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Wie klingt eigentlich die Indie-Szene auf Zypern und in den Balkanländern?

Posted in: Features

Ich stehe in einer hippen Bar namens „SODA“ am Fuße des imposanten Kulturpalasts von Sofia – der Hauptstadt Bulgariens. Lichterketten an der Decke, gute Drinks, ein Kickertisch auf dem Weg zum Klo – und inmitten der Bar ein recht improvisiertes Bühnenareal. Es ist der zweite von vier Festivalabenden der „So Alive Conference“, die nicht umsonst den Beinahmen „The gateway to the Balkans‘ music industry“ trägt. Die Bar wird an diesen Abenden vom Kollektiv Samodiva bespielt. Aber dazu gleich mehr.

Auf der Bühne stehen vier junge Menschen maximal Anfang 20 – und spielen einen Sound, der mich – Mitte 40 – an meine Jugend erinnert. Bearing Flowers heißt diese Band, die hier – noch ein wenig unsicher in ihrer Bühnenpräsenz aber musikalisch voll drin – den Midwest-Emo der 90er wieder aufleben lässt. Ein kratzbürstiger Melodietaumel, bei dem ich an Stücke wie „Gloria“ von Mineral denken muss. Ihr Publikum ist ungefähr im selben Alter wie die Bandmitglieder – oder sogar noch ein wenig jünger. Viele strahlen, als wäre das hier gerade das beste Konzert des Jahres. Während mir in Zürich oder Berlin oft Leute in der Crowd auffallen, die eher gelangweilt auf einen Newcomer-Act reagieren, ist hier viel Liebe und Euphorie im Raum. Was gut zu Stücken wie diesem passt:

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Die „SODA“-Bar wird dank der von Samodiva organisierten Abenden in diesen Festivaltagen so was wie mein erster Go-To-Place. Hier spielen einige Acts, die sich für die nächsten Wochen in meinen Playlisten festbeißen sollen. Zum Beispiel die zwanzigjährige bulgarische Sängerin und Songwriterin Yanichka Nushi mit ihrer Band. Melancholischer, aber zugleich druckvoller Indierock, der vor allem dank ihrer Stimme und der Gitarrenarbeit unter die Haut geht. Sie singt in ihrer Muttersprache – und auch, wenn es ein wenig Recherche oder DeepL-Einsatz braucht, um ihre emotionalen Texte zu verstehen, dachte ich mir beim ersten Hören: Scheiß doch auf die Sprachbarriere!

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Auch Lost Lyra packen mich mit ihrem Shoegaze-Sound: Die Band lebt in London, hat aber eine personelle Balkan-Connection und „darf“ deshalb hier spielen.

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Wer in Sofia eine lebendige Indieszene haben will, muss selbst aktiv werden

Wie so oft, wenn ich mal die deutsche oder Schweizer Musikszene verlasse, merke ich, wie viele gute Bands es da draußen eigentlich gibt, die ich – selbst als eigentlich ganz gut informierter Musikjournalist – so gar nicht auf dem Schirm habe. Als mich die Einladung erreichte, auf einem Panel der So-Alive-Konferenz mit internationalen Kolleg:innen über den Status Quo des europäischen Musikjournalismus zu sprechen, war mir das Line-up von Anfang bis Ende ein Rätsel. Aber schon nach ein paar Hörproben merkte ich: An der Qualität kann es nicht liegen.

In Sofia merke ich außerdem schnell, dass der Vibe bei vielen Musiker:innen anders ist. Während die deutsche Indie-Landschaft zumindest in seiner Struktur noch recht gesettelt ist, kommt es mir in Sofia vor, als sähe man Clubs, Auftrittsmöglichkeiten und junge Bands eben nicht als selbstverständlich an. Eine EU-geförderte Konferenz wie die So Alive, die internationale Presse und Branchenleuten nach Sofia bringt, ist deshalb eine willkommene Chance, ein Spotlight auf Länder wie Bulgarien, Rumänien, Serbien, Zypern oder Griechenland zu legen.

