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Was uns der Prozess gegen Sean „Diddy“ Combs bisher gelehrt hat

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Trigger-Warnung: Im folgenden Beitrag werden sexualisierte Gewalthandlungen und deren Folgen für die Betroffenen geschildert, die belastend und retraumatisierend sein können.

Gerade ist die sechste Prozesswoche im „Daniel Patrick Moynihan United States Courthouse“ in New York zu Ende gegangen und die Staatsanwaltschaft ist mit „ihren“ Zeug:innen durch. Ab jetzt wird Diddys Anwaltsteam seine Zeug:innen laden. Die Anklage gegen Combs lautet auf Sexhandel, sexueller Missbrauch in mehreren Fällen und organisierte Kriminalität. Combs plädiert in allen Fällen auf „nicht schuldig“ und weist alle Vorwürfe zurück. So viel zur Einführung, damit alle wissen, wo man steht. Hier nun ein paar Dinge, die uns der Prozesse gelehrt hat.

Es ist gut, dass der Prozess nicht live übertragen wird

Während zum Beispiel der Prozess gegen O.J. Simpson oder die Auseinandersetzung von Johnny Depp und Amber Heard live im Fernsehen zu sehen waren, gibt es das im Diddy-Prozess nicht. Der Grund dafür, bzw. der Unterschied zu den anderen genannten: Combs Prozess wird vor einem Bundesgerichtshof verhandelt, was bei Depp und Simpson nicht der Fall war. In der „Federal Rule of Criminal Procedure 53“ ist festgeschrieben, dass „elektronische Berichterstattung über Strafverfahren vor Bundesgerichten“ nicht erlaubt ist.

Es ist also die große Stunde der Gerichtszeichner:innen und der akkreditierten Presse, die in den meisten Fällen seriös und täglich berichtet. Wir empfehlen besonders den BBC-Podcast „Diddy on Trial“, den wir hier mit einzelnen Folgen verlinken werden. Im deutschsprachigen Raum ist @helalgossip eine Bank: Sie liefert tägliche Updates, die sie aus den berichtenden Medien und der Gerüchteküche herausdestilliert hat. Zwar muss man bei vielen Zusammenfassungen im Netz – vor allem auf YouTube – ganz genau schauen, wem man da zuhört, und nicht alle Berichtenden halten sich an die Regeln gegen Verdachtsberichterstattung, aber trotzdem ist es gut, dass man all die Dinge, die dort erzählt werden, nicht live im TV mitverfolgen kann. Vor allem, wenn die potenziellen Opfer von ihren Erfahrungen berichten. Die in diesem Artikel im Wortlaut zitierten Parts stammen aus der Berichterstattung des amerikanischen „Rolling Stone“, der an jedem Prozesstag Journalist:innen im Verhandlungsraum hat.

@helalgossip

Worum geht es im Diddy Prozess eigentlich? Wegen was ist Diddy angeklagt? Wieso hören wir so viel über seine Beziehung mit Cassie? Der Diddy Prozess erklärt. #diddy #pdiddy #cassie #puffdaddy #seancombs #trial #update #hollywood #exposed #rap #erklärung

♬ Originalton – Helal Gossip

Die Mutigen in diesem Prozess heißen Cassie Ventura oder nennen sich „Mia“ und „Jane“

Bei Prozessen wie diesem, in dem auch sexueller Missbrauch und Vergewaltigung verhandelt werden, gilt natürlich für die Angeklagten die Unschuldsvermutung. Was ja gerne von Fans der Beklagten angeführt wird und juristisch natürlich stimmt. Im Falle von Diddy ist es nun so, dass die Öffentlichkeit bereits viele unschöne Dinge zu hören und zu sehen bekam, von denen einige eigentlich justiziabel sein sollten (wie wir hier berichteten).

An diesem Punkt des Prozesses kamen wie gesagt vor allem die Zeug:innen der Anklage zu Wort, was natürlich das bisher gezeichnete Bild von Combs prägt – u. a. sprachen ehemalige Assistent:innen wie eine anonym bleibende Frau, die im Prozess „Mia“ genannt wird, männliche Sexarbeiter, die an den sogenannten „Freak-offs“ teilnahmen, Combs Ex-Freundin Cassie Ventura und eine weitere Ex-Freundin, die als „Jane“ ausgesagt hat.

