Was zum Teufel machte Jesus auf Platz 1 der Charts?
Holy shit. Ich hätte mir ein anderes Thema suchen sollen. Einmal kurz reingedippt in die Welt der Christfluencer:innen, der Freikirchen, der christlichen Popmusik und der Bekehrung der Influencer-Zwillinge Lisa und Lena, wird meine ForYou-Page all diese jungen Missionar:innen nicht mehr los. Plötzlich habe ich auch bei popkulturellen Themen aus meiner Bubble junge Menschen mit stylischen Christuskreuz-Ketten im Feed, die sich empört fragen, wo wir als Gesellschaft denn hingekommen sind, wenn wir Ikkimel mit Strap-on auf der Bühne zujubeln. Aber auch die O’Bros, und die Verwunderung darüber, dass sie es mit ihrem aktuellen Album auf Platz 1 der deutschen Albumcharts schafften, weckten mein Interesse. Hier wird ganz offensichtlich versucht, das Christentum cool und jung zu machen – und das anscheinend nicht ohne Erfolg. Das musste ich mir mal anschauen.
Eines vorweg: Ich selbst bin einer dieser Immer-noch-auf-dem-Papier-Christen, der sich oft eher über die organisierte Religion und ihre Ansichten aufregt und sich das Zahlen der Kirchensteuer damit schönredet, dass ein Teil der Kirche auch viele karitative Einrichtungen führt. Ich kenne aber auch viele Menschen, die in den Ritualen der Kirche Trost, Wärme und Kraft finden und will darüber nicht judgen. Ansonsten halte ich es vielleicht mit Mariybu, mit der ich kürzlich in einem Interview für ein anderes Magazin (auch) über Religion sprach. Sie sagte den schönen Satz: „Ich glaube nämlich auch, dass Jesus eigentlich ein ganz cooler Typ war. Das Problem ist halt, dass diese ganzen Gebete und Bibelsachen dann später von irgendwelchen Pissern geschrieben wurden.“
Angefangen hat mein Interesse für das Thema vielleicht schon, als die vor einigen Jahren vielleicht bekanntesten Influencerinnen Deutschlands – nämlich Lisa Mantler of Lisa and Lena Fame – immer wieder in seltsamen Szenen auftauchte. Zum Beispiel dieser:
Das Lisa und Lena gläubige Christen sind, weiß man schon länger. Schon im November 2021 waren Fans der ehemaligen Teenie-Stars verwirrt über Lenas Taufe im Jesus-Merch, die ebenfalls schon weirde Sektenvibes hatte. Und was sagt der Typ da unter seiner Maske? „… das ist etwas besonders, weil du als Freundin Gottes Mann bist?“ Oder haben wir uns da verhört?
Gerade Lisa geht mit ihrem Glauben in letzter Zeit bedeutend offensiver um. Das führt in den Kommentaren immer wieder zu Verunsicherung, weil es ein recht deutlicher Bruch zu den Happy-Tanzvideos und den Influencerinnen-Lifestyle-Clips der letzten Jahre darstellt. Ihr Ehemann Jonas Haigies, den sie bei einem Jugendgottesdienst kennenlernte, dürfte da auch eine Rolle spielen. Er veröffentlicht als JONAS christlichen Schunkelpop und Lieder wie dieses hier, das er mit Musiker:innen des Holy Spirit Night Movements vortrug.