Am letzten Festival-Abend lerne ich dann Gueorgui Linev kennen – einer der Köpfe des Samodiva-Kollektivs. Er erklärt mir, dass die „SODA“-Bar sonst eigentlich keine Konzerte veranstaltet – was auch die etwas seltsam platzierte Bühne erklärt. In Sofia regiere in vielen Bars noch eher klassische Rockmusik – auch Radiosender, die Indie-Bands spielen, gäbe es keine. Gueorgui selbst hat eine interessante Biografie. Als Kind zog er mit seiner Mutter nach Amerika und lebte dort zuletzt in Los Angeles. Als junger Erwachsener kehrte er dann nach Sofia zurück. Den Grund beschreibt er dabei sehr poetisch: Er habe immer eine leichte, „existenzielle FOMO“ verspürt. Es sei „das Gefühl, dass ich etwas zutiefst Lokales verpasst hatte, etwas – das mir eine andere Roots hätte geben können. Ich habe mich oft gefragt, wie ich wohl geworden wäre, wenn ich mit dem Rhythmus des bulgarischen Lebens aufgewachsen wäre, und diese Spannung zwischen Distanz und Zugehörigkeit hat mich immer angetrieben.“ Samodiva sei für ihn „eine Möglichkeit, mich wieder zu verbinden, aber auch, einer Gemeinschaft, der ich mich zugehörig fühle, etwas zurückzugeben.“

Das Kollektiv Samodiva will ein kultureller Zufluchtsort sein

Ich habe zu viele Fragen für einen kurzen Talk nach einem Gig – also verabreden wir, dass wir die Unterhaltung per Mail weiterführen. Dabei frage ich zuerst einmal, wie er Samodiva (hier geht es zum Instagram-Profil) beschreiben würde. „Samodiva ist ein bisschen paradox“, meint er. „Es ist ein Musiklabel, das sich nicht wirklich wie eines verhält.“ Es sei eher „ein gemeinnütziges Kollektiv, aber ich habe oft das Gefühl, dass es eher ein kultureller Zufluchtsort ist, der von Künstler:innen für Künstler:innen geschaffen wurde. Im Kern ist es ein Experiment in kollektiver Energie. Ein lebender Organismus aus Künstler:innen, Produzent:innen und Denker:innen, die versuchen, ein System zu schaffen, das Kreativität fördert, anstatt sie zu verbrauchen.“ Sätze, die auch in unserer heimischen Musikindustrie ebenso ambitioniert wie verlockend klingen.

Gueorgui ist es auch wichtig zu sagen, dass Samodiva eben keine One-Man-Show sei. „Der innere Kreis unseres Teams besteht aus Lyuboslav Iliev, Anton Garov, Nikola Nikolov, Ekaterina Atanassova, Slavinia Katzarska, Yana Kostadinova, Yan Stoyanov, Laura Begler und Kaloyan Peev. Ohne sie und alle anderen, die uns am Rande von Samodiva unterstützen, wäre unsere Arbeit nicht möglich.“

Das Mission-Statement von Samodiva würde er so formulieren: „Wir finden, dass die meisten jungen Artists hier in Bulgarien Ideen haben, die besser sind als die Systeme, die sie unterstützen sollen. Deshalb haben wir versucht, ein neues System aufzubauen, das menschlicher, flexibler und ehrlicher ist. Viele sind unglaublich talentiert, aber oft isoliert und arbeiten ohne Struktur, Finanzierung oder Unterstützung. Das wollen wir ändern.“ Dabei ginge es ihnen darum, „Nachhaltigkeit zu schaffen und Authentizität in einem System zu schützen, das oft Nachahmung belohnt. Unser Ziel ist es nicht nur, Platten zu veröffentlichen. Es geht darum, eine Kultur zu fördern, die Authentizität über Trends, Handwerk über Hype und Verbindung über Wettbewerb stellt. Wir versuchen, ein Ökosystem aufzubauen, das diese Energie fördert, anstatt sie auszubeuten.“

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Viel rohe Energie, aber wenig Struktur in der bulgarischen Indie-Szene

Die Indie-Szene in Bulgarien sieht er als einen sehr lebendigen Widerspruch. Sie sei schön, chaotisch und anstrengend. „Es gibt viel rohe Energie, aber sehr wenig Struktur. Wie ein hochbegabtes Kind, das von Eltern aufgezogen wird, die nicht ganz bei der Sache sind. Das Kind hat ungemein viel Potenzial, aber es muss ich ohne die Hilfe der Eltern in der Welt zurechtfinden – aber das geht eben besser in einer Gruppe anderer Kinder, denen es ähnlich geht.“

