Rooting for the Anti-Hero: Das Drama um Taylor Swift, Matty Healy und Ice Spice
Die Geschichte von Taylor Swift und ihren (Ex-)Beziehungen wird beinahe schon seit dem Zeitpunkt erzählt, als die Sängerin ihre erste Westerngitarre in die Hand nahm. Die Namen von Taylors Partnern ist in dem Fandom eine mindestens genauso wissenswerte Abfolge wie die der Titel in ihrer Diskografie. Nicht nur durch ihre eigenen Songs, in denen sie immer wieder Trennungen verarbeitet, sondern auch durch öffentlich abgehaltene Diskussionen, ist das Dating-Leben der Künstlerin für alle Interessierten ein offenes Buch. Ist es dabei nicht eigentlich allein ihre Sache, mit wem sie ihre Zeit verbringt? Wieso also sprechen wir ein weiteres Mal darüber, wen Taylor Swift jetzt gerade datet? Diesmal scheint sie den Anti-Hero höchstpersönlich ausgewählt zu haben, und das stößt vielen sauer auf.
In einer Beziehung mit Matty Healy
Seit vor einigen Wochen gemutmaßt wurde, dass Taylor Swift und Matty Healy von The 1975 ein Paar sind, wird die Wolke über den Swift-Fans immer dunkler. Denn Matty ist, nun ja, ein sehr schwieriger Charakter. Obwohl er sich in seiner Kunst eigentlich immer wieder gegen Rassismus ausspricht und die LGBTQI+ Community unterstützt, sprechen seine Taten und Aussagen in so manchen Interviews dann doch sehr dagegen.
Das scheint seine Marke zu sein: Der Typ, den man nie ganz durchschaut, der viel Zeug redet, das keinen Sinn ergibt und kontroverse Aussagen tätigt, ohne dabei einen Punkt zu haben. Spätestens seit seiner mehr als nur fragwürdigen Aktion im Januar, als er bei einem seiner Konzerte den Hitlergruß gezeigt hat, um auf Kanye Wests radikale Aussagen aufmerksam zu machen, erfuhr der Sänger einen gewaltigen Backlash. Dieser flachte jedoch genauso gewaltig wieder ab. Ein Statement seinerseits gab es damals nicht. Lediglich eine Deaktivierung seiner Social-Media-Accounts folgte ein paar Wochen nach dem Vorfall. Mit der Begründung: „The 1975 ist eine Band der Ären. Die Ära, in der ich ein Arschloch bin, ist jetzt vorbei.“ Dieses Vorhaben hat jedoch scheinbar nicht allzu lange gehalten.
Während viele von Healys Aussagen ihm in der Vergangenheit „verziehen“ oder einfach unbeachtet stehengelassen wurden, scheinen ihn die Konsequenzen davon nun doch einzuholen. Seine offenbare Endstation: Die Social Media Accounts von Taylor Swift-Fans.
Taylor, Matty, Ice Spice
Einen solchen Charakter, dessen Reputation seit längster Zeit einen üblen Beigeschmack mit sich trägt, mit der eigenen Lieblingssängerin zu sehen, sticht zuerst einmal ganz tief in die Magengrube. Seit die Taylor-Bubble herausgefunden hat, dass sie und Matty Healy ein Paar sein sollen, fing sie an zu graben. Und bei Matty reicht es schon, mit dem kleinen Finger an der Oberfläche zu kratzen.
So tauchte vor einigen Tagen eine Folge des Podcast „The Adam Friedland Show“ wieder auf, in der Healy Anfang des Jahres zu Gast war. In der Episode, die im vergangenen Januar aufgezeichnet wurde, mokierten sich Host Friedland und Co-Host Nick Mullen über das Aussehen der Rapperin Ice Spice. Sie nannten die Künstlerin „Inuit Spice Girl“ und bezeichneten sie als „Chubby Chinese Lady“, gefolgt von einer Imitation hawaiianischer und chinesischer Akzente. Matty Healy machte zwar keinen dieser Kommentare selbst, lachte jedoch sehr deutlich über diese rassistischen und abfälligen Bemerkungen und stimmte zu „Ja, so ist Ice Spice“.
Halbgare Entschuldigung
Was dem Ganzen einen weiteren schmerzvollen Seitenstich verleiht: Eine Woche vor der Aufzeichnung drückte Ice Spice ihre „Obsession“ für The 1975s Musik aus und bekannte sich als großer Fan. Ouch.
Dass dann in der vergangenen Woche die Kollaboration von Taylor Swift und Ice Spice zu dem Remix ihrer Single „Karma“ erschien, kam zu einem eher semi-idealen Zeitpunkt. Obwohl von Matty Healy eine Entschuldigung für sein Verhalten im Podcast folgte, war es eben eine Entschuldigung von Matty Healy: Halbgar und nicht so ganz ernstzunehmen. „Ich fühle mich ein bisschen schlecht und es tut mir irgendwie ein bisschen Leid, wenn ich dich verletzt habe. Ice Spice, es tut mir leid. Es ist nicht, weil es mich ärgert, dass mein Scherzen falsch verstanden wurde. Es ist, weil ich nicht möchte, dass Ice Spice denkt, ich sei ein Idiot. Ich liebe dich, Ice Spice. Es tut mir so leid“, gestand er während seiner Show in Auckland.