Lisa und Jonas sind außerdem sehr aktiv auf den Kanälen des Karlsruher Ableger der ICF – kurz International Christian Fellowship. Eine Freikirche, die 1996 vom Schweizer Leo Bigger gegründet wurde und immer wieder in der Kritik steht. Die linke Schweizer Wochenzeitung „WOZ“ nannte ihn 2010 „Den Seelenfänger von Zürich“. Der WOZ-Autor Carlos Hanimann, der ICF-Veranstaltungen besuchte und auch mit Bigger sprach, schrieb: „Einen Monat lang besuchte ich sonntags die Celebrations der ICF, sah mir alte Predigten von Leo Bigger und seiner Frau Susanna als Podcasts an und hörte christliche Lieder, sogenannte Worshipmusik. Die Botschaft war im Wesentlichen immer dieselbe: Gott liebt dich, Gott nimmt dich auf, wenn du so lebst, wie er es verlangt.“ Was Gott angeblich verlangt wurde dann im nächsten Absatz deutlich: „Was fasziniert Tausende, vorwiegend junge Erwachsene an dieser Kirche, ihrer Botschaft und ihrem Priester? Warum verstehen aufgeklärte Menschen Homosexualität oder ausserehelichen Sex als Sünde? Warum erklären sie psychische Krankheiten mit dämonischer Besessenheit? Oder warum lehnen sie es ab, Harry Potter zu lesen, weil es in diesen Büchern um Zauberei und dunkle Mächte geht?“
Lisa und Jonas inszenieren ihre Ehe ganz im Dienste eines sehr konservativen und christlich geprägten Familienlebens. Lisas Instagram-Profil zeigt eine cleane, junge Mutter- und Family-Idylle, in der es nur traute Spaziergänge, Kuscheleien und Latte macchiato am Nachmittag gibt – und kein Windelwechseln oder schlaflose Nächte. Hin und wieder gibt es aber auch Bilder von Lisa im Jesus-Pullover auf der Bühne – gerne bei der besagten ICF.
Ihr Mann Jonas schwärmt auch gerne mal in einem Interviewformat des ICF Karlsruhe davon, wie sein Sohn sein Gottesbild auf den Kopf gestellt hat. Er sagt in dem Clip, dass er nun für seine Frau und sein Kind zuständig sei – wobei ich mir schon eher vorstellen kann, dass seine Frau eher die finanzielle Grundausstattung mitgebracht hatte. Aber na ja …
Wie es in der ICF so zugeht zeigte kürzlich eine Reportage der PULS-Kolleg:innen, die ihr hier sehen könnt:
Wenn man das alles so sieht, ist es fraglich, ob Lisa wirklich das Publikum auf ihre Kanäle ziehen konnte, das vorher dem gemeinsamen Schwestern-Account folgte. Die meisten bleiben wohl eher bei Lena, die weiterhin Lifestyle-Postings macht, obwohl sie durch ihre Schwester und eigene seltsame Kapitel in ihrem Leben auch für negative Schlagzeilen sorgt – aber daraus könnte man einen anderen Longread machen.
Zurück zu den vermeintlich hippen Missionar:innen und ihren Kirchen oder Freikirchen. Eine Band, die in diesem Umfeld immer wieder Konzerte spielt, sind die eingangs erwähnten O’Bros. Die beiden sind wirklich Brüder, zählen sich zur „charismatischen Bewegung“ der Kirche – die der Pfingstbewegung zugeordnet wird – und heißen Alexander (29) und Maximilian (27) Oberschelp.
Vor gut fünf Wochen landeten sie mit ihrem aktuellen Album „To be honest.“ auf der 1 und posteten bei Insta ein Foto mit dem Chart-Award und einer Bibel in der Hand. Dazu die Worte: „Ohne Worte. DIESER AWARD GEHÖRT CHRISTLICHER MUSIK. DIESER AWARD GEHÖRT EUCH. JESUS AUF DIE 1 To be honest: God is underrated.“ Na, beim Livestream aus dem Vatikan zur Papstwahl sah das nicht gerade aus, als sei Gott underrated, aber das ist eine andere Geschichte.
Unter den Posts fielen mir auch gratulierende Kommentare von Branchenkollegen auf, die ich schätze, und von unserem ESC-Duo Abor & Tynna. Bei TikTok rappten die O’Bros dann „Jesus auf die 1“ und sagen „God over everything, god over hype, ja, whatever it takes.“
Die Texte ihrer Songs, die sie gerne bei TikTok teilen, sind im Grunde recht missionarisch. Sie rappen zum Beispiel von einem „realen“ Gott, „der dich nicht richten“ will, sondern dich „retten“ will. Ihr Auftrag: „Also, suche ihn, solange du noch kannst.“
Aber sind die O’Bros in irgendeiner Form problematisch? Die Organisation FundiWatch, die „Hinweise auf christlich-fundamentalistische Weltbilder“ sammelt und „Netzwerkaktivitäten und politische Praxen der Akteure“ sammelt, macht nicht nur auf einige problematisch zu lesende Zeilen aufmerksam, sondern auch auf die Nähe der O’Bros zu rechtslibertären Akteuren und sogenannten „KiNC-fluencern“. Die Abkürzung KiNC steht für „Kingdom-minded Network Christianity“, die eine theologische Weltanschauung pusht, bei der der christliche Gott am Ende die Herrschaft über alle Lebensbereiche gewinnt. In diesen Kreisen trifft man sich gerne bei der regelmäßig stattfindenden „Alliance for Responsible Citizenship (ARC) -Conference“, die eigentlich ein Klassentreffen der politischen Rechten ist, die aber viele Schnittmengen zu diesen christlichen Akteuren hat.