Eindrücklich in Erinnerung bleiben vor allem die Aussagen und Auftritte der potenziellen Opfer, die im Kreuzverhör von Diddys Anwaltsteam oft hart angegangen wurden. Wer die Berichte über diese Szenen liest, kommt zu dem Schluss, den wir immer wieder betonen: Wir müssen immer zuerst den Opfern glauben. In den wirklich allerallerallerallerallerallermeisten Fällen sind ihre Erfahrungen in großen Teilen wahr und die These, man könne als Frau berühmt werden, wenn man sich als Opfer eines sexuellen Übergriffs eines prominenten Mannes inszenieren würde, ist einfach dummer, misogyner Bullshit, der nicht dadurch wahrer wird, dass er permanent von Idioten in Kommentarspalten geschrieben wird.

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Gleichzeitig sah man an den Verhören, dass Manipulation, Missbrauch und finanzielle Abhängigkeiten natürlich zu Szenen führen, die nicht so offensichtlich sind, wie man sich das für einen Prozess wünschen würde. Die Anklage wies zum Beispiel schon im Eröffnungsplädoyer darauf hin, dass man Videos von Hotelszenen sehen würden – die besagten „Freak-offs“ – in denen es so aussieht, als hätten die beteiligten Frauen Spaß, was aber nicht der Fall gewesen sei. Was eben sehr realistisch ist, weil diese Frauen – wie man im Prozess lernte – oft gedrängt wurden, Ecstasy zu nehmen und teilweise Angst vor Combs Wutanfällen hatten oder ihn tatsächlich noch liebten und psychologisch gedrängt wurden, Grenzen zu überschreiten, was ihnen später erst bewusst wurde.

Mit diesem Wissen erscheint es noch mutiger, dass sich Cassie Ventura, „Jane“ und „Mia“ diesem Prozess stellen, weil sie einerseits gezwungen werden, traumatische Erfahrungen mit der Öffentlichkeit zu teilen, dabei ihrem Peiniger gegenüber sitzen – und sich dann auch noch von Diddys Verteidigung anhören müssen, sie hätten freiwillig mitgemacht, weil Diddy sie finanziell ausgehalten habe, oder aber sie wollten nun an einer Verurteilung verdienen – obwohl es vor Gericht gar nicht primär darum geht, irgendwelche Ausgleichszahlungen herauszuholen.

Das sagt Cassie Ventura

Ventura füllte die meiste Rede-Zeit der Anhörungen der Staatsanwaltschaft. Die Sängerin und Tänzerin war seit ihrem 22. Lebensjahr mit Diddy zusammen – bis sie sich nach zehn Jahren trennte. Combs habe sie in fast allen Belangen kontrollieren wollen. Und sei durchgehend gewalttätig gewesen, vor allem, wenn es zum Streit kam. „Er schlug mich auf den Kopf, stieß mich um, zerrte mich, trat mich, trat mir auf den Kopf, wenn ich am Boden lag.“ All das konnte man auch auf dem Hotelflur-Video sehen.

Cassie Ventura war es auch, die dann ausführlich über die „Freak-offs“ sprach. Ein fast schon geflügeltes Wort, das die Fantasien vieler Kommentatoren und Klatschblätter auf Hochtouren brachte. Vor allem auf TikTok verbanden viele Leute dieses Wort mit Fotos von Sean Combs legendären Hauspartys, auf denen über Jahre die Musik- und Film-Prominenz ein- und ausging. Was natürlich extrem problematisch und irreführend ist, weil es keine handfesten Hinweise darauf gab, dass beides zusammenhängt, oder alle Gäste wussten, was Diddy in Hotelzimmern so treibt.

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Cassie beschrieb den Ablauf der Freak-offs auf Nachfrage des Richters so: Sie oder Diddy habe männliche Escorts bestellt, die Sex mit ihr gehabt hätten. Diddy beobachtete sie dabei und orchestrierte den sexuellen Akt. All das habe in Hotelzimmern in New York City, Los Angeles, Miami oder auch auf Ibiza stattgefunden. Meist seien die Zimmer für Combs auf Decknamen wie „Jackie Star“ für Ventura oder „Frank Black“ oder „Frank White“ für Combs reserviert worden. Oft seien diese Freak-offs zu tagelangen Parties ausgeartet. Ventura habe sie mehr und mehr als „ekelhaft“ empfunden. Vor allem, weil Combs, um sich zu erregen, auf sie uriniert habe oder die Escorts bezahlt habe, dies zu tun. Sie habe Kokain und Ecstasy genommen, um wachzubleiben und das alles auszuhalten.

