What’s Poppin? Chance The Rapper-Comeback, Neues von Yung Lean & Denzel Curry
Chance The Rapper – Child Of God
Dank Mixtapes wie „Acid Rap“ und „Coloring Book“ wurde Chance The Rapper in der Vergangenheit oft mit Lob überschüttet – um dann bei der Veröffentlichung seines Albums „The Big Day“ verspottet und von der Szene geächtet zu werden. Wurde zuvor noch Chance’ scharfsinniges Writing gelobt, so war „The Big Day“ voll gepackt mit wackeligen Lines über sein Leben als christlicher Familienvater und Ehemann. Bei Fans kam das genauso durchwachsen an wie bei den Kritiker:innen, aber nun ist Chance The Rapper auf dem besten Weg, sich seinen alten Status zurückzuholen.
Mit „Child Of God“ veröffentlicht der Musiker aus Chicago seine erste Single in diesem Jahr und glänzt mit seinen üblichen Stärken. Ein Großteil des Songs kommt völlig ohne Beat aus und umfängt stattdessen mit warmen Percussion-Sounds und Klavier-Akkorden. Die Zeilen, die Chance dazu liefert, sind tröstlich und motivierend und landen immer wieder bei der selben zentralen Botschaft: „Do your thing, child“.
Denzel Curry – Melt My Eyez See Your Future (Album)
Die neue Platte von Denzel Curry ist da! In den vergangenen Monaten hat uns der Rapper aus Florida mit den Vorab-Singles nach seinem neuen Langspieler lechzen lassen und bereits verschiedene Sound-Richtungen angeschnitten. Diese breite musikalische Palette wird auf Albumlänge weitergeführt, denn: „Melt My Eyez See Your Future“ ist das wohl abwechslungsreichste, schillerndste Denzel Curry-Album bis dato.
Bei „Zatoichi“ mit Slowthai werden uns treibende Jungle-Breaks um die Ohren gefetzt, Songs wie „John Wayne“ und „Angelz“ ziehen ihre Inspiration dagegen aus dem Jazz. „Walkin“ kommt mit überraschendem Beat Switch und einem Sci-Fi-Western als Musikvideo, während Denzel auf „Ain’t No Way“ Freund:innen und Kolleg:innen wie JID und Rico Nasty um sich sammelt. Relativ unabhängig davon, auf welche Subsparte von Hip-Hop ihr steht: Die Chancen, dass ihr auf „Melt My Eyez See Your Future“ fündig werdet, stehen gut.
Latto – 777 (Album)
Die dreifache Sechs ist, zumindest wenn man der Bibel Glauben schenken möchte, ein Symbol für den Teufel. „777“ dagegen steht für Glück und Fügung – und ist noch dazu der Titel des neuen Albums von Rapperin Latto. Und bisher scheint ihr tatsächlich einiges an Glück beschieden gewesen zu sein – beinahe neun Millionen Menschen hören Lattos Musik auf Spotify. Ob sich ihr massiver Erfolg auf diesem Level fortsetzt, muss sich nun zeigen, potentes Material gibt es auf „777“ aber allemal.
Auf Songs wie „Soufside“, „Wheelie“ mit 21 Savage oder „Stepper“ mit Newcomer Nardo Wick rechnet sie mit Opps und Konkurrenz ab, während auf den Songs mit Kodak Black und Lil Durk eher sanfte Töne angeschlagen werden und mit „Big Energy“ sogar ein waschechter Disco-Bop seinen Weg auf „777“ findet. Spannend dürfte für viele außerdem „Sunshine“ sein: Hier featured Latto Lil Wayne und Childish Gambino aka Donald Glover, um über füllige Soul-Akkorde zu flexen.
Yung Lean – Trip
Egal ob Rage Beats, Mumble Rap oder Cloud Rap: Die Musik, die wir heute hören, wäre ohne Yung Lean eine andere. Zum Anfang der 2010er hat Jonathan Leandoer, damals noch als Teenager, seine ersten Songs ins Internet geladen. Diese Musik war speziell, gleichermaßen geprägt von Chief Keef und Lil B wie auch elektronischen Rave-Sounds. So dauerte es nicht lange, bis das Unvermeidbare passierte: Songs wie „Ginseng Strip 2002“ und „Kyoto“ explodierten auf Soundcloud und YouTube und wurden mit dem Begriff Cloud Rap betitelt.
Seitdem ist viel geschehen. 2020 veröffentlichte Yung Lean seit letztes Album „Starz“, nur um sich jetzt schon wieder für sein nächstes Projekt „Stardust“ warm zu laufen, das am 08. April erscheinen soll. Als erste Single liefert der Rapper aus Schweden nun den Song „Trip“ – ein fröhlich vor sich hinblubbernder Song mit obskurem Musikvideo. Verwiesen sein an dieser Stelle auch auf „Crest“, das neue Album von Bladee und Ecco2k, die beide lange Wegbegleiter von Yung Lean sind.
Koffee – Gifted (Album)
Vor einigen Wochen habe ich euch bereits auf ihre Single „Pull Up“ aufmerksam gemacht, jetzt ist endlich das zugehörige Debütalbum von Koffee da. Auf zehn Songs mischt die Musikerin aus Jamaika Sounds zwischen karibischer Folklore, Dancehall und Afrobeat. Ihre Stimme erklingt dabei mal klar gesungen, mal eher rau im jamaikanischen Toasting-Stil, der aus der Reggae-Kultur entstammt. Neben dem bereits besprochenen „Pull Up“, würde ich euch vor allem „Shine“ und „Gifted“ für einen guten Start in die jackenfreie Saison empfehlen.
Nigo – I Know NIGO! (Album)
Ein absolutes Highlight ist in dieser Woche außerdem das neue Compilation-Album von der japanischen Design-Ikone Nigo. Auf „I Know Nigo“ versammelt der Gründer von Marken wie A Bathing Ape und Billionaire Boys Club hochkarätige Feature-Gäste und Freunde aus Übersee um sich: A$AP Rocky und A$AP Ferg sind am Start, genauso Pharrell, Gunna, Lil Uzi Vert, Kid Cudi, Pop Smoke, die Teriyaki Boyz, Tyler, The Creator und, mein persönliches Highlight: Clipse. Tatsächlich ist Nigo das Unmögliche gelungen: Auf seinem Projekt kommt das legendäre Rap-Duo bestehend aus Pusha T und seinem Bruder (No) Malice zum ersten Mal seit 2009 wieder zusammen.
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