliegenden 1,5 Jahre waren wirklich krass für mich. Es sind Dinge gemacht worden, die ich persönlich nicht für möglich gehalten hätte.“

Um genauere Einblicke in das Verfahren zu liefern, nennt ART in seinem Statement außerdem das öffentlich einsehbare Aktenzeichen zum Urteil – wie üblich sind darin die Prozessbeteiligten mit zufällig vergebenen Abkürzungen anonymisiert. In dem Urteil des Landgerichts Köln vom 21.12.2023 heißt es: ART wurde Anfang März 2022 vom Chef der Plattenfirma 23Hours Music, Eugen Kazakov, in einem Autohaus ein mit roter Schleife versehener Mercedes übergeben. Der Rapper ging davon aus, dass er das Fahrzeug kostenlos nutzen darf. Erst nachträglich stellte sich für ihn allerdings heraus, dass das Label ihm dafür eine Leasingrate berechnete, die von seinen Künstler-Einnahmen abgezogen wurde. Die damals aktuelle Rechnung lautete auf einen Leasingzeitraum bis zum 3. Oktober 2022. Dennoch forderte Eugen Kazakov den Rapper im September 2022 plötzlich unerwartet auf, den Wagen schon am 27. September 2022 um 13 Uhr zurückzugeben – und verband dies direkt mit der Drohung, er würde den Wagen anderenfalls „bei der Polizei als gestohlen melden“. Aber sogar noch vor Ablauf seiner selbst gesetzten Frist erstattete Eugen Kazakov dann aber schon Strafanzeige „wegen der Unterschlagung eines Kfz“ bei der Polizei – obwohl ART den Wagen tatsächlich noch bis zum 03.10. fahren durfte und sogar mehrere Tage vor Ablauf dieses Leasingzeitraums, nämlich schon am 30. September 2022, zurückgab.

Darüber hinaus geht es im Urteil des Landgerichts Köln darum, dass ART im Rahmen einer Werbe-Kooperation zur Unterzeichnung eines ihm von Eugen Kazakov vorgelegten, aber gefälschten Vertragsdokumentes gebracht worden sei. Bei dieser Werbekooperation sei es um ein Gesamthonorar von 22.000 Euro für eine gemeinsame Mitwirkung von Eugen Kazakov und ART an einer Werbekampagne einer Firma gegangen, nachdem das Label bei der Agentur der Firma zuvor schon die Mitwirkung von ART allein für 11.000 Euro angeboten hatte. Über diese Umstände ließ 23Hours laut dem Urteil ART aber im Dunkeln und bereicherte sich auf seine Kosten. Denn da ART ein gefälschter Vertrag durch 23Hours vorgelegt worden sei, der dabei noch unter Verwendung des Logos der fremden Firma erstellt worden sei, habe ART nur ein Honorar in Höhe von 3.000 Euro erhalten, von dem wiederum sogar noch eine Vermittlungsprovision in Höhe von 600,00 Euro durch 23Hours abgezogen worden sei. Erst durch Nachfrage des späteren Anwalts von ART bei der Firma, für die die Kampagne erfolgte, habe sich herausgestellt, dass es sich bei dem ART vorgelegten Vertragsdokument um eine Fälschung handele, und dieser Vertrag gar nicht von der Firma stamme.

Aufgrund dieser gleich mehrfachen Vorfälle kündigte ART seine Verträge mit 23Hours fristlos und verließ das Label. Das zwischenzeitig noch über das Label erschienene Album „Lost in Paradise“ ist unterdessen nicht mehr online auffindbar. Per Pressemitteilung hatten ARTs Anwälte bereits im Dezember 2023 darüber informiert, dass das Projekt ohne Einverständnis des Rappers veröffentlicht wurde. Im Januar 2024, kurz nach dem Urteil des Landgerichts Köln, zog sich Dagi Bee plötzlich als Geschäftsführerin der 23Hours GmbH zurück.

Berufung von 23Hours vor Oberlandesgericht gescheitert – Ablenkung durch „schöne Geschichten“?

So weit, so viele rechtliche Argumente. Nach der Urteilsverkündigung des Landgerichts Köln Ende 2023 ging das Label 23Hours GmbH vor dem Oberlandesgericht Köln noch in Berufung. Die wurde jedoch mit Urteil vom 12. Juli 2024 vollständig zurückgewiesen. Dafür hat das OLG in seinem Berufungsurteil die Begründung letztlich sogar noch deutlich schärfer formuliert als das Landgericht – mit Hinweis auf „besonders schwere Treuepflichtverletzung“ gegenüber ART und gleich mehrfache „vorsätzliche Täuschung“ und anderes. Das Oberlandesgericht spricht nicht nur von unwahren Angaben des Labelchefs erst gegenüber ART, sondern auch noch gegenüber der Polizei. Obwohl es sich umfassend mit den Argumenten von 23Hours auseinandersetzt, kommt das OLG zu dem Schluss, dass es diese zum Teil nicht als plausibel erachtet, oder sie auch aus anderen Gründen nicht geeignet sind, das Vorgehen des Labels zu rechtfertigen.