Cassie Ventura erzählte auch, sie habe eigentlich an Combs Seite ihre gut gestartete Karriere als Sängerin und Tänzerin vorantreiben wollen. Er habe ihr versprochen, sie dabei zu unterstützen. Stattdessen hätten aber die Sex-Partys immer mehr Raum eingenommen. Sie seien „zu einem Job geworden“. „Das hat einen großen Teil meines Lebens in Anspruch genommen“, so Cassie Ventura. „Es gab keinen Raum, um etwas anderes zu tun, als sich zu erholen und zu versuchen, sich wieder normal zu fühlen.“ Da das nicht geklappt habe, sei sie dem Alkohol und diversen Drogen verfallen.

Auf die Frage, warum sie nicht damit aufgehört habe, sagte Ventura, dass sie zuerst ihren Freund habe glücklich machen wollen. „Und irgendwann hatte ich den Eindruck, ich hätte gar keine Wahl mehr“, betonte sie. Combs habe zudem „viele Möglichkeiten gehabt“, sie mit kompromittierenden Videos gefügig zu machen und diese immer wieder betont.

Auch das im Vorfeld oft angesprochene Babyöl wurde erläutert. Ventura sagte darauf, dass sich auf Combs Anweisungen alle Beteiligten der Sexpartys mit Babyöl eingerieben hätten. „Sean wollte, dass es heiß ist und glänzt, also haben wir es alle fünf Minuten aufgetragen“, sagte Ventura. Bei einer „Freak-Off“-Party in Beverly Hills hätte es gar einen „mit Babyöl gefüllten Pool“ gegeben, in den sie auf Combs‘ Wunsch hineingesprungen sei. „Wenn Sean es wollte, dann musste es passieren, daran führte kein Weg vorbei.“

Das sagt Zeugin „Mia“

Auch die Aussagen der ehemaligen Assistentin, die „Mia“ genannt wird, zeichnen ein unschönes Bild von Sean Combs. „Mia“, sagte aus, Combs sei ein launischer und manipulativer Chef gewesen, der sie an einem Tag wie eine beste Freundin behandelt und ihr am nächsten Tag in einem Wutanfall wegen seiner Internetverbindung einen Computer an den Kopf geworfen habe. 2012 habe Combs ihren Arm in einer schweren Tür eingeklemmt. Zur Polizei sei sie damals nie gegangen, weil sie unter seinem Einfluss gestanden und Angst vor ihm gehabt habe. „In meinem Kopf habe ich viele Entschuldigungen für ihn gefunden“, sagte sie den Geschworenen. „Ich glaubte, dass Puffs Autorität über der Polizei stand.“

@helalgossip

Diddys ehemalige Assistentin Mia packt aus: 5 Tage am Stück wach, keine Privatsphäre, ständige Kontrolle und Ausraster von Diddy gegenüber ihr und Cassie. Mias Aussagen gegen ihn und alle Updates im Diddy Prozess erfährst du im Video. #diddy #pdiddy #cassie #puffdaddy #prince #trial #update #exposed #hollywood #rap

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„Mia“ berichtete auch von einer Vergewaltigung und weiteren Übergriffen: 2009 oder 2010 habe sich Combs an ihr vergangen, als sie in einem Etagenbett im Personalblock seines Hauses in Los Angeles geschlafen habe. Die Tür habe sie dort nie abschließen dürfen. Eines Nachts sei sie aufgewacht, als sie „das Gewicht einer Person auf mir spürte“. Combs habe ihr gesagt, sie solle still sein, und „drang in mich ein“, sagte sie aus. „Ich bin einfach erstarrt, ich habe nicht reagiert“, sagte „Mia“. „Es ging sehr schnell, aber es fühlte sich wie eine Ewigkeit an.“

Ein anderes Mal sei „Mia“ in Combs‘ begehbaren Kleiderschrank gewesen, um eine Tasche zu packen, als er sie angeblich überfallen und gezwungen habe, Oralsex mit ihm zu haben. Sie sagte, dass sie die angeblichen Übergriffe „entsetzt, verwirrt, beschämt und verängstigt“ zurückließen, sie sich aber gefangen fühlte und sich nicht getraut habe, darüber zu reden.