In der bulgarischen Indieszene gäbe es „keine echte Infrastruktur, kaum Finanzmittel und nicht viel Spielraum zwischen Underground und Mainstream.“ Aber genau das mache es auch authentisch. „Die Künstler hier schaffen nicht, weil es bequem ist … sie schaffen, weil sie es müssen. Diese Dringlichkeit führt zu Integrität. Was vielleicht noch fehlt, ist ein stärkeres Gemeinschaftsgefühl. Es gibt immer noch ein generelles Misstrauen gegenüber Institutionen. Etwas, das tief in unserer Geschichte verwurzelt ist. Es ist keine Boshaftigkeit, sondern vielleicht Selbstschutz. Das bedeutet jedoch, dass selbst wenn jemand mit guten Absichten versucht, etwas aufzubauen, oft Skepsis folgt.“

Auf die Frage, wo man in Sofia die besten Konzerte sehe könne, sagt er. „Das hängt davon ab, welche Art von Abend du erleben möchtest.“ „Pave“ habe sich still und leise zu einem der wichtigsten Orte der Stadt und zu einem Treffpunkt für Bulgariens neue Welle alternativer und experimenteller Acts entwickelt.“  „Dom“ hingegen sei ein „Ort, der die Grenzen zwischen Club, Galerie und Veranstaltungsort verschwimmen lässt.“ Dann gäbe es noch mit „Mixtape“ einen „Raum, der schon alles gesehen hat und sich irgendwie weiterentwickelt, ohne seine Seele zu verlieren.“ Etwas weiter außerhalb werde es dann noch einmal interessant: „Zoki’s Warehouse“ sei „ein unauffälliger Industriekomplex am Rande von Sofia, der zum schlecht gehüteten Geheimnis der Stadt geworden ist. Hier findet alles statt, von lärmigem Post-Punk- bis hin zu Avantgarde-Elektro-Nächten, improvisierten Jazz-Sessions und visuellen Installationen. Das ist eines der Dinge, die ich an Sofia mag. Die Szene hier hat immer noch diese schöne Unbeständigkeit … sie ist nicht bis zum Umfallen kuratiert.“

Neben den Bands, die ich in der Bar „SODA“ gesehen habe, empfiehlt mir Gueorgui Linev noch die Post-Punk-Band Scarlet und das „audiovisuelle Kollektiv“ Slicr.

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Eine systematische Benachteiligung im System der europäischen Musikindustrie

Die Frage, warum mir hierzulande eher selten Bands aus der Balkanregion oder den Nachbarländern begegnen, ist auch der Kernpunkt am Eröffnungsabend der So Alive in einem sehr schönen Freiluftkino am Park des Kulturpalasts. Festivalleiterin Ruth Koleva gibt schlüssige Antworten auf die Frage und verbindet sie dabei mit der leidenschaftlichen Aufforderung „The Balcans deserve a stage.“, die während ihres Bühnenvortrags an eine Leinwand projiziert. Wir wissen natürlich alle, dass in den letzten Jahren unheimlich viel neue Musik in den Markt drängte und es für alle Newcomer:innen schwierig ist, ein Publikum zu finden – vor allem, wenn man keines der drei großen Majorlabels (Universal, Sony, Warner) im Rücken hat.

Koleva arbeitet mit einer an diesem Abend vorgestellten Recherche ihres Teams aber auch eine systemische Benachteiligung der Region heraus: Länder wie Bulgarien, Rumänien, Serbien aber oder Zypern haben eine recht hohe Dichte an veröffentlichenden Künstler:innen, sind aber bei den etablierten „großen“ Showcase Festivals wie dem Eurosonic / Noorderslag, dem Reeperbahn Festival oder dem Great Escape verhältnismässig unterrepräsentiert.