Wer die Sache verfolgt hat, mag darüber überrascht sein, wie konsequent Dagi Bee und Eugen Kazakov die zurückgewiesene Berufung in der Öffentlichkeit totschweigen. Stattdessen posten sie weiter Influencer:innen-Content – zum Beispiel Travelposts oder einen Auftritt von Dagi Bee bei „Böhmi brutzelt”. Kürzlich verkündete Dagi Bee in ihrem Podcast, „ihre Placenta gegessen“ zu haben. Zum Fall: Kein Wort. Dabei hatten die beiden im Vorfeld bei verschiedenen Gelegenheiten öffentlich angekündigt, dass nach der Berufung des Labels alles anders aussehen werde. Mit dem Urteil des OLG Köln ist das einstweilige Verfügungsverfahren aber rechtskräftig – und in vollem Umfang zugunsten von ART – abgeschlossen.

Statements der Beteiligten

Trotz des Schweigens von Dagi Bee und Eugen Kazakov wird der Fall inzwischen auch verstärkt öffentlich diskutiert. So haben bereits YouTube-Creator:innen wie Klengan und zuletzt Rezo über den Streit zwischen ART und seinem Ex-Label berichtet. Die YouTuberin Sashka hat für ihr Video zu der Thematik sogar ein Interview mit dem Rapper geführt. Zum Verhältnis mit 23Hours sagt dort ART: „Man hat sich sehr gut verstanden. […] Im Laufe des Jahres 2022 hat sich die Situation aber irgendwie ein bisschen zugespitzt, es wurde immer mehr, ich musste immer mehr tun, es wurde auch vom Ton immer aggressiver und mich hat dieses ganze Ding psychisch immer mehr mitgenommen habe, sodass ich im September 2022 die Reißleine gezogen habe.“ Seine anschließende Kündigung sei nicht akzeptiert worden, erklärt ART. „Wir haben dreimal insgesamt gekündigt und sie haben alles zurückgewiesen. Das Label muss keine Kündigung akzeptieren, damit sie wirksam wird – das entscheidet das Gericht. […] Ich bin gekündigt, seit ich die Kündigung ausgesprochen habe. Dass das die Richter nochmal festgestellt haben, ist ein Stempel oben drauf.“

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Eine öffentliches Statement von 23Hours Music gibt es bisher nicht. Unsere Bitte um eine Stellungnahme zu den auch im Berufungsurteil noch einmal festgehaltenen Vorwürfen, und zu dem Umstand, dass die von 23Hours vorgebrachten Behauptungen das Berufungsgericht nicht überzeugt haben, erklärte 23Hours, „zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine generelle Stellungnahme zu dem Verfahren“ abzugeben. Im Übrigen sei unsere Anfrage, so 23Hours sinngemäß, „nicht konkret genug“, um darauf Stellung zu nehmen. Jedenfalls habe Eugen Kazakov „selbstverständlich“ keinen Vertrag gefälscht. Auch unsere Bitte um eine konkrete Stellungnahme von Dagi Bee dazu, warum sie einerseits im Januar 2024 überraschend in einem öffentlichen Statement erklärt habe, in die operative Arbeit des Labels eigentlich nicht involviert gewesen zu sein und sich aus der Geschäftsführung zurückzog – während sie zuvor in den Medien eher das Gegenteil vermittelt hatte und bis heute (Stand: 03.10.2024) mit ihrem Ehemann Eugen Kazakov zusammen 95% der Geschäftsanteile des Labels kontrolliert -, und ob sie von den im Verfahren Vorgängen, die alle während ihrer Geschäftsführung passiert sein sollen, trotz der engen geschäftlichen und privaten Verbindung mit Eugen Kazakov keine Kenntnis gehabt habe, wurde mit dieser Antwort abgelehnt. Ebenso wie eine Antwort auf unsere Frage, warum Dagi Bee sich von den Handlungen als solchen bisher nicht distanziert habe, falls sie persönlich keine Kenntnis gehabt haben soll.

Auch bei ART haben wir im Zuge des Gerichtsprozesses nach einem Statement gefragt: „Ich freue mich nur, jetzt endlich künstlerisch befreit in die Zukunft schauen zu können. Es gibt sehr bald Neues von mir.“ Aus Sicht seines Medienanwalts, Jan Uwe Leisse aus Köln, bestätigt das Urteil des Oberlandesgerichts nur das, was sowieso schon in der ersten Instanz klar war: „Die auffallend ausführlichen und insbesondere in ihrer Deutlichkeit letztlich nichts offen lassenden gerichtlichen Feststellungen – nun auch durch das Oberlandesgericht Köln als Berufungsinstanz – sprechen für sich. Das Verfügungsverfahren ist damit endlich rechtskräftig, und auf voller Linie zugunsten von ART abgeschlossen. Wir hatten angesichts der Vorfälle hieran nie einen Zweifel. Und wer Gerichtsurteile zu lesen versteht, wird in den Ausführungen des OLG zwischen den Zeilen auch einen deutlichen Hinweis an 23Hours vermuten können, dass sie in dieser Sache auch zukünftig nichts mehr zu gewinnen haben.“ 

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Neue Musik von ART

Bei ART gibt es derweil tatsächlich auch künstlerisch Neuheiten. In der Nacht zum Freitag, den 4. Oktober erscheint seine erste Single als „freier“ Künstler: Mit niemand geringerem als The Cratez hat er zusammen die neue Single „Showtime“ aufgenommen.

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