Wenn Schlager auf Hip Hop trifft – Wie trashig ist Party-Rap wirklich?
Es gibt so manche Musikgenre, die extremen Erfolg haben, aber keiner will es gewesen sein – und wenn doch, dann nur mit dem Zusatz: „Ich hör das doch nur ironisch!“. Country gehört dazu, Schlager sowieso und wo wir gerade schon beim Schlager sind: Party-Rap ist auch so ein Kandidat. Was wollen wir mit dieser schwammigen Bezeichnung überhaupt genau aussagen? Einen Blueprint für diese Nische liefern Frauenarzt und Manny Marc im Oktober 2008. Da erscheint das erste Album ihres frisch gegründeten Duos Die Atzen, darauf befindlich auch der Song „Das geht ab!“. Die Mischung aus sägenden Synths, 80er-Dancebeat und trashigen, eingängigen Rap-Lines wird im folgenden Jahr zum Hit auf der Party-Hochburg Mallorca. Mit diesem Qualitätssiegel im Rücken steigt der Song auch in die deutschen Charts und vor allem in zahlreiche Club-Playlists ein, wo er bis heute funktioniert. Der Rest ist Geschichte, die Atzen werden mit ihren bunten Brillen zum gesellschaftlichen Phänomen und liefern mit „Disco Pogo“ gleich den Nachfolger-Hit.
Die Atzen bringen die Crowd mit „Das geht ab“ zum Toben
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Ein weiterer wichtiger Meilenstein des Trash-Genres liegt noch gar nicht so weit zurück. 2015 erscheint in den Niederlanden der Sampler „New Wave“. Der hat nichts mit den titelgebenden 80er-Sounds zu tun, viel mehr soll er die neue Generation holländischer Rapper zeigen, ganz vorne mit dabei natürlich Lil Kleine und Ronnie Flex. Wenn euch die beiden kein Begriff sind, hier ein kleiner Hinweis: Sie stecken hinter „Drank & drugs“. Falls ihr jetzt immernoch auf dem Schlauch steht: Der Song war über die Landesgrenzen hinaus so erfolgreich, dass Lil Kleine und Ronnie Flex mit „Stoff & Schnapps“ gleich noch eine deutsche Version hinterher lieferten. Vielleicht ist es das Kuriosum, zwei Holländer auf Deutsch rappen zu hören, vielleicht ist es die groovende Bassline, die so simpel wie effektiv ist, vielleicht sind es lyrische Meisterstreiche wie „Wir sagen ja zu MDMA“, so oder so: „Stoff und Schnapps“ wird zum Überhit und sammelt auf dem Youtube-Video sogar fünf Millionen (!) Klicks mehr als die holländische Original-Version.
Lil Kleine & Ronnie Flex – Stoff & Schnaps
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Aber wie steht es um den Party-Rap heute? Tatsächlich ist er wohl erfolgreicher als je zuvor und wird vor allem von zwei Charakteren verkörpert. Zum einen wäre da Finch Asozial. Den ersten Bekanntheitsschub bekam er durch seine Live-Battles bei „Rap am Mittwoch“, aber dieser kleine Hype sollte schnell in den Schatten gestellt werden. Finch ist bekennender Fan der Atzen, Techno-Liebhaber und Nostalgie-Ossi und führt all das auf seinem Album „Dorfdisko“ zusammen. Dabei kommt man natürlich um „Abfahrt“ nicht herum: Die gepitchte Klingelton-Barbiegirl-Stimme liefert eigentlich schon genug Begründung für den Hit-Status des Songs, aber so richtig geht es erst los, wenn der Drop reinballert und Finch enthusiastisch beginnt, nach bester Techno-Manier im Retro-Sportanzug loszuhacken. Die Erfolgsformel ist vielleicht auch darin begründet, dass Finch diese Musik wirklich liebt und sein Image auslebt, man betrachte nur seinen majestätischen Vokuhila inklusive Schnauzer.
Finch Asozial – Abfahrt
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Weniger technoid, dafür getränkt in Straßen-Soul, klingt die Musik vom Rap-Phänomen der Stunde: Apache 207, auch bekannt als „der Gangster, der ab und zu sein Tanzbein schwingt“. Mit dieser Zeile und ausstaffiert mit langen Haaren, Sonnenbrille und goldenen Nike-Rollschuhen präsentiert er sich in seinem ersten großen Hit „Kein Problem“. Die beeindruckende Erscheinung rundet das Rezept aus inbrünstigem Gesang, Real Rap aus Ludwigshafen und einem Hauch von „Palmen aus Plastik“ ab. Apache funktioniert im Club und an der Bushaltestelle, bei Studenten und Capital-Fans – Grund dafür ist neben den eingängigen Melodien vielleicht, dass er ein unwahrscheinliches Spagat zwischen den Attributen „seriös“ und „selbstironisch“ schlägt.
Apache 207 – Kein Problem
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Wer jetzt immernoch nicht genug hat, sollte sich die volle Dröhnung Schlager-Trap geben. Die Rede ist von „Zeitmaschine“, dem gemeinsamen Hit von KDM Shey und Haiyti, der nie ein Hit wurde. Vielleicht ist die Mischung, die hier präsentiert wird, auch einfach zu extrem, zu exotisch, um von der breiten Masse verstanden zu werden: Texte über den Trapper-Lifestlye und vergangene Romanzen treffen auf nostalgische Gitarren-Sounds und Club-Bass, brennende Joints und Knarren auf Seifenblasen und trashige Licht-Effekte. Jeder gesunde Verstand hinterfragt das natürlich beim ersten Hören – gröhlt aber spätestens zwei Replays später mit: „Es gibt keine Zeitmaschine, jag‘ nicht deine alte Liebe, na-na-na-nein!“
KDM Shey feat. Haiyti – Zeitmaschine
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Wir fassen zusammen: Angefangen bei den Atzen bis hin zu Apache 207 und Finch Asozial propagiert der Party-Schlager-Rap sicher nicht den angemessenen Umgang mit Drogen oder ein Frauenbild, das man auch nur in irgendeiner Weise vertreten könnte. Trotzdem ist diese Musik ein relevantes Phänomen, das sich sicher auf viele musikalische Charakteristika herunter brechen lässt. Gemeinsam haben die meisten der genannten Songs Ansätze von House, simple Texte, die sich in den meisten Bewusstseinszuständen noch mitsingen lassen und ein gewisses Image, dass der Protagonist oder Rapper überspitzt verkörpert. Neben all diesen offensichtlichen Punkten ist aber sicherlich ein ganz wesentlicher Erfolgsfaktor das Spiel mit Ironie und Ernsthaftigkeit. Ja, wenn Finch die Beine zum Tanzen hochreißt und Apache in Rollschuhen moonwalkt, hat das eine gewisse Komik, trotzdem funktioniert es nur, solange die Künstler ihre Musik ernst nehmen und mit Leidenschaft dahinter stehen. Einen konstruierten Hit erschnüffeln die Hörer, wer Party-Rap machen will, muss ihn fühlen.
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