Auch große Labels und wichtige Gatekeeper wie zum Beispiel Spotify haben selten Büros oder gar Ansprechpartner:innen in diesen Ländern. Außerdem ist die Region kulturell zwar eng verwachsen, aber wer in seiner Landessprache singt, erreicht oft nur ein – im Vergleich zu anderen Märkten – verhältnismäßig kleines Publikum. Und obwohl es ja gerade spannend wäre, nicht immer nur deutsche, englische oder französische Musik zu hören, ist die Sprachbarriere beim Hörer:innen-Verhalten nun mal leider real.

Koleva trägt all diese Daten und Fakten in Sofia jedoch eher kämpferisch als resigniert vor: Denn dafür gibt es ja Festivals bzw. Konferenzen wie das So Alive, das mit viel Herzblut, freiwilliger Hilfe aus der lokalen Szene und auch durch EU-Forderung ein starkes Programm aus Gigs, Vorträgen und Diskussionsrunden rund um den ikonischen Bau des Nationalen Kulturpalast in Sofia auf die Beine stellt.

Alles, was Ruth da auf der Bühne sagt, unterstreicht sie dann mit dem besten Argument das man als Festival haben kann: Gleich die erste Künstlerin, die ihrem Vortrag nachfolgt, ist nicht weniger als fantastisch. Bühne frei also für Della.

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Della über ihre EP „13“ und die Musikszene in Zypern und im Balkan

Della Savvidu, so ihr ganzer Name, könnte mit ihrem emotionalen, queeren, fantastisch gesungenen Songwriterinnen-Sound zwischen Indie, Rock, Folk und bluesigen Elementen sofort mit Kolleginnen wie Phoebe Bridgers, Mitski oder Lucy Dacus auf Tour gehen – deren Fans würden sie lieben.

Della hat eine faszinierende Live-Stimm-Präsenz, eine sehr gut eingespielte Band und ihre im Juni veröffentlichte EP „13“ im Rücken, die vor allem in Stücken wie „Sunday“ oder „how do i?“ Dellas Qualitäten in Gesang und Songwriting highlightet. Ich habe ihre EP schon auf der Flugreise nach Sofia gehört und mich die ganze Zeit gefragt, warum ich ihre Musik noch nicht kannte. Ich finde ihren Gig so gut, dass auch wir uns noch auf ein Mailinterview verabreden – und freue mich sehr, dass sie am Ende der Konferenz als einer von 15 Acts für die „Music Moves Europe Awards“ nominiert wird, die im Januar Rahmen des Eurosonic / Noorderslag Festivals in Groningen vergeben werden.

Della ist die erste Künstlerin überhaupt aus Zypern, die beim MME Award im Rennen ist. Sie beschreibt die Szene in ihrer Heimat so: „Wenn ich die Szene auf Zypern mit Fußball vergleichen müsste, würde ich sagen: Wir haben Weltklasse-Spieler:innen, aber unser bestes Stadion gleicht eher einem Bolzplatz, wo sich am Sonntag die Kids zum Kicken treffen. Vielleicht liegt es an der Größe der Insel, vielleicht an der Kultur, aber vor allem für alternative Musik ist die Szene recht klein.“

Für Acts wie sie gäbe es nur ein großes Festival, das dieser Art von Musik eine Plattform bietet: Fengaros heißt es. Die Konzertlocations könne sie auch an einer Hand abzählen. „Allerdings haben diese Bedingungen einige unglaublich widerstandsfähige, einfallsreiche und einzigartige Musiker hervorgebracht“, meint Della. „Die Anpassung an diese Umgebung gibt dir Werkzeuge an die Hand, die du anderswo nicht finden würdest.“ Einen Spirit, den sie mit den Samodiva-Leuten teilt – und mit ihrem Label Louvana Records, das im Wesentlichen aus Andreas Trachonitis und Alexandra Astreou-Karides besteht. „Es ist ein kleines Independent-Label, das sehr viel für diese Szene getan hat“, erklärt Della. „Die Zusammenarbeit mit ihnen ist etwas ganz Besonderes. Ohne ihre Unterstützung wäre all das nicht möglich gewesen.“