Zumindest Alexander Oberschelp war zum Beispiel in jüngster Vergangenheit bei einem ARC-Treffen in London dabei, was FundiWatch in diesem Thread dokumentiert hat. Auch wenn ich ungern verallgemeinern möchte, kann ich schon sagen: Wer in diesen Kreisen verkehrt, ist kein wohlmeinender Christ, der nur andere junge Menschen ein wenig bekehren will. Das geht schon beim prominentesten Initiator der Konferenz los: das ist nämlich der fragwürdige Psychologe Jordan Peterson, der sich in den letzten Jahren zu einer Leitfigur der Manosphere entwickelt hat. Peterson ist Antifeminist, Trump-Supporter und der Lieblingsintellektuelle der Rechtskonservativen, die nur zu gerne seiner Einladung folgen. Bei ARC-Konferenzen sprechen dann zum Beispiel Figuren wie Kristen Waggoner. Sie ist Präsidentin der Trump-nahen christlichen Lobbygruppe „Alliance Defending Freedom“, die in den USA und in Europa gegen homosexuelle Menschen und gegen die Abtreibung agitiert.
Auch bei anderen, Konferenzen mit problematischen Rednern waren die O’Bros dabei. 2024 spielten sie bei der UNUM24 in ihrer Heimatstadt München. Eine Glaubenskonferenz, die sich vordergründig harmlos und offen für konfessionsübergreifende, christliche Botschaften gibt. Eine Konferenz aber auch, die Bill Johnson von der Bethel Church eine Bühne gibt. Ein Prediger, der Dinge sagt wie diese: „Homosexualität richtet sich dagegen, wie Gott uns geschaffen hat. Gott hat diese Menschen nicht erschaffen, damit sie zusammenkommen und sich so verhalten. Das gilt für all diese Themen. Auch für Sex vor der Ehe.“
Na, Halleluja! Ich halte es ja eher mit dieser Maxime: Trauen keinem, der dir sagt „Gott hat gesagt“. Das kann der mir schön selbst ausrichten.
Fans der O’Bros werden jetzt natürlich sauer sein und von Kontaktschuld klagen. Trotzdem bleibe ich dabei: Wer weiß, in welchem Umfeld sie sich bewegen, sieht viele ihrer Texte eben etwas kritischer. Hier mal eine Kostprobe aus dem aktuellen „Wir sind nicht verloren“, das nicht nur eine Soulstimme im Chorus auffährt, sondern gleich einen Kinderchor. Dazu heißt es im eher mittelguten weißen Studentenrapflow:
„Ja, die ganze Welt ist gespalten / Bist du nicht links bist du rechts / Das alles hindert uns doch niemand räumt das Hindernis weg / Die Wahrheit wird verdreht und böses sooft gut genannt / Ich würd gern helfen doch leider bin ich schon zu geplant / Wir konsumieren doch nichts füllt diese Leere / Opfern schon eigene Kinder für die Karriere / Wir sagen / Wir brauchen keinen Gott doch das stimmt so nich / Wenn wir mal hörn auf unser Innerstes“