Das sagt „Jane“

In der fünften Prozesswoche stand vor allem die von der Staatsanwaltschaft als „Victim-2“ bezeichnete „Jane“ im Mittelpunkt, die insgesamt sechs Tage lang aussagte. Anonyme oder nicht identifizierte Opfer werden in den USA in der Regel als „Jane Doe“ geführt, daher der Name. Die für die Öffentlichkeit anonym bleibende Frau ist eine alleinerziehende Mutter, die von Januar 2021 an eine dreieinhalbjährige Beziehung mit Combs führte. Sie erzählt, die Beziehung habe mit „süßen Kosenamen“ und üppigen Reisen in die Türkei oder nach Kairo begonnen – und es sich bald zu einem Alptraum entwickelt.

Schon ab Mai 2021 sei die Sache eskaliert. Sie habe sich gedrängt gefühlt, in zunehmend ausufernden „Hotelnächten“ zu „performen“. Combs habe sie zum Ecstasy-Konsum gedrängt, es seien nach und nach mehr männliche Callboys dazu gekommen. Einmal fällt im Prozess die Formulierung „Sex-Marathon“, weil es selten bei einer Nacht blieb. „Jane“ habe aussteigen wollen, habe ihm gesagt, sie sei „kein Pornostar“, aber Combs hätte sie weiterhin gedrängt. „Jane“ deutete auch an, dass hin und wieder „bekannte Rapper“ an den Orgien teilnahmen, was die Gerüchteküche um den Prozess natürlich auf Hochtouren laufen ließ. Vor allem, weil das Gericht beschloss, keine Namen zu nennen – was Combs Anwaltsteam dann parierte, in dem man beim Kreuzverhör Details verriet, die eine Identifizierung durch die Öffentlichkeit leichter machten.

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Sean Combs Anwältin Teny Geragos versuchte „Jane“ im Kreuzverhör als eifersüchtige Ex-Freundin zu framen, die frustriert gewesen sei, weil Combs weiterhin andere Freundinnen hatte, denen Designer-Taschen schenkte und sie zu noch üppigeren Reisen eingeladen habe. Als die Anwältin „Jane“ einmal fragte, ob sie wisse, wie teuer eine bestimmte Bottega Veneta-Tasche gewesen sei, die Combs ihr geschenkt hätte, feuerte „Jane“ zurück: „Wie viel ist mein Körper wert?“

Brisant ist auch die Aussage von „Jane“, das Combs nur wenige Tage nachdem das Video von seinem Angriff auf Cassie Ventura in einem Hotelflur veröffentlicht wurde und er sich reumütig entschuldigte hatte, wieder gewalttätig wurde und „Jane“ auf ähnliche Weise attackiert habe. Das Video wurde am 17. Mai 2024 geleakt. Am 18. Juni 2024 habe Combs sie dann bei einem Dinner attackiert, nachdem sie ihm vorgeworfen habe, mit einer anderen Frau im Urlaub gewesen zu sein.

Der „Rolling Stone“ gibt die Aussage so wieder: „Nachdem Jane den Kopf von Combs in eine Marmorarbeitsplatte gestoßen und ihn mit Glasgegenständen beworfen hatte, jagte Combs sie durch das Haus und trat vier verschlossene Türen ein. Er soll ihr wiederholt auf den Kopf geschlagen, sie getreten haben, als sie sich zu einem Ball zusammenrollte, und Jane an den Haaren ins Haus gezerrt haben, bevor er sie am Hals in den Würgegriff nahm. Dann soll er Jane gezwungen haben, in der Nacht an einem «Freak-off» teilzunehmen.“

@helalgossip

Diddys Ex-Freundin Jane war dabei, als er von der Veröffentlichung des Hotelvideos mit Cassie erfuhr. Jane erlebte hautnah, wie Diddys Entschuldigungsvideo mit seiner Familie und seinem Team geplant wurde. Laut Jane war die erste Version viel ehrlicher, aber Diddys Anwalt griff ein. Was Jane vor Gericht gegen Diddy aussagte und alle Updates im Diddy Prozess siehst du im Video. #diddy #pdiddy #diddytrial #cassie #jane #puffdaddy #trial #prozess #update #exposed #hollywood #rap

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Was ist mit all den vermeintlichen „Stars“ und „großen“ Namen, von denen man dachte, sie werden im Prozess genannt werden?

