Album der Woche: Jassin – Arsenalplatz
Mit Songs wie „Bind mir die Augen zu“ oder „Kinder können fies sein“ hat sich Jassin im vergangenen Jahr von null auf Hundert als eine der spannendsten Stimmen im deutschsprachigen Musikraum etabliert – und zwar völlig zurecht, wie sein Debütalbum „Arsenalplatz“ eindrucksvoll zeigt. Schon die gleichnamige Single hatte Hörer:innen im September gezeigt, welches Talent in dem jungen Künstler aus der Lutherstadt Wittenberg schlummert. Das Album „Arsenalplatz” ist dabei mehr als nur ein Platz in der Altstadt Wittenbergs, mehr als nur eine Single. Denn die Zeit in der Universitätsstadt ist für Jassin nicht nur von positiven Erlebnissen geprägt, wie er schon in seiner Folge DIFFUS Untergrund erzählte. Als Sohn eines ägyptischen Vaters und einer deutschen Mutter muss er während seinem Aufwachsen einiges einstecken. Außerdem erlebt der Künstler die Schwierigkeiten zwischenmenschlicher Beziehungen anhand seiner Eltern, von denen auch der Song „Wann trennt ihr euch“ erzählt.
Jassin: Ehrliche Direktheit und nostalgische Momente
Auf seiner Debütplatte liefert Jassin eine ganze Reihe an berührenden Momenten zwischen Melancholie, Wut, Liebe und Hoffnung auf insgesamt zwölf Songs. Über das vergangene Jahr hat Jassin in seiner Musik immer wieder bewiesen, wie er persönliche Erfahrungen und Emotionen in gefühlvoller Musik verpackt. Und obwohl der Künstler natürlich aus seinem eigenen Leben erzählt, sorgt seine verletzliche Direktheit beim Hören dafür, dass man sich dann doch in eigenen nostalgischen Momenten findet.
Musikalisch festigt Jassin seinen Sound und pendelt zwischen Hip-Hop, Rap und Songwritertum. Mit pulsierenden Beats wie auf „Bitte sei vorsichtig“ oder „Simson S51“ beweist der Künstler, dass er sich nicht vor großen Tönen scheut und zeigt sein feines Gespür für Melodien. Sanfte Gitarren lassen sich auf dem Debüt auch finden, wie beispielsweise auf „Dazwischen“ oder „Sonnenbankflavour“. Auch die gefühlvolle Ballade „Dein Herz“, die zum Innehalten bewegt, hat es auf die Platte geschafft. Während Jassin selbst schon als Gast bei Songs von Trettmann oder Disarstar mitgearbeitet hat, blieben eigene Feature-Singles bisher aus. Das ändert sich aber nun. Niemand geringeres als der NNDW-Godfather Edwin Rosen begleitet den Musiker auf dem Song „Wieder zurück“. Gemeinsam bündeln die Künstler ein melancholisches Instrumental mit direkten Lyrics.
„Arsenalplatz“: Zwischen Gesellschaftskritik und Liebeserklärung
Jassin bleibt auf seinem Debütalbum auch gewohnt sozialkritisch. Schon seine erste Single „Bind mir die Augen zu“ verpackt harte Realisation des sozialen und politischen Zustands in Deutschland. „Deutschland wird braun, aber ich wenigstens auch“ singt der Musiker auf „Sonnenbankflavour“ und liefert damit nicht nur einen politischen Track, sondern auch eine Bushido-Referenz à la Pashanim, Souly oder Zsá Zsá. Da der Musiker sich auf dem Album in großen Teilen mit seinem Aufwachsen auseinandersetzt, ist die Bushido-Referenz mit „Sonnenbankflavour“ auch nicht komplett unerwartet. Denn der mittlerweile etwas in Verruf geratene Rapper gehörte mit seinen Songs in den 2000ern zu einem entscheidenden Grundstein für deutschen Hip-Hop.
Trotz all dem Frust über die Gesellschaft verliert Jassin nicht die Leichtigkeit und Dankbarkeit in seiner Musik. Die zwischenmenschlichen Beziehungen, die Jassins Songs maßgeblich prägen und für die einem selbst manchmal einfach die Worte fehlen, findet der Künstler in seinen Songs: „Meine Mutter fragt mich öfter wie’s dir geht / Sie mag dich, weil du so viel lachst / Und ich glaub‘ auch, weil sie weiß, dass du schon immer für mich da warst“. „So ehrlich wie es hätte sein können“ schreibt Jassin zum Albumrelease. Damit dürfte er auf seinem Debütalbum den wohl passendsten Ton für die aktuelle Gefühlslage und Stimmung junger Menschen getroffen haben.
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