Das So Alive sei eine wichtige Chance für sie, sagt Della. Und sie habe gemerkt, dass sie Showcase Festivals wie dieses durchaus möge. „Das Publikum ist vielleicht ein wenig kleiner, und es ist viel Branche da, aber ich habe gemerkt, dass das einen eigenen Reiz für mich hat, weil die Neugier und die Aufmerksamkeit ganz anders ist. Es fühlt sich wie ein Privileg an, eine internationale Karriere vor einem so engagierten und interessierten Publikum zu beginnen. Bisher habe ich einige wirklich coole Leute kennengelernt, mit denen ich hoffentlich in Kontakt bleiben werde. Die europäische Musikindustrie ist auch überraschend kleiner als ich dachte, daher ist es schön, in verschiedenen Städten immer wieder dieselben Gesichter zu sehen.“

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Obwohl Zypern streng genommen nicht zur Balkanregion gezählt wird, gäbe es eine spürbare kulturelle Verbindung, die auch erklärt, warum das So Alive Acts aus Griechenland und Zypern einlädt. „Es gibt definitiv eine Art geteilter Energie, einen ähnlichen Vibe“, erklärt Della. „Etwas an dem Temperament und der Art und Weise, wie die Menschen hier auf das Leben blicken, kommt mir sehr vertraut vor. Auch wenn Zypern geografisch nicht zum Balkan gehört, teilen wir kulturell eine Art von Rawness, mit der ich mich sehr identifizieren kann. Das fällt mir immer besonders in Restaurants und Bars oder Taxis auf, wenn ich mich mit Fahrer:innen, Kellner:innen oder Mitarbeiter:innen unterhalte. Es zeigt sich im Humor, in der Herzlichkeit und manchmal auch in dem Gefühl, der Underdog zu sein. Wenn ich Künstler:innen aus der Region getroffen habe, kam es mir vor, als würde ich entfernte Cousins treffen. Ich finde einige der besten Künstler:innen, die ich kenne, kommen aus dem Balkan.“ Hier mit einigen von ihnen zu spielen, sei eine große Ehre für sie.

Dellas starke Debüt-EP trägt den Titel „13“ – obwohl ihr einige davon abgeraten hätten. Aber die 13 sei nunmal ihre absolute Lieblingszahl. „Sie war meine Basketballtrikotnummer, als ich aufwuchs, und sie hat mich schon immer fasziniert. Es ist eine Primzahl. Sie ist ein bisschen ein Außenseiter und passt nirgendwo so richtig hin. Mein Glücksdatum war außerdem schon immer Freitag, der 13., und ich habe diese Zahl eher als etwas Gutes, denn als etwas Beängstigendes für mich beansprucht.“ Die Nominierung und das Booking für Gronigen im Januar bewiesen ja eher, dass die 13 ihr Glück bringen würde.

Della ist es abschließend auch noch wichtig zu sagen, dass sie nicht nur queere Musik mache, sondern immer betont, dass sie eine queere Musikerin ist. Das sei gerade im jetzigen Klima immens wichtig. „Das ist nicht nur eine persönliche, sondern auch eine politische Frage. Wer in der Öffentlichkeit steht und im Kunstbereich arbeitet, profitiert von der Sichtbarkeit und den Freiheiten, für die Menschen vor uns gekämpft haben. Das Mindeste, was man tun kann, ist, dieses Erbe fortzuführen, denn wenn wir aufhören, es anzuerkennen, riskieren wir einen Rückschritt.“ Sie selbst habe immer Tränen in den Augen gehabt, wenn sie eine queere Künstlerin auf der Bühne oder in einem Video gesehen hätte. „Dieses Gefühl war eine ganz besondere Art des Erkanntwerdens. Es ließ mich daran glauben, dass vielleicht auch ich eines Tages das tun könnte, was sie tun. Vor allem, weil ich in einem Umfeld aufgewachsen bin, in dem ich mich oft wie eine Ausgestoßene fühlte, liebe ich die Vorstellung, dass sich auch nur eine einzige Person aufgrund meiner Worte oder Taten sicherer fühlen könnte.“

Unsere (weiteren) Entdeckungen beim So Alive

Nach all diesen Gesprächen und den tollen Konzerten schmerzt es fast ein bisschen, dass man als Musikjournalist, der eine Weile dabei ist, weiß, wie schwer es ist, selbst als musikalisch überzeugender Act eine internationale Laufbahn einzuschlagen, wenn man nicht aus den Ländern stammt, in denen sich die Musikindustrie sehr massiv aufgestellt hat und auch die staatliche Musikexportförderung üppig ausgestattet ist.