Ob eine so halbherzige Entschuldigung den Normalzustand wiederherstellen und Mattys Aussagen vergessen lässt? Jedenfalls sieht es jetzt für viele Fans danach aus, als wäre das Feature von Ice Spice auf „Karma“ nur erschienen, damit Taylor stellvertretend für den The 1975-Sänger die Wogen glättet.
Dabei bekommt auch Taylor selbst für die Arbeit rund um ihre neue Single Kritik, in erster Linie für das Musikvideo. Einige, vor allem BiPoC Creator:innen werfen ihr nämlich vor, dass sie sich hier sehr stark von der Arbeit anderer Künstler:innen inspirieren hat lassen. Szenen aus „Karma“ werden hier verglichen mit beispielsweise Videos von Doja Cat und Sza zu „Kiss Me More“ ode Doja Cat und The Weeknd „You Right“. Tatsächlich haben die Visualisierungen aus utopischen Fantasie-Landschaften und Himmelstempeln eine verblüffende Ähnlichkeit.
Die Forderungen der Fans
Ungefähr zur selben Zeit veröffentlichten Taylor Swift-Fans einen offenen Brief an die Künstlerin zu der Thematik. Mit dem Hashtag #SpeakUpNow fordert der Twitteraccount @alloftaysgirls, dass sich Taylor Swift zu den Kontroversen über Matty Healy äußern und Stellung beziehen solle. „Deine Stimme hat enorme Macht und im Moment ist deine Stille spürbar (…) Wir bitten dich, über die Auswirkungen deines eigenen Verhaltens und des Verhaltens deiner Mitmenschen nachzudenken“, schreiben die enttäuschten Fans unter anderem in dem Brief.
Viele meinen auch: Dass Taylor und Matty ein Paar sind sei bereits ein klar politisches Statement ihrerseits. Deshalb wünschen sie sich ihre Distanzierung von Healys Aussagen. Aus Fan-Perspektive verständlich, denn es ist ein grollendes Gefühl, von dem eigenen Idol enttäuscht zu werden. Aber: Taylor Swift und Matty Healy werden ihre Beziehung wohl kaum nach nur wenigen Wochen auflösen, um ein Statement zu setzen.
„Vielleicht doch“
In der Zwischenzeit hat sich Healy in einem Interview mit The New Yorker zu dem Podcast-Vorfall geäußert: „Aber es spielt eigentlich keine Rolle. Niemand sitzt abends an seinem Computer zusammengesackt, und der Freund kommt herüber und fragt: ‚Was ist los, Liebling?‘ und man antwortet: ‚Es geht nur um diese Sache mit Matty Healy.‘ Das passiert einfach nicht.“
„Vielleicht doch“, antwortete die Journalistin Jia Tolentino auf diese Aussage, die das Gespräch mit Matty führte. Seine Antwort darauf: „Wenn es doch passiert, bist du entweder verwirrt oder du bist, sorry, ein Lügner. Du lügst entweder, dass du verletzt bist, oder du bist ein bisschen verrückt, dass du verletzt bist. Es sind einfach Leute, die sagen: ‚Oh, da ist etwas Schlimmes, lass mich so nah wie möglich rangehen, damit du sehen kannst, wie gut ich bin.‘ Und irgendwie möchte ich, dass sie das tun, weil sie etwas auf so einer grundlegenden Ebene demonstrieren.“
Dabei ist es genau dieser Punkt in der Sache: Vielleicht passiert es ja doch. Der offene Brief beispielsweise zeigt, dass es sehr viele Fans trifft und mitnimmt, was da gerade passiert. Auf Twitter gibt es zahlreiche Statements, dass Fans Taylor Swift von nun an nicht mehr unterstützen möchten. Auch, dass sich vor allem BIPoC, chinesische, hawaiianische und Inuit-Personen in der Fanbubble von dem Verhalten angegriffen und sich in ihrem Safe-Space nicht mehr sicher fühlen, passiert gerade. Aber ist das nun wirklich Taylors Verantwortung? Sie für das Verhalten ihres mutmaßlichen Partners verantwortlich zu machen ist nicht nur ein Eingriff in die Privatsphäre, sondern auch ziemlich bevormundend.
Denn Matty Healy ist die Person mit dem Fehlverhalten, mit den halbherzigen Entschuldigungen und dem Lachen über abfällige Kommentare. Vielleicht sollte ein offener Brief eher an ihn adressiert werden. Damit er seine „Ära, ein Arschloch zu sein“ wirklich ein für alle Mal beendet.
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