Wie schon erwähnt, lief die Gerüchteküche in der Zeit zwischen Diddys Verhaftung und dem Prozessbeginn heiß. Dabei wurde der jetzt laufende Prozess auch oft mit weiteren, drohenden Prozessen zusammengeschmissen, die nichts mit diesem hier zu tun haben. Der Anwalt Tony Buzbee vertritt angeblich über 100 potenzielle Opfer und ist gut darin, pikante Details oder Vorwürfe an die Öffentlichkeit zu bringen. Diese Klagen sind allerdings gerade noch längst nicht vor Gericht. Oft vielen auch die Namen prominenter Ex-Buddies von Diddy, wie zum Beispiel Jay-Z und Beyoncé, die eine Weile sehr viel Zeit mit Diddy verbrachten.

@helalgossip

Antwort auf @🦆Entenliebhaber🦆 Alle dachten, beim Diddy Prozess werden große Stars exposed, die bei den Freak Offs mitgemacht haben. Aber bisher wurde kein einziger Name genannt. Stattdessen fanden die FOs in dunklen Hotelzimmern statt mit nur 3 Beteiligten: Diddy, seine Frauen und ein Arbeiter. War das alles am Ende nur Fan Fiction? #diddy #pdiddy #cassie #beyonce #jayz #usher #justinbieber #diddytrial #prozess #update #exposed #hollywood

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In diesem Prozess fielen nur ein paar Namen, aber die, die eine kurze Rolle spielten – freiwillig oder unfreiwillig – sorgten ebenfalls für Schnappatmung im Netz. Viel zitiert wurde King Cudis Erzählung von einem Streit, in dessen Zuge Diddy angeblich sein Auto in Brand gesteckt hätte. Der Rapper hatte eine Weile eine Beziehung mit Cassie Ventura – angeblich in dem Glauben, sie sei gerade Single. Als Diddy davon erfahren habe, sei er in Cudis Haus eingebrochen. Bei einer anschließenden Aussprache, so Cudi, habe Diddy auf ihn gewartet „wie ein Marvel-Bösewicht“. Später sagte eine Assistentin aus, sie habe gehört, dass Diddy gesagt habe, er wolle Kid Cudi umbringen.

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Keinen direkten Einfluss auf den Prozess wiederum hatte der weirde Besuch von Kanye West am Freitag der fünften Prozesswoche. Er inszenierte eine Art „Solidaritätsbesuch“ für Diddy. Da West aber kein Publikums-Ticket und keine Akkreditierung hatte, durfte er den Gerichtssaal nicht betreten. Combs jüngster Sohn begrüßte West herzlich und führte ihn dann in einen kleinen Raum, in dem man den Prozess im Stream verfolgen konnte. Als West vor Ort war lief gerade die Aussage eines ehemaligen Combs-Assistenten, der für die Organisation der Hotelnächte, die er „King Nights“ nannte, zuständig war. Als sich Combs Besuch herumsprach und sich Schaulustige um den Raum und das Gerichtsgebäude sammelte, signalisierte West nach knapp einer Stunde, dass er aufbrechen wolle. Auf die Frage eines Journalisten, ob er zur Unterstützung von Sean Combs gekommen sei, sagte er nur knapp: „Ja.“

Auch Britney Spears Name machte in der fünften Prozesswoche die Runde, allerdings nicht im Gerichtssaal, sondern in diversen Internetforen und bei TikTok, wo sich all die Internet-Detektiv:innen austauschen. Die entdeckten nämlich eine vielsagende personelle Verbindung zum Schicksal von Britney Spears, die jahrelang vor Gericht kämpfte, um die von ihrem Vater initiierte Entmündigung rückgängig zu machen. Sean Combs Buchhalter Robin Greenhill wurde von „Jane“ als derjenige genannt, der für den einen „love contract“ zuständig gewesen sei. Der wurde nach einem Streit aufgesetzt, nachdem „Jane“ keine Lust mehr auf die zehrenden „Hotelnächte“ hätte. Combs versprach ihr darauf, ihr monatlich 10.000 Dollar zu zahlen, die „Jane“ zum Beispiel für ihre Miete brauchte. Belegt wird das mit einer Mail von Greenhill an „Janes“ Vermieter, in dem Greenhill eine getätigte Überweisung bestätigt.