Vor allem bei der Links-Rechts-Zeile und die mit den Kindern kann man schon spüren, wohin der Hase läuft. Die O’Bros mögen ihre Beziehungsmodelle vermutlich eher konservativ. Andere Songs gehen für sich betrachtet einigermaßen klar – bis sie dann doch immer noch mal Gottes Stimme in Spiel bringen. „To be honest“ könnte lange Zeit ein Brief an das eigene Ich sein, dem man mal ehrlich die Meinung sagt. Was dann aber doch nur wieder zu diesem Moment führt: „Manchmal ist …hmm – ja doch, ich würd‘ es so sagen / Manchmal ist was man zurücklässt, die größte Bürde zu tragen / Auf Gottes Stimme zu warten / Würde sicher nicht schaden.“
Sehr weird wird es bei Song Nummer 2 auf der Platte, der „T B H!“ heißt: „Deutsch Rap – is′ so toxisch / Hat vergessen, wer Gott ist / Ihre Lügen werden überrollt so wie kleine Mädchen im Moshpit / Transformation für die ganze Nation / Früchte des Geistes – Geschmacksexplosion / Kommen voller Dominanz vor den Thron / Für jeden Dämon ist hier Haltestation“
Und später: „Ahja, diese Welt ist verdreht, to be honest (Ahja) / Ihre Tage sind gezählt, to be honest (Ahja) / Sein Wille soll geschehen, to be honest (Ah) / Wem willst du was erzähl′n, to be honest / Hallelujah – der Siegesschrei / In die Charts und das DIY / Ein Weg, ein King, ein Gott – Jesus Christ / (Jesus Christ)“
Das soll natürlich ein Flex-Track sein, aber man liest Formulierungen wie „Transformation einer ganzen Nation“ schon anders, wenn einer der Urheber hin und wieder auf rechtskonservativen Konferenzen rumhängt, die von Antifeministen und Trump-Freund:innen organisiert werden. Mal ganz abgesehen davon, dass es immer etwas Lächerliches hat, wenn sich Münchener Bubis mit BWLer-Frisuren in diese Pose werfen und meinen, „Deutschrap“ hätte mehr als ein müdes Lächeln für sie übrig.
In einem aktuellen Interview mit dem christlich-konservativen Magazin „Pro – Das christliche Medienmagazin“ zeigen die O’Bros sowieso, dass sie von Deutschrap wenig verstehen. So sagt Alexander Oberschelp: „Deutscher Hip-Hop hat sich leider in den vergangenen Jahrzehnten nicht unbedingt auf einer inhaltlich gesunden Reise befunden. Viele Texte sind destruktiv. Frauen werden sexualisiert, Drogen glorifiziert und Gewalt verharmlost. Ich kann in solchen Texten nichts Gutes finden. Deswegen erfüllt es uns mit einer gewissen Freude, dass wir der Beweis sind, auch mit nicht destruktiven Texten im Hip-Hop Erfolg zu haben. Es herrscht dort der Glaube vor, solche negativen Texte seien notwendig, um Erfolg zu haben.“
Natürlich kann man einem Teil der Rap-Szene inhaltlich nicht gesunde Tendenzen und Sexismus attestieren, was in dieser Antwort aber völlig fehlt, ist das Verständnis, dass Rap eben mit negativen Texten andere Lebensrealitäten verarbeitet, in die man sich in München vermutlich schwer reindenken kann. Rap ist in seinem besten Momenten Wut, ist Gesellschaftskritik, ist postmigrantisches Leben, ist das Aufbegehren einst benachteiligter Menschen, die in Rap ein Medium und eine Karriere gefunden haben.