Trotzdem will ich die Hoffnung nicht aufgeben, dass sich die eine oder der andere durch Texte wie diesen inspirieren lässt, mal in andere Länder, Szenen und Playlisten zu schauen und nicht nur das an Newcomer:innen zu hören, was einem die Algorithmen in die Playlisten spülen. Deshalb hier noch einige Acts, die uns auf dem So Alive überzeugt haben. Wer diesen langen Text bis hier ausgehalten hat, schafft jetzt auch noch mit mir die letzte Runde – und entdeckt dabei noch richtig gute Musik.

Alone At Parties: Man muss das Rad nicht immer neu erfinden: sphärischer, melancholischer, gut geschriebener und gesungener Indie-Pop kriegt uns immer wieder. Die rumänische Band aus Cluj-Napoca hat sogar eine besondere Verbindung zum So Alive: Ihr Song „Petals“, mit der tollen rumänischen Sängerin und Songwriterin Desi Latinova, entstand genau dort im vergangenen Jahr im Rahmen eines Songwriting-Workshops – und wurde in diesem Jahr natürlich auch zusammen gespielt.

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Jenyka: Die jüngste im Line-up ist so etwas wie Bulgariens Pop-Wunderkind: Gerade erst 15 Jahre alt, ist sie in Bulgarien schon seit ihrem Kindesalter bekannt. 2021 trat sie mit fantastisch gesungenen Jazz- und Pop-Covern an und sang in der TV-Show „Bulgaria’s Got Talent“. Sie nutzte diese Aufmerksamkeit dann, um ihre eigenen Songs an den Start zu bringen. Live ist Jenyka heute bisweilen recht pop-punkig im Stile einer Olivia Rodrigo unterwegs und noch ein wenig stimmgewaltiger als bei den Studioaufnahmen – ihre Band war leider etwas Mucker-lastig, aber ansonsten war es ein sehr spannender Gig.

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Elsdeer: Denise Dombrowskis rumänisch-deutsche Band Elsdeer hat ihre Homebase mittlerweile in Berlin, wo sie gut hinpasst in die hiesige Indie- und Folk-Szene. Aber Elsdeer sind schon mittendrin in einer international funktionierenden Laufbahn und spielten bereits Konzerte in den USA, Japan, Thailand, Südkorea und UK.

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Mono & The Stereos: Erst Anfang 2025 gegründet, klingt diese bulgarische Band schon jetzt, als würde sie in dieser Konstellation seit ein paar Jahren durch die Länder ziehen.  Auch sie setzten eher auf einen international ausgerichteten Sound zwischen Indie, Folk und Country, der vielleicht ein wenig an die eingängigeren Songs der gehypten Black Country, New Road erinnern. Dieses Video fängt ihren Live-Vibe ganz gut ein:

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Not A Rapper: Live hatte Not A Rapper mit einer etwas unglücklichen Spielzeit zu kämpfen, als viele Besuchende noch in diversen Panels festhingen und sie nicht ganz das Publikum vor der Bühne hatte, dass sie verdient hätte. Aber Not A Rappers Songs brachten eine sehr erfrischende Note in das So Alive-Line-up: Sie singt tatsächlich mehr als das sie rappt, bringt aber die Attitude und den Wortwitz einer guten Rapperin mit. Seit vergangenem Jahr produziert sie auch ihre Musik komplett im Alleingang. Wie gut das klingt, beweist vor allem ihr früher Hit „Drip Drop“, der bei Spotify nicht mehr weit von den siebenstelligen Streams entfernt ist.

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Elena Leoni: Auch ein paar griechische Acts waren beim So Alive am Start: Zum Beispiel die faszinierende Harfenistin, Songwriterin und Sängerin Elena Leoni. Sie singt auf Griechisch, spielt ihre Harfe bisweilen wie eine Bassgitarre und hat folkige Stücke, herzzerreißende griechische Balladen und sogar sehr tanzbaren Elektro-Pop im Repertoire. Mit ihren zwei Mitmusikern auf der Bühne lieferte sie eine der besten Performances des Wochenendes.

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