Robin Greenhill arbeite in der Zeit von Britney Spears Vormundschaft auch für Spears Vater und für die Firma Tri-Star. Seine Aufgabe sei es laut Spears damaliger Aussage gewesen, sie zu „überwachen“ und zu „kontrollieren“. Oft habe er ihr verboten, auch geringe Ausgaben – zum Beispiel für ein Sushi zum Abendessen – zu tätigen, obwohl Spears ihrem Vater und Tri-Star Millionen einbrachte.

Was hat die Verteidigung nun vor?

Nun ist man gespannt, welche Zeug:innen die Verteidigung in den nächsten Prozesstagen vorladen wird. Ebenfalls ist längst nicht klar, ob Sean Combs aussagen wird. Unrealistisch wäre es nicht – er hatte es bei früheren, allerdings weitaus weniger schweren Prozessen ebenfalls getan.

Die Taktik der Verteidigung folgte bisher dem, was Diddy-Verteidigerin Teny Geragos in ihrem Eröffnungs-Plädoyer zu Beginn des Prozesses gesagt hatte. Da sagte sie gleich zu Beginn: „Combs ist ein komplizierter Mann, aber dies ist kein komplizierter Fall.“ Sie versuchte in den letzten Wochen vor allem, Sean Combs als Opfer zu framen – eine Taktik, die sich durch alle Kreuzverhöre zog. Alle Beziehungen und sexuellen Kontakte seien einvernehmlich gewesen und deshalb Privatsache. „Die Regierung hat in seinen privaten Schlafzimmern nichts zu suchen. Sie sagen, es gehe nicht um sein Privatleben, aber die Beweise werden zeigen, dass es genau darum geht.“

Die häusliche Gewalt, die vor allem Cassie Ventura erdulden musste, streitet Combs-Anwaltsteam nicht ab. Geragos sagte dazu, Combs „sei nicht stolz darauf, aber stehe dazu.“ Man werde sich von diesen Vorwürfen also nicht distanzieren, aber „wir werden uns nicht für Dinge verantwortlich machen, die er nicht getan hat.“ Combs sei „körperlich und drogenabhängig“, und er habe eine Vorliebe für Babyöl, aber das sei ja nicht strafbar. Cassie Ventura und Jane seien „fähige, starke Frauen“, die jederzeit hätten gehen können. Dass die beiden etwas anderes behaupten, habe nur eine Motivation. Anwältin Geragos beendet ihr Plädoyer mit diesen Worten: „Sie werden Ihnen erzählen, dass sie Opfer waren, aber fragen Sie sich selbst, was ihr Motiv war. Die Antwort ist einfach: Geld.“

Das alte Lied der Täter-Opfer-Umkehr

Da haben wir es wieder. Der ewige Vorwurf, Frauen ließen sich völlig freiwillig für Geld schlagen, manipulieren, prostituieren, missbrauchen. Man darf gespannt sein, wie die Verteidiger nach all dem in den letzten Wochen über Sean Combs Gehörte diese These der Jury nahebringen wollen – und welche Zeug:innen sie dafür aufrufen.

Was man aber schon jetzt sagen kann: #MeToo ist wichtiger denn je. Ohne diese Bewegung wäre der Prozess vermutlich niemals in Gang gekommen, und auch wenn es frustrierend ist, wie viele übergriffige Männer weiterhin trotz aller Jaulerei relativ unbehelligt ihrer Karriere nachgehen können, brauchen wir Prozesse wie diese und mutige Frauen wie Cassie Ventura. Denn auch das wird aus den Erzählungen im Prozess deutlich: Sean „Diddy“ Combs fühlte sich im Ausleben seiner Fantasien und in seinem Netz aus Manipulation und vermeintlichen Missbrauch ziemlich sicher – und DAS sagt viel über das System Musikbranche aus, in dem er jahrelang einer der größten Player war und regelrecht hofiert wurde.

Es braucht noch mehr Prozesse wie diese, noch mehr fallende, übergriffige Arschlöcher, die dieses vermeintlich ach so goldene Zeitalter der Musikgeschichte ins rechte Licht rücken und Fehlverhalten entweder in die Gerichtssäle, oder zumindest in die Öffentlichkeit zerren.  

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