Missionarisch wollen die O’Bros nicht sein – angeblich. „Nein, wir wollen anderen Menschen nicht unseren Glauben aufdrücken“, sagt Alexander Oberschelp in dem Interview. „Ich glaube, Menschen im deutschsprachigen Raum haben oft erfahren, wie Christen ihren Glauben übergriffig kommunizieren. Das Geile an Musik ist aber, dass sie das Potenzial hat, nicht übergriffig zu sein. Keiner muss sie anhören. Und nochmal: Unser Ziel ist es nicht, Menschen zu bekehren. Wir wollen aber sehr wohl authentisch von unserem Glauben an Jesus reden, positive Impulse geben und eine Einladung an die Menschen auszusprechen, die das wollen.“
Die Sache mit der Nähe zum Rechtsradikalismus „entkräften“ sie dann nicht etwa damit, in dem sie erklären, was Teile von ihnen auf ARC-Konferenzen machen, sondern in dem sie sich empören über den Vorwurf. Alexander Oberschelp sagt dazu: „Wir fühlen uns unfair behandelt. Unsere Musik steht nicht für Rechtsradikalismus.“ Man stehe für Liebe, sagt sein Bruder an dieser Stelle, bevor Alexander Oberschelp weiter ausführt: „Ja. Wir stehen für Einheit unter Christen. Wir wollen auch keine gesellschaftliche Spaltung. Wir distanzieren uns von jeder Form von Extremismus, Ausgrenzung und Hass. Das sind übrigens auch Dinge, gegen die Jesus aufgestanden ist. Wir haben noch nie, kein einziges Mal das Feedback bekommen, dass sich Menschen durch unsere Musik radikalisiert haben oder dass sie einen schlechten Einfluss auf das Leben unserer Fans hatte. Das Gegenteil ist der Fall.“
Ob man ihnen das außerhalb ihrer Christ:innen-Bubble glaubt, sei mal so dahingestellt. Während die O’Bros in Interviews handzahm empört sind, gibt es halt immer noch Lyrics wie die oben genannten, oder wie diese Zeilen vom Album „Exodus“ aus dem Jahr 2017: „Wir sind die Armee, die auf Knien kämpft. Die ihren Feinden das Leben schenkt.“ Oder: „Radikale jugendliche Christen mit Extremismuspotential. Und die Polizei ermittelt wegen Fundamentalismus, uns doch scheißegal.“ Aber klar. Lyrisches Ich, Übertreibung als Stilmittel, Ironie, diesdas …
Absoluter Tiefpunkt ist übrigens der Song „Chvrchies“ – und das „selbstironische“ Video – den die Band Chvrches sicher auch fürchterlich finden würde. Die O’Bros und ihre „Gang“ wirken darin wie die Abiturklasse eines christlichen Gymnasiums, das zur Abi-Feier mal ein Rap-Video produzieren wollte.
Welches Thema sie ins Schlingern bringt, spürt man dann am Ende des Gesprächs, wo die O’Bros darauf angesprochen werden, ob ein Queer-Gottesdienst auf dem Kirchentag ein möglicher Zugang zu Jesus sein könne. Da antwortet Alexander: „Grundsätzlich ist es nicht meine Aufgabe, zu entscheiden, welcher Zugang zu Jesus legitim wäre, und welcher nicht. Dafür habe ich als Mensch einfach nicht die göttliche Weitsicht. Mein erster Impuls ist immer Freude, wenn Menschen sich an Christus wenden – da ist es mir egal, ob sie der queeren Community angehören oder nicht. Wichtig ist mir aber immer, dass es um Jesus geht. Ein Gottesdienst ohne Gott wäre natürlich kein Gottesdienst. Und ab da überlasse ich das Gott und vertraue ihm, dass er mit jedem Menschen seine Geschichte schreibt. Mit mir auch.“ So verwaschen und schlingernd spricht man wohl, wenn man sich nicht schon wieder Vorwürfe anhören will, man halte nicht viel LGBTQIA+ – und gleichzeitig eine Fan- oder Unterstützer:innen-Gruppe hat, die bei dem Thema eine harte Linie fährt und die man nicht verärgern will.
Bleibt am Ende die Frage, ob die O’Bros und Lena jetzt wirklich ihre bisweilen skeptisch machende Form des Glaubens in den Mainstream drücken können. Tatsache ist, dass sie eine Menge junger Menschen erreichen, die aber – wenn man sich die Kommentare so anschaut – schon allesamt in dieser Bubble aktiv zu sein scheinen. Außerdem sind auch – trotz Nummer 1 – die Streamingzahlen der O’Bros vor allem am Deutschrap gemessen eher übersichtlich. Nur einer ihrer Top-Songs hat die Millionengrenze bei Spotify überschritten – passenderweise ein Song namens „Liebesrausch“, in dem die beiden (natürlich!!!) von Gottesliebe singen.
Trotzdem sollte man all diese so freundlich lächelnden Christenmenschen mit Vorsicht genießen und weiterhin im Auge behalten, wo sie spielen, was sie rapsingen und vor allem mit wem sie so auf Konferenzen, bei Gottesdiensten oder in Insta-Stories so abhängen.
Amen.
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